Kriegsverbrechen in Gaza?:Anzeige gegen israelischen Soldaten aus Bayern
Hat ein israelischer Soldat aus Bayern in Gaza Unbewaffnete getötet? Das European Center for Constitutional and Human Rights fordert Ermittlungen.
In einem Video belastetet ein Kamerad den Münchner und sich selbst schwer.
09.09.2025 | 12:25 minDie Menschenrechtsorganisation European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) hat bei der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe Strafanzeige gegen einen Münchner eingereicht, der im Gazastreifen mutmaßlich unbewaffnete Zivilisten erschossen haben soll.
Die Anzeige stütze sich auf "umfangreiches Beweismaterial, welches durch Investigativ-Recherchen und durch audiovisuelle Aufnahmen dokumentiert wurde", teilte das ECCHR mit. Die Organisation fordert "die Einleitung völkerstrafrechtlicher Ermittlungen wegen des Verdachts der Begehung von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit".
"Es geht darum, Kriegsverbrecher zu verfolgen"
ZDF frontal und der "Spiegel" hatten zuvor zusammen mit dem britischen "Guardian" und dem Netzwerk "Arab Reporters for Investigative Journalism" über den Fall berichtet.
"Einiges deutet auf ein Kriegsverbrechen hin", sagt der US-Völkerrechtler Tom Dannenbaum. Christoph Safferling, Professor für Internationales Strafrecht und Völkerrecht an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, sieht die Bundesanwaltschaft nun in der Pflicht:
Es geht darum, Kriegsverbrecher zu verfolgen, egal auf welcher Seite sie kämpfen.
Christoph Safferling, Professor für Internationales Strafrecht und Völkerrecht
Israels Militär hat einen gezielten Angriff auf einen Anführer der Hamas im Emirat Katar verübt. Dort wird eigentlich über einen Waffenstillstand verhandelt. ZDFheute live ordnet ein.
09.09.2025 | 24:28 minMutmaßlicher Schütze vermutlich bis heute in München gemeldet
Tatsächlich wurde der Scharfschütze Daniel G. schon vor Monaten zum ersten Mal angezeigt. Die Münchner Staatsanwaltschaft leitete die Strafanzeige, die sich im Kern auf ein bei X veröffentlichtes Video mit Äußerungen eines anderen Scharfschützen stützte, im Januar 2025 an die Bundesanwaltschaft weiter. Die aber legte sie "mangels hinreichenden Anfangsverdachts" kurz darauf zu den Akten.
Der Münchner G. oder sein Kamerad wurden von der Ermittlungsbehörde bisher nicht zu den Vorwürfen befragt. Es gilt die Unschuldsvermutung.
ZDF frontal und der "Spiegel" konnten erstmals die mutmaßlichen Opfer der beiden Scharfschützen identifizieren. Es handelt sich unter anderem um mehrere Männer einer palästinensischen Großfamilie, die Medienberichten zufolge immer wieder im Streit mit der Hamas lag, auch soll es zwischen ihnen und der Hamas zu gewaltsamen Auseinandersetzungen gekommen sein. Weiter fand ZDF frontal heraus, dass Daniel G. noch im März in München gemeldet war - und danach eine Auskunftssperre erwirkt hat.
"Wenn aus Deutschland stammende Personen mutmaßlich an Kriegsverbrechen beteiligt sind, besteht ein klarer Auftrag für die Justiz, zu handeln", sagt ECCHR-Experte Alexander Schwarz.
Deutschland ist völkerrechtlich verpflichtet, solche Taten unabhängig aufzuklären und strafrechtlich zu verfolgen.
Alexander Schwarz, ECCHR-Experte
Bei einem Schusswaffenangriff in Jerusalem wurden am Montag sechs Menschen getötet. Israel kündigt harte Konsequenzen an.
08.09.2025 | 1:39 minAbgeordnete fordern Aufklärung
Auch mehrere Oppositionspolitiker fordern die Einleitung von Ermittlungen. "Es geht um das wichtige Signal an die Opfer und in die Welt hinaus, dass das Völkerstrafrecht für alle gilt", sagt der Grünen-Bundestagsabgeordnete Helge Limburg. Er will das Thema auf die Tagesordnung des Rechtsausschusses im Bundestag setzen. "Die Solidarität mit Israel hat nichts damit zu tun, dass wir deshalb Kriegsverbrechen, von denen wir wissen, dass sie mutmaßlich von deutschen Staatsbürgern begangen wurden, ignorieren könnten oder anders behandeln. Das ist nicht der Anspruch der deutschen Justiz und kann das auch nicht sein."
Deutschland müsse seiner Verantwortung nachkommen und dem Völkerrecht Geltung verschaffen, fordert Linken-Chef Jan van Aken, "unabhängig davon, wer die mutmaßlichen Täter sind". Generell dürfe Rechtsstaatlichkeit nicht vor falscher politischer Rücksichtnahme haltmachen.
Das Schlimmste in einem Krieg ist die Straflosigkeit. Das ermutigt die Armee und auch einzelne Soldaten, Kriegsverbrechen zu begehen.
Jan van Aken, Linken-Chef
Angesichts der Eskalation im Gaza-Streifen setzt die EU-Kommission ihre Unterstützung für Israel aus, berichtet ZDF-Korrespondent Ulf Röller.
10.09.2025 | 1:35 min"No comment" von Israels Militär
Der Münchner Scharfschütze Daniel G. war für das ZDF nicht zu erreichen. Anfragen gingen sowohl an seine Adressen in München und Israel als auch an das israelische Militär mit der Bitte um Weiterleitung. Bis zum Redaktionsschluss gab es keine Antwort. Ein Anwalt untersagte jede weitere Kontaktaufnahme mit Familienangehörigen von Daniel G.
Das israelische Militär antwortete auf wiederholte Nachfrage nur allgemein. In Fällen, in denen der Verdacht auf eine Straftat besteht, werde "eine Untersuchung durch die zuständige Abteilung der Militärpolizei eingeleitet." Zur Frage, ob eine interne Untersuchung eingeleitet worden sei, hieß es: "No comment."