Merz reist in Nahen Osten:Baut Deutschland Gaza wieder mit auf?
Einen dreistelligen Millionenbetrag könnte Deutschland für den Wiederaufbau Gazas bereitstellen, sagt die Entwicklungsministerin. Kanzler Merz zeigt sich zurückhaltender.
Sieben der noch lebenden 20 Geiseln wurden von der Hamas an das Rote Kreuz übergeben. Die Restlichen sollen folgen. Angehörige mussten zwei Jahre auf diesen Moment warten.
13.10.2025 | 0:27 minFriedrich Merz bekommt die Nachricht im Flugzeug nach Ägypten: Vier Deutsche sind frei. Nach 738 Tagen als Geiseln der Hamas wurden sie am Vormittag Israel übergeben - lebend.
Die anderen drei Deutschen unter den letzten 20 Geiseln hingegen sind tot, der Verbleib ihrer Körper noch ungewiss.
Der Regierungsflieger ist da bereits im ägyptischen Luftraum, auf den Bord-Monitoren ist Alexandria zu sehen, draußen nur Wolken und Wüste. Das passt zum hoffnungsvollen und doch unklaren Bild, das der Kanzler und sein mitreisender Stab haben.
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) ist in Ägypten angekommen.
Quelle: ZDF / Wulf SchmieseMerz in Ägypten gelandet
Deutschlands Rolle an diesem historischen Tag ist nicht ganz klar. Merz fliegt die fast 4.000 Kilometer in den ägyptischen Badeort Sharm El-Sheik, um dabei zu sein: "Unterzeichnung des Abkommens zur Beendigung des Krieges in Gaza", so steht es in seinem Programm.
Beide Gastgeber wollten, dass er kommt: die Präsidenten Ägyptens und der USA. Für Deutschland kann das als eine Auszeichnung gelten. Der Bundesregierung wird offenbar zugetraut, im Nahen Osten zu vermitteln. Die Bundesrepublik hat einerseits Zugang zu Israel und wird andererseits von allen arabischen Staaten der Region als Gesprächspartner gesucht.
"Gefühle der Trauer, Freude, Wut und Hoffnung" nach Freilassung der Geiseln, die Frage sei nun, ob die Hürden überbrückbar sein werden, so Shimon Stein, ehemaliger Botschafter Israels in Deutschland.
13.10.2025 | 6:46 minMinisterin: Dreistelliger Millionenbetrag
So hat Ägyptens Präsident al Sisi gerade noch Merz angerufen in Berlin mit dem Vorschlag, dass beide Länder eine Wiederaufbau-Konferenz Gazas ausrichten sollten. Darauf reagiert man innerhalb der Regierung unterschiedlich begeistert.
Entwicklungsministerin Reem Alabali Radovan (SPD) verspricht einen dreistelligen Millionenbetrag zur Unterstützung des Wiederaufbaus, was zugleich wie eine Zusage zu al Sisis Vorschlag klingt. Der Kanzler selbst aber gibt sich noch zurückhaltend.
Weder Ort noch Zeitpunkt für eine solche Konferenz sind ausgemacht. Natürlich ahnt man in Berlin, dass hier ein reiches Geberland gesehen wird. Und sagt dazu sofort, dass man finanziell genug in der Ukraine zu schultern hat.
"Die Geiseln seien ok, die ersten Bilder zeigen Geiseln, die lächeln, das stimmt viele hoffnungsfroh", berichtet ZDF-Korrespondent Thomas Reichart aus Tel Aviv zur Freilassung der Geiseln.
13.10.2025 | 5:58 minMerz als Notar im Gaza-Konflikt?
Dennoch schmeichelt es der Bundesregierung, als europäischer Partner auserkoren worden zu sein. Denn das unterstreicht ihre selbst empfundene Einzigartigkeit, eine Art Notar zu sein. Mit Zugang zu Israel und zur arabischen Seite.
Im Kanzleramt sieht man das als hausgemachten diplomatischen Erfolg: Die Regierung Merz gebe keine ungewollten Ratschläge, wie das die Ampel-Regierung getan habe.
Ihre unverbrüchliche Haltung zu Israel werde akzeptiert. Zugleich habe die Entscheidung vom 8. August, Israel wegen dessen Wirkens in Gaza keine dort einsetzbaren Rüstungsgüter mehr zu liefern, den Respekt für Deutschland erhöht. Selbst in Israel, wie es heißt.
Mit der Ankündigung keine Waffen an Israel zu liefern, die in Gaza zum Einsatz kommen können, verschärft die Bundesregierung ihre zuvor geäußerte Kritik an Israels Kriegsführung.
08.08.2025 | 2:45 minIsrael erwartet Ende des Exportstopps
So war das jüngste Gespräch zwischen Merz und Israels Ministierpräsident Benjamin Netanjahu wohl ausgesprochen freundschaftlich. Vergangene Woche haben sie telefoniert. Netanjahu habe Deutschlands Rüstungsembargo zumindest hingenommen als jenen zusätzlichen Einfluss, den dadurch Deutschland auf die arabische Seite gewonnen habe.
Zugleich erwartet Israel aber nun, dass der Exportstopp aufgehoben wird. Die Bundesregierung könnte tatsächlich so handeln, sollte aus dem Waffenstillstand mehr werden.
Das jedoch ist aus deutscher Sicht noch völlig offen. Zwar sei das heute ein großartiger Tag, heißt es. Die Waffen schweigen und die letzten Geiseln sind übergeben. Damit aber ist nur der erste Teil von den 20 Punkten erfüllt, die US-Präsident Donald Trump vorgesehen hat. Teil zwei wird von Berlin deutlich schwieriger gesehen: Das Ende der Hamas.
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