Friedensprozess in Nahost: Trumps Rolle für den Frieden

Friedensprozess in Nahost:Hoffnung auf Trumps langen Atem

Elmar Theveßen
von Elmar Theveßen, Jerusalem
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Donald Trump wird gefeiert für einen Waffenstillstand in Nahost, an dessen Prozess er intensiv beteiligt war. Warum der Weg zu Frieden an seiner Person hängt und wie gefährlich das ist.

Zerstörung in Gaza-Stadt, aufgenommen am 12.10.2025

Der Friedensprozess zwischen Palästinensern und Israelis hat noch einen langen Weg vor sich.

Quelle: ddp

Noch vor dem Aufgang der Sonne erklang der Ruf der Muezzine über dem Tempelberg und ganz Jerusalem. Nach ihrem Untergang hallten die Schofaroth, uralte Blasinstrumente aus Widderhorn, gespielt von jüdischen Pilgern aus Südkorea über die Altstadt.

Oben auf dem Ölberg, an unserem Standort für die Gespräche mit den Nachrichten- und Sondersendungen, erschien uns das als würdiger Rahmen für diesen historischen Tag, der das Schicksal einer ganzen Region wenden könnte. Aber wird er das wirklich?

Rückkehrer nach Israel und Gaza

Große Freude in Israel: nach zwei Jahren Verschleppung kamen die letzten überlebenden Geiseln frei. Währenddessen kehrten viele Palästinenser in ihre zerstörte Heimat in Gaza zurück.

14.10.2025 | 2:19 min

Trump ist beseelt von seinem Plan

In seiner Rede vor der Knesset entwarf US-Präsident Donald Trump einen neuen Nahen Osten, in dem die Völker in friedlicher Koexistenz, vielleicht sogar Freundschaft, leben. Eng miteinander verbunden durch Handel und kulturellen Austausch.

Der amerikanische Präsident wirkte beseelt von seiner Vision, die er in teils salbungsvollen Worten beschrieb. Trump ist überzeugt, dass er jetzt schon etwas vollbracht hat, was niemandem vor ihm gelang. Mehrfach kam er auf jene zu sprechen, die - angeblich - behaupten, er habe einen 3.000 Jahre alten Konflikt gelöst.

Nahost: "Bekenntnis zur Zweistaatenlösung fehlt"

Es sei ein seltenes Zugeständnis der Trump-Administration, dass "Palästinenser und Israelis gleiche Rechte haben sollen", berichtet ZDF-Korrespondentin Golineh Atai aus Scharm el Scheich/Ägypten.

14.10.2025 | 2:34 min

US-Präsident greift immer wieder ein

Zwar ist sein proklamierter Frieden längst noch kein wirklicher Frieden, aber es gibt eine ernsthafte Chance, eben weil Donald Trump so beseelt ist von seinem Plan. Das haben die Unterhändler bei den Gesprächen in den vergangenen Wochen unmittelbar erfahren.

Immer wieder mischte sich der amerikanische Präsident per Telefon direkt in die Verhandlungen ein, fragte nach Fortschritten, machte Vorschläge und klare Ansagen, welche Punkte er mit der Macht seines Amtes durchsetzen werde. So berichtet es die New York Times unter Berufung auf Gesprächsteilnehmer.

Jeder von ihnen hatte das Gefühl, Trump bleibt dran, der will das unbedingt, weil er mit einem Ausstieg sein vielleicht größtes Vermächtnis zunichtemachen würde. Und sie kamen auch zu dem Schluss, lieber ernsthaft mitzumachen, sich nicht zu verweigern, weil sie sonst den Zorn des mächtigsten Mannes der Welt zu spüren bekämen.

Castellucci: "Zweistaatenlösung muss auf den Weg gebracht werden"

Interview mit Lars Castellucci (SPD, Beauftragter der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und humanitäre Hilfe) zum US-Friedensplan in Nahost.

14.10.2025 | 8:02 min

Alle Beteiligten auf den Plan eingeschworen

An diesem Montag hat Donald Trump in Jerusalem und Scharm el Scheich alle Beteiligten vor den Augen der Weltöffentlichkeit auf seine Vision verpflichtet, so dass sie nun einen Zwang spüren, an den weiteren Schritten im Friedensplan konstruktiv mitzuwirken - mit Geld, mit Ressourcen und mit gutem Willen. Der 20-Punkte-Deal ist vage genug, dass niemand es wagt, nein zu sagen.

Gleichzeitig ist er so vage und unausgegoren, dass er schnell scheitern kann: Es gibt keinen Plan für die Entwaffnung der Hamas; das Westjordanland ist nicht einmal erwähnt; die Frage eines Palästinenserstaats ist bestenfalls angedeutet; und es fehlt jeglicher Mechanismus, jene tiefen Wunden und Narben zu adressieren, die sich beide Seiten über Jahrzehnte zugefügt haben. Wie kann es eine Aussöhnung geben, die Grundlage für eine friedliche Koexistenz, geschweige denn Freundschaft wäre?

Wadephul: "Ich bin optimistisch"

Es gebe einen "gemeinsamen Willen in der gesamten Region, dass dieser Frieden, dass dieser Waffenstillstand jetzt bewahrt wird", sagt Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU).

14.10.2025 | 7:55 min

Hält er an seiner Vision fest und verfolgt den Plan bis zum Ziel?

Donald Trump glaubt, dass man das Ziel einfacher erreicht, wenn man sich immer nur über den nächsten Schritt verständigt - "Tag für Tag, Mensch für Mensch, Nation für Nation", wie er es in seiner Rede vor der Knesset forderte. Es ist die Überzeugung, dass ein detaillierter Masterplan keine Chance auf Umsetzung hat, während jeder erfolgreiche Einzelschritt eine Umkehr immer schwieriger macht, weil man dabei zu viel zu verlieren hat.

Es kann funktionieren, aber nur, wenn Donald Trump wirklich auch in Zukunft all jene Beteiligten unter Druck setzt, die sich Kompromissen verweigern - einschließlich einer israelischen Regierung, in der einige immer noch von einer dauerhaften Annexion von Gazastreifen und Westjordanland träumen.

Prosor: "Zwei Staaten für zwei Völker"

"Wenn wir etwas neu aufbauen wollen, dann müssen wir auch die Strukturen ändern", es erfordere dafür vor allem Zusammenarbeit, sagt Ron Prosor, israelischer Botschafter in Deutschland.

14.10.2025 | 8:20 min

Ist Trump wirklich dazu bereit, oder reicht es ihm, dass er anderen die Schuld geben kann, wenn die Vision von einer neuen Friedensordnung für den Nahen Osten scheitert? Von der Antwort auf diese Frage hängt ab, ob die Menschen im Nahen Osten den Frieden bekommen, den sie verdienen.

Elmar Theveßen ist Leiter des ZDF-Studios Washington.

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