Nahrungsergänzungsmittel im Check:Moringa: Superfood oder überflüssiges Supplement?
von Anja Braunwarth
Moringa, ein Superfood, auf das auch prominente Mediziner schwören - glaubt man Videos auf TikTok. Doch die Clips sind fake. Was steckt wirklich in dem angeblichen Wundermittel?
Sie sollen den Blutdruck senken, den Blutzucker regulieren, die Verdauung fördern und sogar Krebszellen töten, doch Experten sehen Moringa-Produkte kritisch.
23.10.2025 | 4:15 minBekannte Ärzte wie Christian Drosten oder Johannes Wimmer werben auf TikTok vermeintlich für das Nahrungsergänzungsmittel Moringa. Doch die Videos sind gefälscht und wurden mit KI manipuliert.
Tatsächlich soll Moringa zu den nährstoffreichsten Pflanzen zählen und gegen einige Krankheiten helfen. So enthalte es etwa 25-mal so viel Eisen wie Spinat, 17-mal mehr Kalzium als Milch, siebenmal mehr Vitamin C als Orangen plus eine Reihe weiterer wertvoller Inhaltsstoffe. So oder ähnlich werden Moringa-Produkte derzeit im Internet angepriesen.
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25.09.2025 | 7:02 minWas ist Moringa?
Moringa oleifera, auch Meerrettichbaum genannt, ist ursprünglich in Nordindien beheimatet. Sein Beiname stammt daher, dass der Baum viele Senfölglykoside enthält. Sie sorgen dafür, dass die Wurzeln nach Meerrettich riechen und die Blätter einen ähnlichen Geschmack haben.
Praktisch alle Pflanzenteile gelten als nahrhaft und gesund. Sie werden getrocknet und als Tee oder Pulver verkauft. In Deutschland sind die Produkte als Nahrungsergänzungsmittel vorwiegend online erhältlich.
Moringa soll bei Krankheiten helfen
Vor allem die Blätter des Moringabaums enthalten viele Antioxidantien, dazu verschiedene Aminosäuren, mehrfach ungesättigte Fettsäuren und Mineralstoffe. Mit diesen zahlreichen Inhaltsstoffen soll das Superfood angeblich den Blutdruck senken, gestörte Blutzucker- und Cholesterinwerte regulieren, die Verdauung fördern und sogar gegen Krebs wirken - so die Aussagen der Hersteller. Isabel Kreuznacht, Ökotrophologin von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz, warnt davor, darauf zu vertrauen.
Gerade auf Moringa-Produkten ist eine Vielzahl an Aussagen, die gar nicht erlaubt sind.
Isabel Kreuznacht, Ökotrophologin, Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz
Aussagen, die sich auf die Gesundheit beziehen, sogenannte Health Claims, müssen für Nahrungsergänzungsmittel angemeldet und zugelassen werden. Die Prüfung erfolgt durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA). Für Moringa gibt es bislang keinen einzigen zugelassenen Health Claim.
Antioxidantien schützen vor freien Radikalen. Diese Stoffe können durch äußere Einwirkungen wie Zigarettenrauch, Strahlung oder Umweltschadstoffe entstehen. Sie werden aber auch im Körper selbst bei verschiedenen Stoffwechselprozessen gebildet.
Sind zu viele freie Radikale im Körper vorhanden, können sie Schaden anrichten. Mediziner sprechen von oxidativem Stress. Er fördert unter anderem Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Gelenkentzündungen oder Krebs. Zwar produziert der Körper selbst Antioxidantien, um freie Radikale abzufangen, sie können aber auch mit der Nahrung aufgenommen werden. Typische Beispiele dafür sind die Vitamine C und E, Selen oder Beta-Carotin.
Antioxidantien wirken nicht nur positiv. Es gibt Studiendaten, die darauf hinweisen, dass manche den oxidativen Stress auch steigern und sogar das Krebsrisiko erhöhen können.
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25.08.2025 | 8:55 minKeine sicheren Daten für positive Wirkung von Moringa
Aus tierexperimentellen Untersuchungen gibt es Hinweise, dass verschiedene Inhaltsstoffe aus Moringa positiv auf Entzündungen, Schmerzen, den Blutdruck oder das Immunsystem wirken könnten. Wissenschaftlich fundierte Studien am Menschen fehlen, sodass bislang unklar ist, wie die Stoffe aus der Pflanze im Körper genau wirken. Natürliches Obst und Gemüse enthält ebenfalls viele Antioxidantien.
Lieber selbst etwas kochen mit frischem Obst und Gemüse und nicht zu den Ersatzprodukten greifen.
Isabel Kreuznacht, Ökotrophologin
Hinzu kommt, dass in Moringa-Produkten bei Kontrollen immer wieder gefährliche Rückstände gefunden wurden, zum Beispiel krebserregende Pestizide oder Salmonellen.
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11.09.2025 | 5:52 minSchwangeren und Stillenden sowie Menschen mit geschwächtem Immunsystem rät Isabel Kreuznacht grundsätzlich von der Einnahme ab. Wer Medikamente einnimmt, sollte die Einnahme von Moringa mit seinem Arzt absprechen, denn Wechselwirkungen sind möglich, etwa bei Blutzucker- und Cholesterinsenkern, Blutverdünnern oder Schilddrüsenhormonen.
Die Angaben der Hersteller zu den enormen Nährstoffmengen in Moringa-Produkten halten den Überprüfungen durch Experten nicht stand. Zum einen wurden in einigen Untersuchungen weit geringere Mengen gemessen. Zum anderen beziehen sich die Zahlen oft auf Dosen, die weit über der empfohlenen Tagesdosis liegen. Oder es handelt sich um Mengenangaben zu frischen Blättern der Pflanze, die in Deutschland nicht erhältlich sind. Mit frischem Obst und Gemüse lassen sich viele der gewünschten Inhaltsstoffe ebenso reichhaltig aufnehmen.
Moringa in der Krebstherapie
Immer wieder wird auch propagiert, dass Moringa gegen Krebs helfen könnte. Tatsächlich haben manche Extrakte der Pflanze in Zellkulturen zum Untergang von Tumorzellen beigetragen oder deren Wachstum gehemmt. Belege für eine Wirkung im menschlichen Organismus fehlen jedoch, betont Onkologin Jutta Hübner von der Universität Jena.
Es gibt keine Studie bei Patienten, die irgendeinen Nutzen zeigt. Insofern rate ich Patienten dezidiert davon ab.
Jutta Hübner, Professorin für Integrative Onkologie, Universität Jena
Zudem können hochdosierte Antioxidantien-Präparate die Wirksamkeit mancher Krebstherapien abschwächen, warnt die Onkologin. Ihrer Ansicht nach gibt es weder für Gesunde noch für Kranke einen Grund, Moringa-Produkte zu verwenden.
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