Ex-Clinton-Berater: Zweistaatenlösung derzeit nicht erreichbar
Konferenz zur falschen Zeit?:Experte: Falsche Akteure für Zweistaatenlösung
von Nicola Albrecht, New York
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Aaron David Miller war viele Jahre Nahost-Berater für die US-Regierung. Mit dem ZDF spricht er darüber, warum eine Zweistaatenlösung derzeit wohl nicht erreichbar ist.
Bei einer UN-Konferenz wird erneut über mögliche Wege zu einer Zweistaatenlösung in Nahost diskutiert. Israel und die USA boykottieren das Treffen.29.07.2025 | 0:45 min
Aaron David Miller kennt die Bemühungen, ein Friedensabkommen zwischen Israel und den Palästinensern zu schließen. Als Nahost-Berater für mehrere US-Administrationen war er auch 2000 in Camp David dabei, als US-Präsident Bill Clinton zusammen mit dem damaligen palästinensischen Führer Yassir Arafat und dem israelischen Ministerpräsidenten Ehud Barak ein Friedensabkommen Realität werden lassen wollte.
Gefragt nach der Chance auf eine Zweistaatenlösung sagt er dem ZDF: "Damals gab es mit Ehud Barak, Yassir Arafat und Bill Clinton drei ernstzunehmende, legitime Akteure für solche Verhandlungen. Und dennoch konnten die Gräben nicht überwunden werden." Die Lage heute? Noch komplexer.
Die humanitäre Situation in Gaza wird immer schlimmer und der Druck auf Israel wächst. Deutschland will mit einer Luftbrücke helfen. ZDFheute live analysiert die Lage vor Ort. 29.07.2025 | 35:56 min
Miller mit großen Zweifeln an zentralen Akteuren
Auf der palästinensischen Seite sehe man eine Führungskrise. Mahmud Abbas, Präsident der Palästinensische Autonomiebehörde, habe weder die Legitimität noch den Rückhalt in der eigenen Bevölkerung. In Israel sei "die rechtsextremste Regierung seit Staatsgründung an der Macht mit einem Ministerpräsidenten, der wegen Korruption vor Gericht steht".
Und in den USA regiert ein Präsident, dessen Aufmerksamkeitsspanne zu kurz für dieses Thema ist, und der auch einfach gar keine Strategie hat.
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Aaron David Miller, Nahost-Analyst
Das erklärt Miller, während bei den Vereinten Nationen in New York eine Zweistaatenkonferenz abgehalten wird. Die Initiative dazu kommt von Frankreich und Saudi-Arabien. "Ich habe nichts gegen die Konferenz," erklärt Miller, "aber sie kommt und geht wie Spuren im Sand, die von den Wellen wieder weggespült werden."
Zu tief seien die Gräben zwischen Israelis und Palästinensern - nach all den Traumata, die sich beide Parteien in den letzten 25 Jahren gegenseitig zugefügt haben, so Miller.
Das ist der Mangel an Vertrauen, an fehlender Zuversicht, die Realitäten vor Ort lassen eine Zweistaatenlösung wie eine Fantasie erscheinen.
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Aaron David Miller, Nahost-Analyst
Deutschland startet eine Luftbrücke für Gaza. Kanzler Merz droht Israel mit Konsequenzen, sollte sich die humanitäre Lage im Kriegsgebiet nicht rasch verbessern.29.07.2025 | 1:53 min
Miller: Kein aufrichtiges Interesse an Konflikt
Hinzu komme, dass der Internationale Staatengemeinschaft ohnehin unfähig und desinteressiert sei, in diesem Konflikt etwas zu bewegen, erläutert er weiter: "Die Internationale Gemeinschaft hat nicht nur den Geschehnissen am 7. Oktober tatenlos zugesehen, sondern auch was Israel in Reaktion darauf getan hat."
Das war schwach und inkompetent.
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Aaron David Miller, Nahost-Analyst
Er übt scharfe Kritik an den sogenannten E3-Staaten: "Und die drei europäischen Länder, die für Israel am bedeutendsten sind, also Großbritannien, Frankreich und Deutschland haben überhaupt nichts gemacht, haben weder Druck auf Israel, noch auf die Hamas und schon gar nicht auf die US- Regierung ausgeübt."
Bundeskanzler Merz machte zuletzt klar, Deutschland bleibe bei dem Kurs gegenüber Israel, erklärt ZDF-Korrespondentin Henriette de Maiziere. Aber die Kritik verschärfe sich. 29.07.2025 | 4:09 min
Miller: Konferenz über Zweitstaatenlösung zu falschem Zeitpunkt
Eine Konferenz zur Zweistaatenlösung würde Aaron Miller gerne erst sehen, wenn der Krieg beendet und einige grundlegende Fragen beantwortet sind.
"Statt eine Debatte über einen möglichen Genozid durch Israel in Gaza zu führen, sollte jetzt darüber gesprochen werden, wie der Krieg zu beenden ist, wer Gaza dann regiert, wer für eine Sicherheitsarchitektur sorgen wird und schließlich auch wer den Wiederaufbau bezahlt."
Was soll mit zwei Millionen Palästinensern geschehen, die auf gerade mal 12 Prozent des ursprünglich schon kleinen und dichtbesiedelten Fleckchen Land zusammengepfercht worden sind?
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Aaron David Miller, Nahost-Analyst
Eine Konferenz wie in New York könne am Ende nur dann nützen, wenn sie politische Horizonte aufzeigt, so Miller. Doch das passe derzeit wohl eher zu einer Wirklichkeit auf einem entfernten Planeten und nicht zur aktuellen Realität hier auf der Erde.
Israels Armee geht seit dem Terrorangriff der Hamas militärisch im Gazastreifen vor - die Verhandlungen in Katar über eine Waffenruhe wurden abgebrochen. Die Entwicklungen im Blog.