Waffenruhe-Abkommen: Wie könnte es jetzt in Nahost weitergehen?

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Nach Waffenruhe-Abkommen:Wie es jetzt in Nahost weitergehen könnte

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Trotz der Waffenruhe gibt es noch viele Streitpunkte im Gaza-Krieg. Wie könnte es im Nahen Osten jetzt weitergehen? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Wadephul: "Ich bin optimistisch"

Es gebe einen "gemeinsamen Willen in der gesamten Region, dass dieser Frieden, dass dieser Waffenstillstand jetzt bewahrt wird", sagt Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU).

14.10.2025 | 7:55 min

Der Tag wurde gefeiert als Beginn einer neuen Ära im Nahen Osten, als Tag des vielleicht größten Friedens seit Ende des Zweiten Weltkriegs - oder, nach Worten von US-Präsident Donald Trump, vielleicht sogar seit "3.000 Jahren".

Doch auch mit den Superlativen, die Trump während seines Kurzbesuchs in Israel und Ägypten nannte, werden die Streitpunkte im Gaza-Konflikt nicht einfach verschwinden. Am Tag nach dem Jubel über die Heimkehr der noch lebenden Geiseln und nach den Feierlichkeiten in Ägypten zum verkündeten Kriegsende kehrt Ernüchterung ein. Wichtige Fragen und Antworten:

Was hat Trump erreicht?

Zwar ist es dem Dealmaker Trump durch persönlichen Druck gelungen, Israel und die Terrororganisation Hamas zumindest in die nun laufende erste Phase seines Friedensplans zu treiben.

Das heißt: Es gilt eine Waffenruhe, die letzten Geiseln sind frei und auch die Toten sollen übergeben werden, Israel und dessen Truppen haben sich in Gaza etwas zurückgezogen. In Ägypten versammelte Trump rund 30 Staats- und Regierungschefs, um zu zeigen, dass die Welt hinter seinem Plan steht.

Ägypten, Scharm El Scheich: Abdell-Fattah al-Sisi (Mitte l), Präsident von Ägypten, und US-Präsident Donald Trump (Mitte r), halten eine Erklärung zum Gaza-Krieg beim Gaza-Gipfel. Bei dem Treffen von Staats-und Regierungschefs soll die Unterstützung für den Gazastreifen nach dem Waffenstillstand zwischen Israel und der Hamas beraten werden.

In Ägypten unterzeichnen die USA und weitere Vermittler-Staaten ein Gaza- Abkommen. Nach der Freilassung von Geiseln und Häftlingen wächst Hoffnung auf Frieden im Nahen Osten.

14.10.2025 | 2:58 min

Wie geht es jetzt weiter im Gaza-Krieg?

Laut Trumps 20-Punkte-Plan müsste in einer nächsten, zweiten Phase eine Technokraten-Regierung für den Wiederaufbau des Gazastreifens gebildet werden. Die Hamas würde daran dem Plan zufolge nicht beteiligt, sondern entwaffnet. Eine internationale Friedenstruppe (ISF) würde in Gaza für Sicherheit sorgen.

Über all das wird aber lange verhandelt werden müssen. Die Hamas demonstriert weiterhin ihre Macht, will diese in Gaza wieder festigen und lehnt auch eine Abgabe ihrer Waffen bisher ab. Die US-Regierung hat der islamistischen Terrororganisation nach Trumps Worten sogar die Genehmigung erteilt, sich für eine begrenzte Zeit neu zu bewaffnen, um im Gazastreifen für Sicherheit zu sorgen.

Wie in vorigen Verhandlungsrunden der vergangenen zwei Kriegsjahre ist denkbar, dass die Gespräche in eine Sackgasse steuern. Es wird starken Willen der Beteiligten brauchen und auch anhaltenden Druck Trumps, den weiteren Weg aus dem Krieg zu führen, den Trump bereits für beendet erklärt hat.

Ankara: "Israel zurückdrängen"

"Ankara wird diesen Friedensprozess nutzen, um seine eigene Rolle in der Region auszubauen und sich geopolitisch besser zu positionieren", berichtet ZDF-Korrespondentin Phoebe Gaa.

14.10.2025 | 3:07 min

Vertrauen Israel und Hamas in Waffenstillstand?

Die Hamas spricht Israel weiterhin das Existenzrecht ab. Auf der anderen Seite wollen der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und seine rechtsextremen Regierungspartner die Hamas restlos zerschlagen.

Israels Verteidigungsminister Israel Katz warf der Hamas schon gestern vor, die Waffenruhe-Vereinbarung gebrochen zu haben. Am Montag wurden nur vier der insgesamt 28 toten Geiseln übergeben, obwohl die Frist für die Übergabe aller Leichen am Mittag auslief. Katz drohte, jede Verzögerung werde als grober Verstoß der Vereinbarung gewertet und "entsprechend beantwortet".

Vor der von der Hamas weiter ausgehenden Gefahr warnt auch der französische Präsident Emmanuel Macron. Es werde in den kommenden Wochen und Monaten Terroranschläge und Destabilisierungen geben, sagte er.

Eine Terrorgruppe mit Tausenden Kämpfern, Tunneln und solcher Bewaffnung zerschlägt man nicht über Nacht.

Emmanuel Macron, Frankreichs Präsident

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Von "ewigem Frieden" im Nahen Osten spricht Donald Trump. Doch das sei eine Illusion, sagt der israelische Historiker Moshe Zimmermann. Die Sache sei viel zu kompliziert.

14.10.2025 | 5:53 min

Welche Rolle spielt die in Ägypten unterzeichnete Erklärung?

Nach Trumps Worten legt das "sehr umfassende" Dokument "eine ganze Reihe von Regeln und Bestimmungen" im Gaza-Konflikt fest. Es soll nach Worten von Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi die geltende Waffenruhe festigen.

In dem Dokument heißt es: "Gemeinsam werden wir diese Vereinbarung so umsetzen, dass Frieden, Sicherheit, Stabilität und Chancen für alle Völker der Region, einschließlich der Palästinenser und Israelis, gewährleistet sind." Mit welchen konkreten Maßnahmen dies gelingen soll, wird nicht erläutert. Israel und die Hamas waren beim Gipfel in Ägypten nicht vertreten.

Die Erklärung und die bombastische Verkündung passen aber zum Stil Trumps. Schon bei der Einigung zwischen der Hamas und Israel besiegelte er die Einigung gewissermaßen von hinten - mit Hilfe der weiteren Vermittler Katar, Ägypten und der Türkei forderte er erst Zusagen ein, um dann später über Details verhandeln zu lassen.

Trump in Israel: "Er glaubt an neue goldene Ära im Nahen Osten"

Politologe und Publizist Asiem El Difraoui und Geograph und Konfliktforscher Prof. Dr. Andreas Dittmann ordnen die Geschehnisse im Nahen Osten ein. 

13.10.2025 | 10:57 min

Was wird aus Israels Konflikt mit dem Erzfeind Iran?

Iran und die von ihm unterstützten Milizen in der Region sind stark geschwächt. Der heiße Konflikt zwischen Israel und seinem Erzfeind ist zumindest vorerst beendet. In seinen Grundzügen läuft er aber unverändert weiter. Ein erneuter Krieg der beiden Staaten wie im vergangenen Juni ist denkbar und einigen Experten zufolge vielleicht nur eine Frage der Zeit.

Trump, der sich immer wieder als Friedensbringer inszeniert, hat immer noch eine große Vereinbarung mit Iran im Blick, die das "Ende eines Zeitalters von Terror und Tod" einläuten könnte. An Teheran sei die "Hand von Freundschaft und Kooperation" ausgestreckt, sagte Trump bei seiner Rede im israelischen Parlament. Der laufende Streit um Irans Atomprogramm und die Angriffe der USA und Israels auf Irans Atomanlagen im Juni zeigen, dass die Länder von solch einer Vereinbarung weit entfernt sind.

"Die Redenschreiber haben ihm eine große, historische, konzentrierte Rede aufgeschrieben - und dann kam Donald Trump", sagt ZDF-Korrespondent Elmar Theveßen. Trump habe die Rede mit Anekdoten und Spott über Netanjahu angereichert, auch mit Seitenhieben auf den politischen Gegner. "Das wirkt aber dann eben auch authentisch, weil das ist Donald Trump, damit ist er glaubwürdig", sagt Theveßen.

Das Risiko dabei sei, dass Trumps Botschaft verwässere - die Vision von einem "neuen Nahen Osten, von einer großen Friedensordnung, von einer Region, die vernetzt ist miteinander, die nicht mehr in Feindschaft lebt, sondern zueinander findet", sagt Theveßen. "Und er will alle Beteiligten in die Pflicht nehmen." Trump habe sowohl Israel als auch die arabischen Staaten in die Pflicht genommen, Kompromisse einzugehen und aufeinander zuzugehen.

ZDF-Reporter Luc Walpot hebt auch die ausgestreckte Hand an den Iran hervor. Trump habe sich zwar nicht an das Regime gewandt, aber dem iranischen Volk klar gesagt, man könne sich auch mit ihnen eine Zukunft vorstellen. "Das war eine große Vision", ordnet Walpot ein, "aber der Teufel steckt natürlich im Detail - und die Details werden uns in den kommenden Monaten und wahrscheinlich Jahren noch beschäftigen."

Elmar Theveßen ist ZDF-Korrespondent und hat die Trump-Rede in Jerusalem verfolgt. Luc Walpot ist ZDF-Reporter und berichtet seit vielen Jahren aus Nahost.


Beobachter der Konflikte in Nahost sehen auch Anzeichen dafür, dass die Hisbollah im Libanon wie auch Iran - die beiden wichtigsten Verbündeten der Hamas - für eine Fortsetzung des Kriegs durch die Hamas sind. Im Libanon wie auch in Syrien ist der Konflikt mit Israel zwar unterbrochen, auch dort in vielen Fragen aber ungelöst und nicht beendet.

Nahost: "Bekenntnis zur Zweistaatenlösung fehlt"

Es sei ein seltenes Zugeständnis der Trump-Administration, dass "Palästinenser und Israelis gleiche Rechte haben sollen", berichtet ZDF-Korrespondentin Golineh Atai aus Scharm el Scheich/Ägypten.

14.10.2025 | 2:34 min

Welche Rolle kann Deutschland in dem weiteren Prozess spielen?

Bundeskanzler Friedrich Merz hob in Ägypten darauf ab, dass es nun zunächst einmal um humanitäre Nothilfe im Gazastreifen gehe. Auch am Wiederaufbau will sich Deutschland beteiligen - in welchem Umfang, ist aber noch völlig unklar.

Ägypten will zusammen mit Deutschland eine Wiederaufbaukonferenz ausrichten, die im November in Kairo stattfinden soll. Weil Deutschland inzwischen größter Zahler für die von Russland angegriffene Ukraine ist, stellt sich innenpolitisch die Frage, wie viel Hilfe für Gaza noch verkraftbar ist.

Rückkehrer nach Israel und Gaza

Große Freude in Israel: nach zwei Jahren Verschleppung kamen die letzten überlebenden Geiseln frei. Währenddessen kehrten tausende Palästinenser in ihre zerstörte Heimat in Gaza zurück.

14.10.2025 | 2:19 min

Beteiligen sich deutsche Soldaten an einer UN-Friedenstruppe?

Merz hat sich bisher darauf zurückgezogen, dass sich die Frage derzeit für Deutschland nicht stelle. Das kann sich aber schnell ändern. Wichtig ist, ob es ein Mandat der Vereinten Nationen für eine solche Truppe geben wird. Ob die USA und Israel solch ein Mandat anstreben, ist unklar.

Quelle: dpa

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