Stimmen aus Israel und Gaza zur Einigung im Friedensplan

Stimmen aus Israel und Gaza:"Die Menschen verdienen es, frei zu sein"

Ninve Ermagan
von Ninve Ermagan
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Zwei Jahre Krieg, Leid und Traumata - und nun ein Hoffnungsschimmer: Israel und Hamas haben ein Abkommen geschlossen. Wie erleben Israelis und Palästinenser diesen Moment?

Palästinenser feiern in Chan Junis im südlichen Gazastreifen nach der Bekanntgabe, dass Israel und die Hamas der ersten Phase eines Friedensplans zur Unterbrechung der Kämpfe zugestimmt haben.

Israel und die Hamas haben am Morgen eine Einigung zur ersten Phase des US-Friedensplans unterzeichnet. Ein Überblick über die wichtigsten Punkte.

09.10.2025 | 0:58 min

Nach zwei Jahren Krieg, Leid und Stillstand haben Israel und die islamistische Hamas ein Abkommen unterzeichnet, das einen Waffenstillstand und die Freilassung von Geiseln vorsieht.

Während Unterhändler über Bedingungen und Zeitpläne verhandeln, reagieren Menschen auf beiden Seiten mit gemischten Gefühlen. Es ist ein Moment zwischen Hoffnung und Skepsis: vorsichtiger Optimismus, Erleichterung - und zugleich Misstrauen und Erschöpfung.

Ihre Stimmen zeigen, wie tief der Wunsch nach Normalität und Frieden sitzt. ZDFheute hat mit Menschen auf beiden Seiten gesprochen.

Vanessa Roth, 26, Strategiemanagerin, Herzliya

Vanessa Roth

Vanessa Roth lebt in Israel und blickt zurückhaltend optimistisch auf das Abkommen.

Quelle: privat

Ich bin vorsichtig optimistisch. Diese Vereinbarung ist seit Beginn des Krieges der erste wirkliche Schritt in die richtige Richtung - und zum ersten Mal spüre ich so etwas wie Hoffnung. Dennoch bleibt es ein vorsichtiger Optimismus, denn wirklich glauben werde ich erst daran, wenn alle Geiseln wieder zu Hause sind. Dann, und erst dann, werden wir in Israel wieder das Leben feiern können.

Einav Zangauker, Mutter der israelischen Geisel Matan Zangauke, die von der Hamas festgehalten wird, feiert auf dem Geiselplatz in Tel Aviv, wo sich Menschen versammeln, um die Ankündigung einer Vereinbarung zwischen Israel und der Hamas über die Umsetzung der ersten Phase des US-Friedensplans für den Gazastreifen zu feiern.

In Israel und Gaza herrschen Jubel und Erleichterung – aber auch Vorsicht. Es wächst die Hoffnung, dass die verbliebenen Geiseln bald freikommen.

09.10.2025 | 2:50 min

Gleichzeitig ist das erst der Anfang vom Ende - die erste Phase eines langen Prozesses. Viele Fragen sind noch offen: Wie geht es in und mit Gaza weiter? Welche Sicherheitsgarantien wird es geben? Und was ist mit unseren Soldaten?

Ich spüre eben auch, wie viel Anspannung, Schmerz und Erschöpfung sich in uns allen angesammelt hat. Ganz Israel ist tief traumatisiert.

Seit zwei Jahren leben wir im Ausnahmezustand - und obwohl wir versuchen, das Beste daraus zu machen, wissen wir, dass all das noch verarbeitet und aufgearbeitet werden muss.

Vanessa Roth

Motasim, 30, Anwalt, Deir El Balah

Motasim

Motasim stammt ursprünglich aus Gaza-Stadt und lebt derzeit in Deir al-Balah. Der Anwalt arbeitet infolge des Kriegs bei der Lebensmittelausgabe der Hilfsorganisation Transaidency.

Quelle: privat

Als ich die Nachricht vom Waffenstillstand hörte, war ich zu Hause und versuchte, die Meldungen über die schwache Internetverbindung unserer lokalen Anbieter zu verfolgen. Manchmal müssen wir auf die Straße gehen oder an höher gelegene Orte, um ein besseres Signal zu bekommen. Ich spürte ein vorübergehendes Gefühl der Erleichterung, als hätte meine Seele nach einer langen Zeit der Anspannung und des Drucks kurz aufatmen können.

Für mich bedeutet eine Waffenruhe die Möglichkeit, durchzuatmen und sich zu sammeln - aber sie bedeutet kein Ende des Leidens.

Motasim

Die Menschen hier blicken mit einer Mischung aus Vorsicht und Hoffnung auf das Abkommen. Alle hoffen, dass es das Leid lindern und die humanitäre Lage verbessern wird.

Thomas Reichart, Golineh Atai und Elmar Theveßen im Schaltgespräch mit der heute

Israel und die Hamas haben sich in Ägypten auf den Friedensplan von Donald Trump geeinigt. Einschätzungen von Thomas Reichart, Golineh Atai und Elmar Theveßen.

09.10.2025 | 3:27 min

Gleichzeitig herrscht Misstrauen, geprägt von den Erfahrungen der Vergangenheit, da solche Vereinbarungen selten von Dauer sind. Man kann sagen, dass die allgemeine Stimmung in Gaza vorsichtig optimistisch ist - in der Hoffnung, dass dieser Waffenstillstand zu einer greifbaren Realität wird, die unser tägliches Leben tatsächlich verändert.

Moumen al-Natour, 29, Rechtsanwalt in Gaza

Moumen al-Natour

Moumen al-Natour ist ein Anwalt aus Gaza.

Quelle: privat

Ich sehe in der aktuellen Vereinbarung zwischen Israel und Hamas eine seltene Chance: Sie könnte nicht nur Geiseln befreien, sondern auch den Beginn einer neuen Zukunft für Gaza markieren. Doch das wird nur möglich sein, wenn Hamas ihre Herrschaft verliert. Solange diese Organisation die Bevölkerung unterdrückt, manipuliert und in Angst hält, kann es in Gaza keinen Frieden geben.

Thomas Reichart im Schaltgespräch mit der heute

Das israelische Kabinett muss der Einigung auf den Friedensplan noch zustimmen. Israel-Korrespondent Thomas Reichart mit einer Einschätzung.

09.10.2025 | 1:24 min

Die Menschen dort verdienen es, frei zu sein - frei von einem Regime, das Gewalt und Kontrolle über ihr Leben ausübt.

Mein Ziel ist nicht Besatzung oder Rache, sondern die Befreiung der Palästinenser von einer Macht, die sie als politische Geiseln benutzt.

Moumen al-Natour

Was Gaza braucht, ist eine verantwortliche Führung, die Rechtsstaatlichkeit, Bildung und wirtschaftliche Perspektiven aufbaut. Der Wandel muss von innen kommen - getragen von Menschen, die bereit sind, Verantwortung zu übernehmen. Nur dann kann Gaza zu einem Ort werden, an dem Hoffnung, Würde und ein echtes Streben nach Frieden möglich sind.

Noa Luft, 30, Marketing-Manager, Tel Aviv

Noa Luft

Das Abkommen sei ein Hoffnungsschimmer, erklärt Noa Luft.

Quelle: privat

Das Allerwichtigste in diesem Moment ist: Alle Geiseln müssen freigelassen werden und der Krieg und das Leid endlich ein Ende finden. Um ehrlich zu sein: Ich kann es noch immer kaum fassen. Und ich wage es nicht, mich zu freuen. Zu oft wurden wir in den vergangenen zwei Jahren enttäuscht.

Würde ich mir jetzt erlauben, Hoffnung zuzulassen, wäre die nächste Enttäuschung kaum auszuhalten. Ich kann erst dann wirklich durchatmen, wenn alle Geiseln, lebendig und tot, wieder zurück auf israelischem Boden sind. Ja, der Deal scheint zum Greifen nah. Und ja, es ist ein Anfang. Es kommt endlich Bewegung in die Lage. Und das ist ein Hoffnungsschimmer.

Golineh Atai im Schaltgespräch it der heute

Auch die Hamas hat in Scharm el-Scheich Friedensplan mit Israel zugestimmt. Golineh Atai berichtet über die Verhandlungen in Ägypten.

09.10.2025 | 1:15 min

Doch noch sind so viele Fragen offen. Die Hamas ist nicht bereit, ihre Waffen niederzulegen. Und Israels rechtsextreme Regierung strebt keine nachhaltige Lösung für Gaza an - sondern setzt auf fortgesetzte Kontrolle.

Noa Luft

Jetzt braucht es diplomatische Weitsicht, echte Verhandlungen, um dieser Region langfristig Stabilität zu bringen. Was ich jedoch in den letzten zwei Jahren wirklich gelernt habe: Die Hoffnung stirbt zuletzt.

Einigung in Nahost
:Israel stimmt Gaza-Abkommen zu

Israel und die Hamas haben nach Angaben von US-Präsident Donald Trump der ersten Phase eines von den USA vorgeschlagenen Abkommens für den Gazastreifen zugestimmt. Mehr im Blog.
Palästinenser feiern am 9. Oktober 2025 in Khan Yunis, nachdem die Nachricht von einem neuen Waffenstillstandsabkommen für Gaza bekannt wurde.
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