Palästina-Anerkennung "mehr als nur Symbolik"

Interview

Politikwissenschaftler Stetter:Palästina-Anerkennung "mehr als nur Symbolik"

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Warum erkennen große westliche Staaten wie Großbritannien jetzt Palästina als Staat an? Im Interview mit ZDFheute live ordnet Experte Stephan Stetter die Hintergründe ein.

Konfliktforscher Stephan Stetter

Politikwissenschaftler Stephan Stetter ordnet in der ZDFheute live noch vor Starmers offizieller Verkündung die geplante Anerkennung Palästinas ein.

21.09.2025 | 11:21 min

Großbritannien, Kanada und Australien erkennen Palästina als eigenständigen Staat an. Was bedeutet der Schritt und welche Folgen könnte er haben?

Der Politikwissenschaftler Stephan Stetter von der Bundeswehr-Universität in München ordnet die Entscheidung bei ZDFheute live ein - noch vor der offiziellen Verkündung der drei Staaten.

Sehen Sie das Video oben und lesen Sie es unten in Auszügen. Das sagt Stephan Stetter zu der Frage ...

... welche Auswirkungen die Anerkennung Palästinas haben könnte

"Da geht es um mehr als um Symbolik", sagt Stephan Stetter. G7-Staaten wie Großbritannien hätten ein anderes Gewicht in der Debatte. "Was wir derzeit vor Ort beobachten können, ist, dass dieser Weg blockiert ist", so Stetter.

Es gehe also vor allem darum aufzuzeigen, dass es einen anderen politischen Weg gebe - mit einem klaren Bekenntnis zur Sicherheit Israels als auch zur Zweistaatenlösung und zu "einer friedlichen Zukunft".

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... warum die Anerkennung ausgerechnet jetzt erfolgt

Zwei Jahre nach dem Terroranschlag der Hamas, angesichts der dramatischen Lage in Gaza sowie der weiter in Hand der Hamas befindlichen Geiseln steige international "die Unruhe gewaltig", so Stetter. "Es muss eine neue Politik her."

Und auch innenpolitisch würde die Polarisierung um den israelisch-palästinensischen Konflikt zunehmen. Der britische Premierminister Keir Starmer, aber auch der französische Präsident Emmanuel Macron kommen zum Schluss, dass die Anerkennung sowohl aus inhaltlichen Gründen als auch aus nationalem Interesse heraus "ein angemessener Schritt ist".

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... welche Rolle die Europäer spielen

Der Konflikt werde "nicht nur auf den Straßen in Europa, sondern auch in den politischen Gremien sehr intensiv diskutiert". In Detailfragen gäbe es unterschiedliche Lager, aber: "Den Weg einer Zweistaatenlösung zu gehen, stimmen die meisten zu."

"Das Problem ist: Europa ist nicht sehr handlungsfähig", erklärt Stetter. Es müsse in außenpolitischen Fragen meistens einstimmig entschieden werden. Deutschland will aktuell zum Beispiel Palästina nicht als eigenen Staat anerkennen. "Deswegen verwundert es uns auch nicht, dass viele dieser Fragen von den Mitgliedstaaten - oder im Falle Großbritanniens eines ehemaligen Mitgliedstaates - behandelt werden und nicht so sehr auf der europäischen Ebene."

Europa wird wichtig sein aufzuzeigen: Israel oder Palästina zu unterstützen ist kein Nullsummenspiel, sondern beides kann Hand in Hand miteinander gehen.

Stephan Stetter, Politikwissenschaftler

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... wie realistisch die Zweistaatenlösung ist

Die Zweistaatenlösung sei "erstmal nicht auf der Tagesordnung, ganz eindeutig nicht". Was man aber im Nahen Osten sieht: Wenn es gemeinsame Bedrohungen gebe, agieren die Staaten auch gemeinsam. Stetter denkt zum Beispiel an Irans Raketenangriff auf Israel, bei dem nicht nur westliche Verbündete, sondern auch Saudi-Arabien oder Jordanien bei der Abwehr der Angriffe geholfen haben. Auf solchen Ansätzen könnte man in der Region aufbauen.

Es brauche eine politische Lösung. Einen Friedensprozess werde es zwar unmittelbar nicht geben, so Stetter. "Aber es muss ein Ende der Kämpfe im Gazastreifen geben. Die Geiseln müssen freikommen."

Es muss eine politische Zukunft skizziert werden für den Gazastreifen, für die Palästinenser, aber ohne die Hamas.

Stephan Stetter, Politikwissenschaftler

Auf dieser Grundlage könnte es in der Zukunft einen Friedensprozess geben. "Wenn in Israel und auf palästinensischer Seite genug Menschen auch wieder an einen solchen Prozess glauben."

Das Interview führt ZDF-Moderatorin Christina v. Ungern-Sternberg. Zusammengefasst hat es Robert Meyer.

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