Nach scharfen Einlasskontrollen:Keine Entspannung zwischen Ultras und Politik
von Ralf Lorenzen
Die Innenminister der Länder hatten bei ihrem letzten Treffen den Dialog mit den Fans angekündigt. Den vermissen diese nun in den Beschlüssen und befürchten weitere Verschärfungen.
Eine Fanbotschaft an den ehemaligen Bremer Innensenator Mäurer beim Spiel gegen Stuttgart.
Quelle: ImagoWerder Bremen lag im Heimspiel gegen den VfB Stuttgart 0:2 zurück, doch als zu Beginn der zweiten Halbzeit in der Ostkurve hinter VfB-Keeper Alexander Nübel wie an der Schnur gezogen sieben rote Lichter angingen, sollten die nicht etwa den Weg ins VfB-Tor weisen. Ein Transparent und ein Foto zeigten, dass die Werder-Ultras einen speziellen Abschiedsgruß vorbereitet hatten.
Höhnischer Gruß für den scheidenden Innensenator
"Die letzte Rechnung geht auf dich", war da neben dem Konterfei des ehemaligen Bremer Innensenators Ulrich Mäurer zu lesen. Mäurer, der vergangene Woche in den Ruhestand ging, war für die Ultras zum Symbol eines in ihren Augen repressiven Sicherheitskurses geworden. Die Rechnung für das Abbrennen der Pyros werden allerdings weder Mäurer noch seine Nachfolgerin im Innenressort zahlen müssen, sondern wie immer der Klub.
Bei der Innenministerkonferenz in Bremen standen Themen wie Stadionsicherheit, Drohnenabwehr und ein mögliches Böllerverbot für Privatpersonen besonders im Fokus.
05.12.2025 | 1:40 minDabei schien Mäurer bei seinem letzten großen Auftritt auf der politischen Bühne die Wogen geglättet zu haben. Als Leiter der Innenministerkonferenz (IMK) empfing er seine Kollegen Anfang Dezember in Bremen, um über ein Bündel an Maßnahmen zu beraten, die nach Ansicht der Politiker die Sicherheit in den Stadien erhöhen sollten, nach Meinung der Fans aber das Ende der Fankultur bedeuten würden.
Klare Regeln, Transparenz und Dialog angekündigt
Dazu gehörten unter anderem personalisierte Eintrittskarten, Stadionverbote für noch nicht verurteilte Personen, sowie der Einsatz von Gesichtsscannern an den Eingängen. Ein Paket, gegen das die organisierte Fanszene im Vorfeld mit Stimmungsboykotten und Demonstrationen protestierte, das aber auch auf Ablehnung von Klubvertretern traf.
Wir haben uns auf einen klaren Kurs verständigt: Dialog statt Konfrontation.
Ulrich Mäurer, ehemaliger Bremer Innensenator, nach der IMK
Personalisierte Tickets und Gesichtserkennung waren schon vorher vom Tisch. Und beim Thema Stadionverbote schaffe man laut Mäurer "einheitliche Standards durch eine zentrale, unabhängige, bundesweite Kommission. Klare Regeln, transparente Verfahren - das bringt mehr Rechtssicherheit für alle".
Fanvertreter vermissen Einsicht
Aussagen, die allgemein als Zeichen der Befriedung der Fronten gedeutet wurden. Laut dem Dachverband der Fanhilfen setzt die IMK allerdings den "Irrweg gegen Fans und Vereine fort". Der finale Beschlusstext zeige eindeutig, "dass nach wie vor keine Einsicht vorhanden ist". Der Verband verweist dabei auf Daten der Polizei, die in der vergangenen Saison einen Rückgang der Verletztenzahlen in den Stadien der Profiligen zeigten.
Die kritischen Punkte seien nicht vom Tisch, stattdessen neue Beschlüsse auf der kommenden IMK angekündigt. Wichtige Papiere würden weiter unter Verschluss gehalten und der angekündigte Dialog mit Fanvertretern fände sich mit keinem Wort wieder.
Werder Bremen hat das letzte Bundesliga-Heimspiel des Jahres gründlich in den Sand gesetzt. Gegen den VfB Stuttgart kassierte Werder eine heftige 0:4-Niederlage.
15.12.2025 | 8:45 minAppell an Vereine
Der Beschluss sagt zu einem möglichen Dialog mit den Fans in der Tat nichts aus. Hervorgehoben wird dagegen die weitere Zusammenarbeit der Bund-Länder-offenen Arbeitsgruppe (BLOAG) "Gewalt im Fußball" mit dem DFB und der DFL zum Thema Stadionverbote. Der den Beratungen zugrunde liegende nicht abschließende Sachstandsbericht der BLOAG ist für die Öffentlichkeit nicht freigegeben.
DFB und DFL machen sich damit weiterhin zu Handlangern von realitätsfern agierenden Innenministern und arbeiten aktiv daran mit, die Fankultur in den Stadien auszulöschen.
Linda Röttig, Vorstandsmitglied im Dachverband Fanhilfen
Weiter fordert Röttig die Vereine auf, ihren Verbänden "entschlossen die Grenzen aufzuzeigen".
Leverkusen: Streit um "Nacktkontrollen"
Wie sensibel die Fanszene auf aus ihrer Sicht überzogene Maßnahmen der Sicherheitskräfte reagiert, zeigten die Vorgänge beim Spiel des 1. FC Köln bei Bayer Leverkusen am vergangenen Spieltag.
Aus Protest gegen intensive Polizeikontrollen reisten rund 500 Anhänger bereits vor der Partie am Samstagabend ab. Die Leverkusener Fanszene solidarisierte sich mit den Kölnern. Die Fans sprachen anschließend von "Nacktkontrollen" und "Schikane". Die auch für Leverkusener Heimspiele zuständige Polizei Köln erklärte dagegen, dass es keine "Nacktkontrollen" gegeben habe.
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