Kampf gegen Hamas: Israel bewaffnet Clans im Gazastreifen

Kampf gegen die Hamas:Israel bewaffnet Clans im Gazastreifen

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Im Kampf gegen die islamistische Hamas mobilisiert Israel lokale Palästinenser-Gruppen. Doch deren Bewaffnung berge Risiken für Israel, warnt ein früherer Geheimdienstoffizier.

Benjamin Netanjahu bei einer Pressekonferenz am 21.05.2025.
Benjamin Netanjahu bestätigt in einer Videobotschaft, dass lokale Clans im Kampf gegen die Hamas "aktiviert" worden seien. (Archivbild)
Quelle: ddp

Israel greift im Kampf gegen die Hamas im Gazastreifen auf lokale palästinensische Gruppen zurück und bewaffnet diese. Nach Kritik eines israelischen Oppositionspolitikers daran bestätigte Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu, dass lokale Clans, die die Hamas ablehnen, "aktiviert" worden seien. Sicherheitsbeamte hätten dazu geraten. Netanjahu erklärte in einer auf der Plattform X veröffentlichten Videobotschaft:

Was ist daran schlecht? Das ist nur gut. Das rettet das Leben israelischer Soldaten.

Benjamin Netanjahu, Israels Regierungschef

Laut Medienberichten in den USA und Israel geht es vor allem um eine relativ kleine Gruppe im Raum Rafah im Süden von Gaza, die von Jassir Abu Schabab angeführt werde. Diese sei von Israels Militär mit Kalaschnikow-Gewehren ausgerüstet worden - die Waffen habe die Armee während des Krieges von der Hamas beschlagnahmt, berichtete die "Times of Israel".
Durch die Förderung rivalisierender Clans wie dem von Abu Schabab solle die Hamas geschwächt werden, berichtete die israelische Nachrichtenseite "Ynet".

Ex-Geheimdienstoffizier: Clan-Bewaffnung birgt Risiken

Auch nach 20 Monaten Krieg ist es Israel nicht gelungen, die Hamas vollständig zu besiegen - unter anderem, weil keine alternative palästinensische Führung als Ersatz installiert wurde.
Ministerpräsident Netanjahu hat ausgeschlossen, dass die gemäßigtere Palästinensische Autonomiebehörde (PA) aus dem Westjordanland auch im Gazastreifen wieder die Kontrolle übernehmen könnte. Die von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas geleitete Organisation war 2007 von der Hamas aus dem Küstengebiet vertrieben worden.
Gideon Sa‘ar und Johann Wadephul bei einer gemeinsamen Pressekonferenz des israelischen Aussenministers und des deutschen Aussenministers im Auswaertigen Amt in Berlin am 05.06.2025
Beim Besuch seines israelischen Kollegen mahnt Außenminister Wadephul mehr humanitäre Hilfe für Gaza an und verurteilt den Siedlungsbau im Westjordanland als völkerrechtswidrig.05.06.2025 | 2:34 min
Stattdessen wolle Netanjahu nun lokale Partner im Gazastreifen stärken, die weder mit der Hamas noch mit der PA verbunden sind, berichtete das "Wall Street Journal".
Doch Israels Unterstützung für Abu Schababs Gruppe würde Risiken bergen. Eine Bewaffnung seiner aus schätzungsweise einigen Hundert Mann bestehenden Gruppe durch Israel erfordere "genaue Überwachung", damit "das nicht nach hinten losgeht", zitierte die "New York Times" einen ehemaligen israelischen Geheimdienstoffizier.

Experten warnen vor Verhältnissen wie in Somalia

Experten hatten schon vor mehr als einem Jahr vor einem Zusammenbruch jeglicher Ordnung und regelrechter Anarchie im Gazastreifen gewarnt. Dort drohten Verhältnisse wie in Somalia mit rivalisierenden Warlords, Banden und Clans. Für die Hamas ist Abu Schabab ein "krimineller Kollaborateur" Israels. Dessen Leute und die Hamas lieferten sich Gefechte, berichtete das "Wall Street Journal".
Gaza: "Chaos verbreitet sich"
"Menschen sind ausgehungert nach Wochen, in denen Israel ihnen Hilfe verweigert hat", berichtet ZDF-Reporterin Alica Jung aus Tel Aviv.30.05.2025 | 3:47 min
Abu Schabab sei unter der Herrschaft der Hamas als Plünderer von Hilfsgütern bekannt gewesen, zitierte die US-Zeitung Michael Milstein, einen ehemaligen Leiter der Abteilung für palästinensische Angelegenheiten beim israelischen Militärgeheimdienst.
Zudem mangele es ihm an breiter Unterstützung in Gaza, weshalb Israels Plan nur geringe Erfolgsaussichten habe. Milstein ist sich recht sicher, dass die Hamas die Gruppe von Abu Schabab "zerschlagen wird".

Israel greift erneut im Libanon an

Die israelische Luftwaffe griff unterdessen in Vororten von Libanons Hauptstadt Beirut sowie im Süden des Nachbarlandes mehrere Ziele an - nach ihren Angaben handelte es sich um unterirdische Anlagen zur Herstellung und Lagerung von Drohnen der Hisbollah-Miliz, die mit der Hamas verbündet ist.
Flammen und Rauch nach einem israelischen Luftangriff auf Dahiyeh, einem südlichen Vorort von Beirut im Libanon, am Donnerstag, den 5. Juni 2025.
Flammen und Rauch nach einem israelischen Luftangriff am 5. Juni 2025 auf Dahiyeh, einem südlichen Vorort von Beirut.
Quelle: AP

Trotz der seit November geltenden Waffenruhe arbeite die Hisbollah mit iranischer Hilfe an der Herstellung von Tausenden von Drohnen, teilte das Militär auf der Plattform Telegram mit.
Die Hisbollah-Miliz hatte Israel seit Beginn des Gaza-Kriegs im Oktober 2023 mehr als ein Jahr lang mit Raketen beschossen. Sie wollte nach eigenen Angaben damit die verbündete Hamas unterstützen. Israel antwortete mit Luftangriffen und einer Bodenoffensive.

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Quelle: dpa

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