Muslim Interaktiv verboten: Das steckt hinter der Gruppe

Islamistische Gruppe verboten:Kalifat in Deutschland - das steckt hinter Muslim Interaktiv

Susana Santina

von Susana Santina

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Innenminister Dobrindt hat "Muslim Interaktiv" verboten. Die islamistische Gruppe zieht auf Social Media junge Menschen an, hetzt gegen den Westen und fordert ein Kalifat.

Mehrere hundert Demonstranten mit weissen Fahnen Spruchbändern Plakaten bei der Muslimaktiv Demonstration am Hamburger Steindamm

Fordert ein Kalifat für Deutschland: Die nun verbotene islamistische Organisation "Muslim Interaktiv".

Quelle: Imago

Jahrelang konnte sie unbehelligt vor allem junge Muslime in Deutschland über ihre Social-Media-Kanäle radikalisieren und aufhetzen - gegen den Westen und vor allem auch gegen Israel.

Die Eskalation im Nahost-Konflikt hatte der islamistischen Organisation Muslim Interaktiv nochmal deutlich Zulauf beschert. Doch das dürfte bald Geschichte sein: Seit dem frühen Morgen finden länderübergreifende Durchsuchungen statt, Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) verkündete das Verbot der Gruppe.

Experten: Verbot von Muslim Interaktiv ist überfällig

Beobachtet wurde Muslim Interaktiv vom Verfassungsschutz schon lange. Der ist überzeugt, dass die Organisation eine Nachfolge-Organisation der 2003 verbotenen islamistischen Bewegung Hizb-ut-Tahrir ist.

Die Initiative "Muslim Interaktiv" bei einer Kundgebung.

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Verboten wurde sie nun mit der Begründung, dass sie sich mit ihrem Zweck und ihrer Tätigkeit gegen die verfassungsmäßige Ordnung und gegen den Gedanken der Völkerverständigung richtet.

Islamismus-Experten halten das Verbot für überfällig: Die Mitglieder rund um Raheem Boateng, der sich auf Social Media als Frontmann der Gruppierung zeigt, hetzen stets gegen den Westen und gegen Israel, äußern sich immer wieder antisemitisch, fordern ein Kalifat in Deutschland und sind nach Ansicht von Islamismus-Experten für eine gefährliche Radikalisierung verantwortlich.

Übers Netz bringt "Muslim Interaktiv" Tausende auf die Straße

Raheem Boateng ist eloquent und stets bemüht, Muslime als Opfer darzustellen. Gerade jetzt, im eskalierten Nahost-Konflikt, bezeichnen er und andere Mitglieder der Gruppierung Israel immer wieder als Terrorstaat und Kindermörder. In den islamistischen Terroranschlägen vom 11. September 2001 sieht Boateng einzig den Startpunkt für eine Terror-Kampagne des Westens gegen Muslime.

Navid Wali, Violence Protection Network

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Solche hetzerischen Aussagen dokumentiert Muslim-Interaktiv in zum Teil aufwendig erstellten, schnell geschnittenen Videos, die viele vor allem junge Menschen ansprechen.

Die islamistische Organisation hat es damit geschafft, viele aus dem Netz zu Protesten auf die Straße zu bringen. Mehrere Tausend Menschen kommen regelmäßig zusammen, um meistens in Hamburg gegen Israel oder die Koranverbrennungen 2023 in Schweden zu demonstrieren.

Gefährlich, ohne explizit zu Gewalt aufzurufen

Die Organisation Ufuq leistet politische Bildung und Prävention mit Blick auf die Migrationsgesellschaft und hat Muslim Interaktiv wissenschaftlich untersucht. Ufuq stellt fest, dass sie ein enorm spaltendes Potential hat: Auf der einen Seite sieht Muslim Interaktiv die Muslime, auf der anderen Seite den Westen und die Mehrheitsgesellschaft in Deutschland, die angeblich die Muslime bekämpfen wollen.

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Islamismus-Expertin Susanne Schröter hält Muslim Interaktiv für sehr gefährlich, auch wenn sie nicht explizit zu Gewalt aufrufe. Man achte natürlich auf die "roten Linien", so Schröter. Die ständige Hetze gegen den Westen und gegen Israel könne aber zu einer Radikalisierung mit gefährlichem Gewaltpotential führen. Deswegen sei es ihrer Meinung nach richtig, dass Muslim Interaktiv nun verboten wurde.

Durchsuchungen auch bei weiteren Gruppen

Nicht nur Muslim Interaktiv ist seit dem Morgen im Visier der Sicherheitsbehörden. Im Rahmen der vereinsrechtlichen Ermittlungsverfahren gegen die hessische Vereinigung "Realität Islam" und die in Berlin ansässige Vereinigung "Generation Islam" finden auch in deren Räumlichkeiten Durchsuchungen statt.

Dass sich diese drei Gruppierungen ideologisch sehr nahe stehen, daran besteht kein Zweifel. Auf Social Media teilen sie regelmäßig ihre jeweiligen Inhalte, und auf Demonstrationen treten sie gemeinsam auf.

Während einer Demonstration halten mehrere Menschen Schilder in die Luft und schreien. Auf einem der Schilder steht die Aufschrift "Jeden 2. Tag tötet Israel ein Kind in Palästina".

Hass gegen Juden wird in Deutschland wieder offen gezeigt: bei Demos, vor Synagogen und im Netz. Die Zahl antisemitischer Straftaten erreicht aktuell einen neuen Höchststand.

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