ESC-Mitglieder sollen über Israels Teilnahme abstimmen

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Eurovision Song Contest:ESC-Mitglieder sollen über Israels Teilnahme abstimmen

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Die Europäische Rundfunkunion will den Streit um Israels Teilnahme am Wettbewerb per Online-Votum lösen. Das Motto "United by Music" steht vor seiner größten Bewährungsprobe.

Der Eurovision Song Contest soll 2026 in Wien stattfinden. Fraglich, ob mit oder ohne Israel als Teilnehmerland.

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Quelle: dpa

Seit Wochen tobt ein heftiger Streit um die Teilnahme Israels am Eurovision Song Contest (ESC) - nun soll es eine Abstimmung aller am ESC beteiligten Länder geben. Die Europäische Rundfunkunion (EBU) bestätigte am Freitag, dass sie für November eine Online-Abstimmung der Mitgliedsländer zur ESC-Teilnahme angesetzt hat. Zuletzt hatte es vermehrt Forderungen gegeben, Israel wegen seines Vorgehens im Gazastreifen vom ESC 2026 in Wien auszuschließen.

Es ist eine Kampfabstimmung, die über die langfristige Zukunft des Eurovision Song Contest (ESC) entscheiden kann. Eine Befriedung ist dadurch aber nicht zu erwarten. Im Gegenteil wirkt der ESC acht Monate vor der in Wien geplanten 70. Ausgabe so zerrissen wie nie.

Warum kommt es zur Abstimmung?

Das Vorgehen Israels im Gazastreifen nach dem Angriff der radikalislamischen Terrororganisation Hamas im Oktober 2023 hat in vielen Ländern eine Debatte über eine israelische Teilnahme am ESC ausgelöst. Ein heiterer Musikwettbewerb auf der einen Seite und durch Israels Vorgehen sterbende Menschen auf der einen Seite passt für viele Fans nicht zusammen. Spanien, Irland, die Niederlande, Island und Slowenien drohen mit einem Boykott, sollte Israel starten.

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Gibt es auch andere Kritik?

Das unerwartet starke Abschneiden der israelischen Starterin Yuval Raphael im ESC-Finale in Basel im Mai sorgte für Manipulationsvorwürfe. Die in der Jurywertung lediglich auf Platz 15 platzierte Israelin gewann völlig überraschend die Zuschauerabstimmung. Dies weckte in vielen Ländern Zweifel daran, dass bei der Abstimmung alles mit rechten Dingen zuging. Die EBU fand bisher keine Hinweise auf Manipulationen. Israel scheint von einer aufwändigen Werbekampagne in sozialen Netzwerken profitiert zu haben.

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Wie will die EBU den Konflikt lösen?

Neben den scharfen Kritikern Israels gibt es auch Unterstützer. Mehrere Länder kündigten an, auf eine Teilnahme zu verzichten, sollte Israel ausgeschlossen werden. Die EBU ist in sich tief gespalten, wie die ESC-Veranstalter selbst eingestehen. Es gebe eine "beispiellose Meinungsvielfalt", erklärten sie.

Nachdem interne Diskussionen keine Lösung brachten, soll nun eine Anfang November online stattfindende außerordentliche Generalversammlung den Konfliktlösen. Dort sollen die EBU-Mitglieder über die Teilnahme am ESC 2026 abstimmen.

Es gab zwischenzeitlich Hoffnungen, dass Israel womöglich von sich aus verzichten könnte oder vorübergehend als neutraler Starter nicht unter israelischer Flagge teilnimmt. Die israelische Rundfunkanstalt KAN zeigte für solche Ideen aber keinerlei Offenheit. KAN pocht im Gegenteil bisher auf sein Recht, am ESC teilzunehmen. Ein Kompromiss statt der Zerreißprobe scheint damit nicht in Sicht.

Der ESC will zwar neutral und unpolitisch sein. Er konnte sich aber nie von der Weltpolitik abkoppeln. In Folge des russischen Angriffs auf die Ukraine darf Russland mittlerweile nicht mehr teilnehmen. 1975 führte der Zypernkonflikt zum Boykott Griechenlands. 1979 verzichtete die Türkei auf die Finalteilnahme aus Protest gegen Israels Vorgehen im Nahen Osten. Im Zuge der Balkankriege ging die EBU insbesondere gegen Serbien mit dessen damaligem Präsidenten Slobodan Milosevic vor. In dem Ausmaß wie in diesem Jahr gab es allerdings noch nie Konflikte.


Was folgt als Ergebnis auf die Abstimmung?

Das ist derzeit nicht absehbar. Kein EBU-Land kann zur Teilnahme am ESC gezwungen werden. Es gab in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder Länder, die aus unterschiedlichen Gründen nicht teilgenommen haben. Mal war das Interesse in den jeweiligen Ländern zu klein geworden, mal fehlte Geld, immer wieder waren es auch politische Gründe.

In Wien droht dem ESC nun aber das kleinste Teilnehmerfeld seit langem. Zuletzt machten 37 Länder mit. Das ESC-Motto "United by Music" droht zur Farce zur werden.

Warum ist insbesondere Spaniens Boykottdrohung so heikel?

Spanien schnitt ähnlich wie Deutschland in den vergangenen Jahren oft enttäuschend beim ESC-Finale ab. Die spanischen Zuschauer zählen trotzdem aber zu den leidenschaftlichsten Fans des Wettbewerbs. Spanien zählt auch zu den Big Five, den fünf großen Geldgeberländern des ESC. Sollte das Land also boykottieren, fehlen nicht nur viele Millionen Zuschauer - dem wegen der spektakulären Show kostspieligen Wettbewerb fehlt dann auch viel Geld.

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Wie verhält sich Deutschland?

Der neuerdings für die ESC-Vorbereitung zuständige Südwestrundfunk (SWR) arbeitet planmäßig an der Vorbereitung des deutschen Vorentscheids. Der SWR betont die eigentlich zum Kern des ESC gehörende Toleranz: Dieser sei "seit Jahrzehnten ein musikalisches Großereignis, das Menschen in Europa und darüber hinaus verbindet – durch Vielfalt, Respekt und Offenheit, unabhängig von Herkunft, Religion oder Weltanschauung".

Das Finale in Wien wird bereits die 70. Ausgabe des Musikwettbewerbs sein.

Im Morgengrauen des 7. Oktober dringen hunderte Kämpfer der islamistischen Terrororganisation Hamas und verbündeter islamistischer Gruppen vom Gazastreifen aus in den Süden Israels ein und verüben Gräueltaten überwiegend an Zivilisten, darunter an vielen Frauen und Kindern. Nach israelischen Angaben werden 1.210 Menschen getötet. Mehr als 251 Menschen werden als Geiseln genommen. Heute - im Sommer 2025 - sind noch etwa 50 Geiseln in der Hand der Hamas. 27 von ihnen sollen tot sein.

Die blutige Attacke ist der Auslöser für den Gaza-Krieg. Seither kämpft Israels Militär gegen die Hamas. Der Krieg hat dort verheerende Zerstörungen verursacht, nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde sollen bisher etwa 60.034 Menschen getötet worden sein, mehr als 18.500 davon Kinder. Mehr als 800 israelische Soldaten kamen bei den Kämpfen ums Leben.

Die Angaben zu Toten und Verletzten beider Seiten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

(Quelle: dpa/AFP - Stand: Juli 2025)


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