Treffen mit Netanjahu:Merz in Israel: Offenes Ende nach Antrittsbesuch
von Wulf Schmiese
Kanzler Merz betont bei seinem Antrittsbesuch die Freundschaft zu Israel, weicht aber bei der Frage zu einer möglichen Gegeneinladung an Netanjahu aus. Was von seiner Reise bleibt.
Beim Antrittsbesuch in Israel erinnert Kanzler Friedrich Merz an die Opfer der Shoa, mahnt mehr Hilfe für Gaza an und wirbt in Gesprächen mit Netanjahu für eine Zweistaatenlösung.
07.12.2025 | 21:55 minFriedrich Merz ahnt, wie unangenehm für ihn das gleich werden wird hier in Jerusalem. Weil sie ihm diese eine Frage stellen werden, auf die er keine wirkliche Antwort hat. Benjamin Netanjahu steht direkt neben ihm mit lauerndem Blick. Vor ihnen im vollbesetzten Pressesaal laufen die Kameras zur Live-Übertragung.
Eine Stunde haben die beiden Regierungschefs bis dahin miteinander gesprochen im Amtssitz der israelischen Ministerpräsidenten, also in Netanjahus Büro, ein Stockwerk über dem Pressesaal, wo beide nun auf der Bühne stehen. Der Bundeskanzler dankt für das offene und sehr lange Gespräch.
ZDF-Korrespondent Thomas Reichart in Tel Aviv und der stellvertretende ZDF-Hauptstadtstudioleiter Wulf Schmiese analysieren den Antrittsbesuch von Bundeskanzler Merz in Israel.
07.12.2025 | 4:07 minMerz betont Israels Existenzrecht
Er komme als Freund Israels, Deutschland wisse um die besondere Verantwortung und ganz bewusst habe er den ersten Tag seines Antrittsbesuchs in Yad Vashem begonnen. Dort hatte er am Morgen seinen Eintrag ins Gästebuch mit belegter Stimme vorgetragen: "Deutschland muss für die Existenz und Sicherheit Israels einstehen. Das gehört zum unveränderlichen Wesenskern unserer Beziehungen - und zwar für immer."
So endet sein Eintrag in der Holocaust-Gedenkstätte. Diese zwei Sätze sind für Merz das, was Kanzlerin Angela Merkel einst deutsche "Staatsräson" nannte, als sie 2008 vor der Knesset sprach, Israels Parlament. Merz meidet ihren Begriff, weil er ihn juristisch für wenig greifbar hält. Aber er meint exakt das selbe wie sie: Das Existenzrecht Israels ist Deutschlands Pflicht.
Beim Antrittsbesuch in Israel bekräftigt Kanzler Friedrich Merz die dauerhafte Solidarität Deutschlands. Zugleich zeigen sich Differenzen mit Netanjahu über den Gazastreifen.
07.12.2025 | 2:14 minZwischenzeitlich Exportstopp verhängt
Israel habe immer das Recht, sich zu verteidigen, sagt Merz und kommt zum Gaza-Konflikt. Immer gehörte er zu denen, die den Angriff der Hamas auf Israel, die Terroranschläge am 7. Oktober 2023, als Auslöser sahen. Merz hat nie Ursache und Wirkung in Frage gestellt.
Dennoch hat er dann am 8. August 2025 etwas gemacht, was niemand vor ihm im Kanzleramt auch nur erwogen hatte: einen Rüstungsexportstopp gegen Israel verhängt. Der betraf Rüstungsgüter, die in Gaza hätten eingesetzt werden können. Weil, wie Merz damals meinte, die Reaktion Israels in Gaza zu heftig erschien. Maßlos, wie ja in Deutschland viele fanden, Netanjahu übertreibe, sagten sie auch in der mit Merz regierenden SPD.
Bei seiner Reise nach Israel bekräftigte Bundeskanzler Merz die Solidarität Deutschlands, doch beim Gazastreifen zeigen sich deutliche Differenzen mit Premierminister Netanjahu.
07.12.2025 | 2:55 minMerz nach Wahl zum Kanzler kritischer
Der Kanzler stand damals innenpolitisch unter Druck. Galt er doch als eiserner Netanjahu-Versteher. Dieses Bild hatte er gleich nach der Bundestagswahl selbst von sich gegeben. Er wolle als Bundeskanzler Netanjahu nach Deutschland einladen, hatte er angekündigt - trotz Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs. Er habe Netanjahu zugesagt, "dass wir Mittel und Wege finden werden, dass er Deutschland besuchen kann und auch wieder verlassen kann, ohne dass er festgenommen worden ist", kündigte der Noch-Nicht-Kanzler an.
Doch nach der Kanzlerwahl wurde Merz dann zum Kritiker israelischer Kriegspolitik, wie es niemand vor ihm im Amt gewesen war. Rechtzeitig zu seinem Antrittsbesuch in Israel hat Merz den Exportstopp wieder aufgehoben.
Der Nahost-Konflikt begleitet die Vereinten Nationen seit ihrer Gründung. In der Geschichte gab es bereits Bemühungen, den Konflikt durch eine Zwei-Staaten-Lösung beizulegen.
03.09.2025 | 1:19 minEinladung an Netanjahu aktuell "für uns beide kein Thema"
Aber was ist mit der einst Netanjahu vollmundig versprochenen Einladung? Das ist die unangenehme Frage, von der Merz weiß, dass sie gleich gestellt werden wird von der Presse da vor ihm. Und sie wird gestellt; Netanjahu lauert fast schmunzelnd der Antwort.
"Dafür gibt es im Augenblick auch keine Veranlassung darüber zu sprechen", rudert Merz davon. "Wenn es die Zeit erlaubt, dann würde ich gegebenenfalls eine solche Einladung aussprechen, aber das ist zum jetzigen Zeitpunkt für uns beide kein Thema."
Netanjahu sagt, natürlich würde er sich freuen, Deutschland wieder zu besuchen. So endet die erste Reise von Bundeskanzler Merz in Israel, sagen wir: offen.
Israels Ministerpräsident Netanjahu hat Staatspräsident Herzog offiziell um Begnadigung gebeten. Gegen Netanjahu läuft seit Jahren ein Verfahren wegen Betrugs und Bestechlichkeit.
30.11.2025 | 0:23 min