Israels Armee will Zehntausende orthodoxe Juden einberufen

Keine Befreiung von Militärdienst :Israel will Zehntausende Strenggläubige einberufen

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Nach einem Gerichtsurteil sind streng religiöse Juden nicht mehr von der Wehrpflicht ausgenommen. Nun will die israelische Armee 54.000 Einberufungsbefehle verschicken.

 Israelische ultraorthodoxe Juden nehmen an einem Protest gegen die IDF-Einberufung teil.
Viele Ultraorthodoxe Juden empfinden den Militärdienst als Bedrohung ihres frommen Lebensstils.
Quelle: dpa-Bildfunk

Die israelische Armee hat angekündigt, bis Ende des Monats 54.000 Einberufungsbefehle an ultraorthodoxe junge Männer zu verschicken.
Diese würden an Religionsstudenten ergehen, deren Befreiung vom Wehrdienst nicht mehr gelte, weil das zugrundeliegende Gesetz seine Wirkung verloren hat, hieß es in einer Mitteilung der israelischen Streitkräfte.
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Das israelische Militär kämpft nach 21 Monaten Gaza-Krieg und anderen bewaffneten Konflikten in seiner unmittelbaren Nachbarschaft mit Personalproblemen. Wehrpflichtige und Reservisten müssen immer längere Dienstverpflichtungen für Einsätze an der Front hinnehmen.

Ausnahmeregelung für orthodoxe Juden ausgelaufen

Ultraorthodoxe junge Männer, die zumeist in Religionsschulen (Jeschiwas) die Thora studieren, waren in Israel jahrzehntelang von der Wehrpflicht befreit. Diese Ausnahmeregelung lief jedoch im vergangenen Jahr aus.
Der rechts-religiösen israelischen Regierung gelang es bislang nicht, ein neues Gesetz zu verabschieden. Der Oberste Gerichtshof erließ schließlich im Sommer 2024 ein Urteil, wonach ultraorthodoxe Männer zum Wehrdienst einzuziehen sind.
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Streng religiöse Juden sehen Wehrdienst als Bedrohung

Viele ultraorthodoxe Juden empfinden den Militärdienst als Bedrohung ihres frommen Lebensstils, unter anderem weil Frauen und Männer gemeinsam dienen. In den letzten Monaten ausgestellte Einberufungsbefehle ignorierten sie zumeist.
In der israelischen Mehrheitsgesellschaft sorgt das angesichts der Kriege, in die das Land verwickelt ist, für Irritationen. Die rechts-religiöse Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ringt um ein Gesetz, das die Wehrpflicht der Ultraorthodoxen regelt.
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Entwürfe, die ernsthafte Sanktionen vorsehen, weisen die ultrareligiösen Partner in der Regierungskoalition zurück. Sollten solche etwa mit den Stimmen der Oppositionsparteien im Parlament gebilligt werden, drohen die Ultrareligiösen mit dem Bruch der Koalition.
Die Armee will nun auf der Grundlage des Entscheids des Obersten Gerichtshofs eine große Zahl von Religionsschülern ins Militär einberufen. In der Mitteilung vom Sonntag betont das Militär, dass es die Durchsetzung von Maßnahmen gegen Wehrdienstverweigerer und Deserteure verschärfen werde.
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Festnahmen unwahrscheinlich

Es ist aber fraglich, ob das Militär diese Drohung gegenüber den Strenggläubigen wahrzumachen vermag. Schon in den vergangenen zwei Jahren hatte die Armee 23.000 Einberufungsbefehle für sie ausgestellt, nur wenige hundert folgten ihnen. Keiner der Verweigerer wurde festgenommen.
Israelische Medien gehen davon aus, dass es auch im Zuge der neuen Welle von Einberufungsbefehlen nicht zur Festnahme von Verweigerern aus dem Milieu der Religionsschüler kommen wird. Dies würde eine rote Linie für die ultrareligiösen Parteien der Regierungskoalition darstellen.

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