Fangewalt im Fußball: Verabredete Drittort-Schlägereien im Trend

Sind Stadien die "sicheren Orte"?:Fangewalt im Fußball: Drittort-Schlägereien im Trend

von Christoph Ruf

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Am vergangenen Wochenende lieferten sich rivalisierende Fans am Kölner Bahnhof eine Schlägerei. Sind solche Ereignisse nur die Spitze des Eisbergs?

Archiv: Rund 400 Polizisten der Bundespolizei und Hamburger Polizei kontrollierten am Samstagabend einen Zug mit 650 HSV-Fans am Bahnhof Bergedorf

Gewalt außerhalb von Stadien nimmt laut Statistiken zu: Sicherheitskräfte im Einsatz (Archivbild)

Quelle: imago

Nimmt die Gewalt in den Fußballstadien zu? Die Zahlen belegen das Gegenteil. Sorgen bereiten Insidern allerdings die zunehmenden "Drittort-Auseinandersetzungen".

Am vergangenen Wochenende stürmten am Kölner Hauptbahnhof mehrere hundert Fans von Borussia Dortmund und Schalke 04 aufeinander zu, aber die sofort anwesende Polizei verhinderte, dass mehr als zwanzig Krawallmacher aneinander gerieten.

Die BVB-Anhänger waren auf dem Rückweg aus Augsburg, die Schalker auf dem Weg nach Karlsruhe, als ihre Züge in die Domstadt einfuhren.

Blick von der Seite auf eine Tribüne: Ultras vom FC St.Pauli zünden Pyrotechnik während des Spiels gegen den FC Hansa Rostock.

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Polizeipräsidenten verfassen Erklärung

Zwei Wochen zuvor war es beim Zweitliga-Südwest-Derby zwischen dem Karlsruher SC und dem 1. FC Kaiserslautern zu Auseinandersetzungen gekommen, nachdem Fans der Badener in Richtung Gästekurve gestürmt waren. Mehrere Ordner wurden verletzt.

Nach den Kämpfen am Kölner Bahnhof verfassten die beiden Polizeipräsidenten aus Dortmund und Gelsenkirchen eine gemeinsame Erklärung:

Immer häufiger verabreden sich vermeintliche 'Fans' aktiv, um sich gegenseitig brutal zu attackieren. 

Polizeipräsidenten von Dortmund und Gelsenkirchen

"Die Spirale der Gewalt in und um die Stadien der ersten und zweiten Bundesliga" drehe sich "seit einigen Monaten immer schneller".

Zahlen belegen: Gewalt in Stadien nimmt sogar ab

Allerdings steht das Bild von der sich drehenden Gewaltspirale im Widerspruch zu den Zahlen, die die Polizei selbst geliefert hat. Diese speisen den Jahresbericht der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze.

Für die Saison 2024/25 wurde der nun gerade veröffentlicht. Und aus ihm geht hervor, dass es in den drei höchsten Spielklassen zwar mehr Pyrotechnik, aber deutlich weniger Verletzte als in der Vorsaison gab.

Oktoberfest-Besuch gefährlicher als ein Ligaspiel

Und das, obwohl vier Prozent mehr Fans in die Stadien kamen. 1.107 Menschen wurden demnach verletzt (minus 17 Prozent.) "Die Stadien sind sichere Orte", kommentiert der Dachverband der Fanhilfen.

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"Volksfeste wie das Oktoberfest", so die Fanhilfen weiter, wiesen also deutlich höhere Verletztenzahlen auf als der Liga-Alltag. Rechne man die ZIS-Zahlen um, liege "das Risiko, beim Besuch eines Fußballspieles verletzt zu werden, bei 0,00438 Prozent".

Das mag sein. Doch selbst wenn die Stadien weitgehend sicher sind, sagt das noch nichts über die sogenannten "Drittort-Auseinandersetzungen" aus, bei denen sich verfeindete Fangruppen fernab der Stadien treffen, um sich zu verprügeln.

Referenzmedium dieser gewaltaffinen Klientel ist der Telegram-Kanal von "Gruppa OF" mit 10.000 Videos und Posts, auf denen verabredete Schlägereien zu sehen sind. Videos von den Kämpfen sind oft schon eine Stunde danach online.

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"Professionalisierung der Gewalt" unter Schlägern

Dass die Gewaltfaszination in einigen Kurven gestiegen ist, glaubt auch Philipp Beitzel von der Koordinierungsstelle der Fanprojekte in Frankfurt, der von einer "Professionalisierung der Gewalt" spricht.

Die Auseinandersetzungen fänden nicht mehr in den Stadien statt, sondern bei verabredeten Schlägereien, für die unter der Woche im Gym trainiert werde - was im Übrigen nicht nur im Fußball-Kontext Mode sei.

"Matches" werden heimlich verabredet

Man darf davon ausgehen, dass die Öffentlichkeit in den meisten Fällen genau so wenig von diesen "Matches" mitbekommt wie die Medien oder die Polizei. Doch was sie mitbekommt, ist erschreckend genug.

Im vergangenen Jahr wurde ein Sonderzug mit Essener Fans durch Ziehen der Notbremse zum Halten gebracht. Bei der Auseinandersetzung mit draußen wartenden Rostocker Fans flogen Steine, der Sachschaden betrug knapp 120.000 Euro.

Auch diese Auseinandersetzung war verabredet, auch bei ihr kamen keine Unbeteiligten zu Schaden. Ein Grund zur Entwarnung ist das allerdings nicht.

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