Zur Lage im Gazastreifen:Welternährungsprogramm: Wollen Gaza mit Hilfe überschwemmen
Trotz Feuerpause bleibt die Lage in Gaza dramatisch. Die Menschen brauchen "Hilfe in großem Ausmaß", so Antoine Renard vom Welternährungsprogramm.
"Die Menschen in Gaza brauchen jetzt wirklich Hilfe in großem Ausmaß", dafür müssten alle Zugänge geöffnet werden, so Antoine Renard, Landesdirektor UN-Welternährungsprogramm in Nahost.
13.10.2025 | 8:19 minDie Waffenruhe in Gaza ist in Kraft - doch auch wenn die Waffen schweigen, bleibt das Elend im Küstenstreifen groß. Die humanitäre Hilfe soll nun in großem Umfang die notleidende Bevölkerung erreichen.
Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) hat seine Hilfslieferungen wieder aufgenommen. Erste Lastwagen mit Mehlsäcken sind bereits in Gaza eingetroffen. Damit sollen rund 30 Bäckereien ihren Betrieb wieder vollständig aufnehmen können. Nach eigenen Angaben ist die Organisation in der Lage, 1,6 Millionen Menschen in den kommenden drei Monaten mit Nahrungsmitteln zu versorgen - vorausgesetzt, Israel gewährt vollen Zugang. An 145 Verteilpunkten im Gazastreifen sollen Hilfspakete ausgegeben werden.
Doch die Herausforderungen bleiben enorm. Wie steht es aktuell um die Menschen in Gaza? Eine Einschätzung gibt Antoine Renard, Landesdirektor des UN-Welternährungsprogramms im Nahen Osten.
US-Präsident Donald Trump reist am Tag der Freilassung der israelischen Geiseln nach Israel und später nach Ägypten. ZDF-Korrespondent Elmar Theveßen berichtet aus Jerusalem.
13.10.2025 | 1:17 minRenard: Druck für Hilfslieferungen steigt enorm
"Was die Menschen in Gaza jetzt am dringendsten brauchen, ist unsere Hilfe", sagt Renard.
In den vergangenen zwei Monaten haben wir versucht, mehr Hilfsgüter nach Gaza zu bringen - doch das entsprach nur etwa 40 Prozent dessen, was die Bevölkerung tatsächlich benötigt.
Antoine Renard, Landesdirektor des UN-Welternährungsprogramms im Nahen Osten
Als er in der vergangenen Woche in Gaza-Stadt war - noch vor dem Inkrafttreten der Waffenruhe - hätten viele Familien im Schnitt nur eine Mahlzeit pro Tag zu sich nehmen können. "Jetzt, da wieder eine halbe Million Menschen in die Stadt zurückkehren, steigt der Druck enorm."
UN fordert freien Zugang für Hilfstransporte
Entscheidend für eine nachhaltige Versorgung sei laut Renard der freie Zugang für Hilfstransporte. Man wolle auch wieder in den Norden bis nach Zikim gelangen, um sicherzustellen, dass Lastwagen mit Hilfsgütern ein- und ausfahren könnten.
Wir möchten dafür sorgen, dass die Lastwagen wieder Zugang erhalten und dass alle Grenzübergänge geöffnet werden, und dass wir Gaza endlich überschwemmen können mit Hilfe.
Antoine Renard, Landesdirektor des UN-Welternährungsprogramms im Nahen Osten
Trotz der schwierigen Lage zeigt sich der UN-Vertreter "sehr zuversichtlich." Während bei der ersten Waffenruhe im Januar nur rund vier Prozent der Bevölkerung Zugang zu Lebensmitteln gehabt hätten, könne man inzwischen etwa drei Viertel der Menschen erreichen. Doch "wir müssen alle in der Bevölkerung erreichen," macht Renard klar.
"Politischer Frieden in Israel und Palästina könne erst kommen, wenn bestimmte menschliche und geopolitische Bedingungen geschaffen worden sind", so der Nahost-Experte Tom Khaled Würdemann.
13.10.2025 | 6:11 minRenard plädiert für Umsetzung des Trump-Plans
Berichten zufolge gibt es immer wieder Befürchtungen, Hilfslieferungen könnten von der Hamas abgefangen werden. Renard weist solche Sorgen entschieden zurück. Das WFP wisse genau, wo die Menschen sich aufhielten, und verteile die Hilfe gezielt. Es gebe keine Hinweise darauf, dass Lieferungen in großem Umfang abgezweigt würden.
Mit Blick auf den weiteren Verlauf betont Renard, dass nun der sogenannte Trump-Plan umgesetzt werden müsse. Das Welternährungsprogramm sehe im Sinne dieses Plans vor, "dass das humanitäre Protokoll dem des Waffenstillstands vom Januar ähnelt". Der Wiederaufbau und die Rehabilitation seien nun Teil der laufenden Gespräche in Sharm el-Sheikh - doch, so Renard, der Weg dahin sei lang.
Der Waffenstillstand ist nicht das Ende des Weges, sondern erst der Anfang.
Antoine Renard, Landesdirektor des UN-Welternährungsprogramms im Nahen Osten
Der Wiederaufbau werde Jahre dauern. "Bis dahin müssen wir sicherstellen, dass jede Familie in Gaza Zugang zu einer Unterkunft, zu sauberem Wasser, zu Gesundheitsversorgung und zu Nahrungsmitteln hat", sagt Renard. "Das ist jetzt die oberste Priorität für alle humanitären Helfer."