Laut Analyse - Israel widerspricht:Hungersnot in Teilen des Gazastreifens
Für die Stadt Gaza und ihr Umland ist eine Hungersnot ausgerufen worden. Die zuständige Initiative IPC sieht die Kriterien dafür erfüllt. Israels Außenministerium dementiert.
In der Stadt Gaza herrscht offiziell Hungersnot: Über 500.000 Menschen leiden unter Nahrungsmangel, 132.000 Kleinkinder sind laut IPC gefährdet.
22.08.2025 | 1:49 minIm nördlichen Bereich des Gazastreifens herrscht laut einer Analyse der internationalen Initiative Integrated Food Security Phase Classification (IPC) eine Hungersnot. Nach den am Freitag veröffentlichten Daten ist der Bezirk Gaza betroffen, in dem auch die Stadt Gaza liegt.
Die Lage dort werde sich bis Ende September voraussichtlich auf die Provinzen Deir al-Balah und Khan Yunis ausweiten, so die IPC-Experten.
Für Teile Nord-Gazas wurde offiziell eine Hungersnot ausgerufen. Hunderttausende Menschen leiden unter Nahrungsmangel, darunter viele Kinder. Israel bestreitet die Lage weiterhin.
22.08.2025 | 1:42 minIPC: Kriterien für Hungersnot erfüllt
Die dafür notwendigen Kriterien seien erfüllt, hieß es. Das Leben von 132.000 Kindern unter fünf Jahren sei wegen Unterernährung bedroht, teilte die Initiative mit. 41.000 davon würden als besonders bedrohliche Fälle betrachtet, doppelt so viele wie bei der vorherigen Einschätzung im Mai.
Während die israelische Armee Gaza-Stadt weiter angreift, fordert Israel von der Hamas eine Freilassung der Geiseln.
22.08.2025 | 1:40 minNach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist es das erste Mal, dass in einem Land des Nahen Ostens eine Hungersnot ausgerufen wird.
Ein sofortiger Waffenstillstand und die Beendigung des Konflikts sind von entscheidender Bedeutung, um eine ungehinderte, großangelegte humanitäre Hilfe zur Rettung von Menschenleben zu ermöglichen.
IPC-Initiative
Ehe eine Hungersnot erklärt wird, müssen drei Kriterien erfüllt sein: Mindestens 20 Prozent der Haushalte sind von einem extremen Lebensmittelmangel betroffen, mindestens 30 Prozent der Kinder leiden unter akuter Mangelernährung und täglich sterben mindestens zwei Erwachsene oder vier Kinder pro 10.000 Einwohner an Hunger oder aufgrund des Zusammenspiels von Unterernährung und Krankheit.
Israel will Gaza-Bewohner umsiedeln: "Selbst von ehemaligen Militärs" wachse die "Kritik an diesem Vorhaben", so ZDF-Korrespondent Thomas Reichart.
22.08.2025 | 3:03 minIsraels Regierung dementiert IPC-Aussage
Alle drei Kriterien für eine Hungersnot träfen zu, erläuterte Jean-Martin Bauer vom Welternährungsprogramm (WFP) in einem Briefing für Journalisten in Genf. Dagegen teilte das israelische Außenministerium nach der IPC-Veröffentlichung mit:
Es gibt keine Hungersnot in Gaza.
Israelisches Außenministerium
Laut Israels Armee hat die "nächste Phase des Krieges" begonnen. Erste Vororte der Stadt Gaza wurden eingenommen.
21.08.2025 | 1:42 minVerschärfung der Hungerkrise zu erwarten
Von der laut Auswertung derzeitigen Hungersnot ist eine halbe Million Menschen betroffen, wie es hieß. Weitere 54 Prozent der Bevölkerung des Gazastreifens (knapp 1,1 Millionen Menschen) befänden sich in einer Notsituation (Stufe 4), weitere knapp 400.000 Menschen in einer Krisensituation (Stufe 3).
Die Ernährungsunsicherheit werde in den nächsten Wochen weiter zunehmen, so die Prognose. Israel hatte angekündigt, seine Angriffe auf Gaza zu verstärken, um den Druck auf die Hamas zu verstärken, einer Waffenruhe zuzustimmen und die am 7. Oktober 2023 von der Terrororganisation genommenen Geiseln freizulassen.
Die Befreiung der Geiseln könne so nicht funktionieren, sagt Nadav Weiman, ehemaliger israelischer Soldat und NGO-Geschäftsführer "Breaking the silence": "Wir bombardieren Gaza, wir töten Zivilisten".
22.08.2025 | 7:23 minDie IPC-Initiative wurde 2004 gegründet. Mitglieder sind knapp zwei Dutzend Organisationen der Vereinten Nationen sowie Hilfsorganisationen. Sie ist für die Einschätzung von Hungerlagen in aller Welt zuständig. In den vergangenen 15 Jahren wurden nach IPC-Angaben vier Hungersnöte bestätigt: 2011 in Somalia, 2017 und 2020 im Südsudan und zuletzt 2024 im Sudan.