Israels Atomprogramm: Was darüber bekannt ist

FAQ

"Textilfabrik in Dimona":Was über Israels Atomprogramm bekannt ist

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Immer wieder verweist Israel auf die nukleare Bedrohung durch Iran. Dabei soll es auch selbst längst über nukleare Waffen verfügen. Was steckt hinter Israels geheimem Atomprogramm?

Ein Archivfoto aus dem Jahr 2000 zeigt die israelische Atomanlage außerhalb der Wüstenstadt Dimona im Süden des Landes.
Ein Archivfoto aus dem Jahr 2000 zeigt die israelische Atomanlage außerhalb der Wüstenstadt Dimona im Süden des Landes.
Quelle: dpa

Ihre Angriffe auf Iran begründen Israel und die USA mit dem heimlichen Atomprogramm Teherans, das gegen den Atomwaffensperrvertrag verstoße. Israels Verteidigungsminister Israel Katz sprach zum Kriegsbeginn am 13. Juni aufgrund des weit fortgeschrittenen iranischen Atomprogramms von einem "Präventivschlag". Premier Benjamin Netanjahu warnte jüngst erneut: "Ich habe keinen Zweifel daran, dass dieses Regime uns auslöschen will."
Die Sorge vor einem nuklear bewaffneten Iran treibt Israel und seine westlichen Verbündeten seit Jahren um. Was dabei nur selten erwähnt wird: Israel ist selbst seit langem als regionale Atommacht bekannt - obwohl es den Besitz von Nuklearwaffen nie offiziell zugegeben hat. Was steckt hinter dem geheimen israelischen Atomprogramm?
Nahost
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Was sagt Israel zum mutmaßlichen Atomwaffenprogramm?

Israel verfolgt seit Jahren eine Politik der bewussten Zweideutigkeit. Weder dementiert noch bestätigt das Land, im Besitz von Atomwaffen zu sein. 2010 sprach CNN-Moderator Larry King mit Netanjahu in einem Interview über Hinweise auf Israels Atomwaffenprogramm. "Wir haben immer gesagt, dass wir nicht die Ersten sein werden, die sie im Nahen Osten einführen werden", antwortete Netanjahu damals ausweichend. Und fügte schnell hinzu: "Und wir haben nicht zur Zerstörung von irgendeinem Land aufgerufen."
Es gibt einige Aussagen, die auf die Existenz der Waffen hinweisen. Als Israel während des Jom-Kippur-Kriegs 1973 in schwere Bedrängnis durch syrische Truppen geriet, soll der damalige Verteidigungsminister Mosche Dajan die Ministerpräsidentin Golda Meir gedrängt haben, den Einsatz von Atomwaffen zu erwägen. Meir habe ihm jedoch gesagt, er könne dies "vergessen", erzählte der ehemalige Berater eines an den Gesprächen beteiligten Ministers in einem 2013 veröffentlichten Interview.
2006 sorgte Israels damaliger Ministerpräsident Ehud Olmert mit einer Interviewaussage für große Aufregung. "Iran droht offen und ausdrücklich, Israel von der Landkarte zu radieren. Können Sie sagen, es ist das Gleiche, wenn der Iran danach strebt, nukleare Waffen zu haben wie Amerika, Frankreich, Israel und Russland?", fragte Olmert damals im Gespräch mit dem deutschen Nachrichtensender N24.
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Welche Schätzungen gibt es zum Atomwaffenarsenal?

Nach Schätzungen des Friedensforschungsinstituts Sipri verfügt Israel über mindestens 80 nukleare Sprengköpfe.
Die sollen wahrscheinlich mithilfe von ballistischen Raketen, Kampfflugzeugen oder U-Booten abgeschossen werden können. Deshalb ist auch die Lieferung deutscher U-Boote an Israel umstritten.

Wie weit reichen die Pläne zurück?

Als Vater des israelischen Atomwaffenprogramms gilt der frühere Premier und Friedensnobelpreisträger von 1994, Schimon Peres.
Dabei handelte Peres im Sinne des Staatsgründers David Ben-Gurion, der die Waffen für notwendig hielt, um Israel gegen seine Feinde in der Region verteidigen zu können. Israel ist mit knapp zehn Millionen Einwohnern ein kleines Land, seit seiner Gründung 1948 sieht es sich Feindseligkeiten und Kriegen in der Region ausgesetzt. Das Programm sollte ursprünglich als Abschreckung gegen die Nachbarn im Nahen Osten dienen, die dem Staat Israel - wie aktuell auch Iran - immer wieder sein Existenzrecht abgesprochen haben.
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Peres sagte 1998:

Wir haben eine nukleare Option geschaffen - nicht um ein Hiroshima zu bekommen, sondern ein Oslo.

Schimon Peres, früherer israelischer Premier

Die ersten Verhandlungen im Nahost-Friedensprozess der 1990er-Jahre zwischen Israelis und Palästinensern hatten in Oslo stattgefunden.
Peres soll das Atomprogramm ab 1955 mit französischer Hilfe initiiert haben. So sah das ehemalige Atom-Komitee im US-Kongress schon Ende 1960 starke Hinweise darauf, dass eine in der Wüste Negev im Bau befindliche Anlage primär zur Produktion von waffenfähigem Plutonium gedacht ist - auch "aufgrund der strikten Geheimhaltung des Projekts und umfangreicher französischer Unterstützung".

Was ist über Israels Kernreaktor in der Wüste bekannt?

Die israelische Kernforschungsanlage Negev soll mutmaßlich auch dem Bau vom Atomwaffen dienen. Über den Kernreaktor in der Negev-Wüste wurde lange nur hinter vorgehaltener Hand gesprochen. Sein Codename war "die Textilfabrik in Dimona". Die Wüstenstadt liegt rund 90 Kilometer südlich von Jerusalem. In der Anlage befinden sich unter anderem Jahrzehnte alte Labore, die die abgebrannten Brennstäbe des Reaktors wiederaufbereiten sollen, um waffenfähiges Plutonium zu gewinnen.
1986 verriet Mordechai Vanunu, jahrelang Techniker im Nuklearzentrum in Dimona, der britischen "Sunday Times" Einzelheiten über das israelische Atomprogramm - samt Fotos. Noch im selben Jahr entführte der israelische Auslandsgeheimdienst Mossad ihn von Rom nach Israel, wo er wegen Spionage und Verrats zu 18 Jahren Haft verurteilt wurde.
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Hat Israel den Atomwaffensperrvertrag unterzeichnet?

Israel zählt - anders als Iran - zu einer Gruppe von fünf Staaten, die dem Atomwaffensperrvertrag nicht beigetreten sind. Neben Israel haben ihn auch Indien, Pakistan, Südsudan und Nordkorea nicht unterschrieben.
Damit hat Israel das eigene Nuklearprogramm nicht unter Aufsicht der Vereinten Nationen gestellt.

Hat Israel jemals Atomwaffen eingesetzt?

Israel hat bislang keine Atomwaffen eingesetzt.
Es gibt jedoch Berichte über Atomwaffen-Tests. Der wohl bekannteste ist der sogenannte "Vela-Zwischenfall" von 1979: Im September des Jahres meldete der amerikanische Vela-Satellit einen Doppelblitz zwischen Südatlantik und Indischem Ozean. Bis heute wird vermutet, dass der Doppelblitz das Ergebnis eines Atomtests war, der von Israel oder Südafrika oder möglicherweise von beiden durchgeführt worden war. Offiziell bestätigt haben die beiden Staaten das nie.

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Quelle: dpa, AP, kbl

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