Energiepreise im Wahlkampf: Das planen SPD, Union und Co.
Blick in die Wahlprogramme:Wie die Parteien Energiepreise senken wollen
von Karen Grass
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Die deutsche Wirtschaft beklagt sich regelmäßig über hohe Kosten für Energie, auch private Haushalte sind stark belastet. Was sagen die Parteien vor der Bundestagswahl zum Thema?
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Hohe Energiepreise spielen im Wahlkampf eine große Rolle. Wie wollen die Parteien das Problem lösen? Ein Blick in die Programme zur Bundestagswahl für SPD, CDU/CSU, Grüne, FDP, AfD, die Linke und das BSW.
Parteien wollen geringere Steuern
Alle sieben Parteien wollen die Stromsteuer aufs Minimum absenken, das die EU wettbewerbsrechtlich vorgibt. Statt heute 2,05 wären das dann 0,05 Cent je Kilowattstunde. Bislang gilt das nur befristet für energieintensive Betriebe. Die FDP schreibt zur Stromsteuer sogar, man werde sich "auf europäischer Ebene für ihre Abschaffung einsetzen."
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Einen viel größeren Anteil als die Steuer haben an den Stromkosten aber die Netzentgelte: Sie machen je nach Region oft mehr als ein Viertel des Strompreises aus. Alle Parteien wollen die Entgelte deshalb senken, um Betriebe und Haushalte zu entlasten.
So wollen die Parteien die Netzentgelte senken
Die Sozialdemokraten wollen Kosten für den Netzausbau aus einem neuen sogenannten Deutschlandfonds finanzieren.
Er soll vom Bund anfangs mit 100 Milliarden Euro ausgestattet sein.
Die Union will die Senkung der Netzentgelte aus den Einnahmen des CO2-Preises finanzieren, den Bürger beim Heizen und Tanken zahlen.
Der Netzausbau soll verstärkt mit oberirdischen Leitungen stattfinden und somit günstiger werden.
Auch die Grünen wollen einen milliardenschweren “Deutschlandfonds” auflegen.
Konkret versprechen sie, daraus die Netzentgelte für überregionale Übertragungsnetze zu bezahlen.
Auch sie wollen oberirdische Stromkabel aus Kostengründen wieder zum Standard machen.
Die FDP setzt auf mehr Markt und weniger Staat.
Hemmnisse für den Netzausbau sollen beseitigt und Leitungen vor allem kostengünstig über der Erde gebaut werden.
Der Ausbau soll sich strikter am tatsächlichen Bedarf orientieren, um Kosten zu senken.
Die AfD will höhere Netzentgelte verhindern, indem sie den Windkraft-Ausbau stoppt - dann seien auch weniger teure Netze nötig.
Die Partei will die Energienetze in öffentliche Hand holen und so besser kontrollieren.
Energieversorger und internationale Stromhändler sollen an den Kosten für den Stromtransport über Netze beteiligt werden.
Ziel sei, dass Strom möglichst dezentral produziert und verbraucht werde, um Netzbedarfe zu sparen.
Das BSW will mittelfristig die Netze verstaatlichen und so verhindern, dass private Betreiber damit Rendite machen können.
Die Partei will die Netzentgelte dann aufs Minimum reduzieren.
Die Netzentgelte sollen nicht mehr die Stromverbraucher mit ihrer Stromrechnung bezahlen, sondern diese sollen aus Steuergeld finanziert werden.
Smarte Netze sollen beim Stromsparen helfen
Für günstige Energiepreise empfehlen Fachleute smarte Netze und dynamische Tarife. So würde Strom verbraucht, wo er gerade günstig zur Verfügung steht. Die Grünen schreiben dazu, so würden "die Bürger*innen in die Lage versetzt, in Zeiten von viel Wind und Sonne den Strom per Batterie oder Wärmepumpe (...) zu speichern, die Waschmaschine laufen oder das E-Auto laden zu lassen. Damit kann jede und jeder Geld sparen." Auch Union, FDP und BSW wollen das laut Programm vorantreiben.
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So sollen Industrie und Haushalte entlastet werden
Da nicht alle Industriebetriebe die Produktion flexibel ans Stromangebot anpassen können, versprechen einige Parteien staatliche Entlastung. Die SPD will den Kreis der Firmen erweitern, die reduzierte Netzentgelte gewährt bekommen. Die Union will zumindest erreichen, dass Großverbraucher in der Wirtschaft keine zusätzlichen Netzentgelte zahlen müssen, eine weitreichende Reform der Bundesnetzagentur hatte das nämlich ins Auge gefasst. Daneben setzen sich SPD und Grüne dafür ein, dass mehr energieintensive Betriebe von einer Regelung im Rahmen des EU-Emissionshandels profitieren: Dabei werden Firmen Kosten erstattet, die sie sonst für die CO2-Emissionen ihres Energieverbrauchs zahlen müssten.
Die Linke hingegen plädiert dafür, Betriebe bei hohen Energiekosten wenn nötig zeitweise beim Industriestrompreis zu unterstützen - das solle aus dem bestehenden Klima- und Transformationsfonds der Bundesregierung finanziert werden.
So wollen die Parteien ihre Versprechen finanzieren
Die SPD setzt für geplante Investitionen in Bereichen wie Infrastruktur, Energie und Wohnungsbau auf einen neuen "Deutschlandfonds", er soll öffentliche und private Investitionen mobilisieren. Da er mit Darlehen und Beteiligungen an Firmen arbeite, verstoße er nicht gegen die Schuldenbremse, so die Partei.
Mittelfristig will sie die Schuldenbremse reformieren, um "mehr Zukunftsinvestitionen zu ermöglichen".
Allgemein: Die SPD will mehr Steuereinnahmen generieren durch Verschärfungen bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer und die Wiederbelebung der Vermögensteuer für sehr hohe Vermögen. Diese Einnahmen sollten die Bundesländer in Bildung investieren. Auch eine Finanztransaktionssteuer sowie die strengere Besteuerung auf Wertsteigerungen bei Immobilienverkäufen sollen Einnahmen generieren.
Neben den Kosteneinsparungen beim Netzausbau setzt die Union auch auf Anreize für private Investitionen in die Energieinfrastruktur.
Allgemein: Die Union will Subventionen und Ausgaben im Bundeshaushalt auf den Prüfstand stellen, den Staat verschlanken und so Mittel für ihre Vorhaben freisetzen. An der Schuldenbremse hält sie fest.
Die Grünen wollen Investitionen aus dem geplanten "Deutschlandfonds" bezahlen.
Der Fonds soll durch eine Reform der Schuldenbremse möglich werden, für langfristige Investitionen etwa in Infrastruktur, Energiewende, Bildung und Wohnungsbau sollen künftig Kredite aufgenommen werden dürfen.
Private Investitionen etwa in klimafreundliche Energieinfrastruktur will die Partei durch Sustainable Finance Regeln anreizen.
An anderer Stelle wollen die Grünen Mittel freimachen, indem sie klimaschädliche Subventionen abschaffen.
Allgemein: Die Grünen wollen mehr Einnahmen generieren, indem sie Steuerausnahmen bei außerordentlich hohen Erbschaften angehen und Steuerlücken schließen, etwa bei Geschäften wie Cum Ex oder bei Immobiliengeschäften.
Die Liberalen setzen im Energiebereich vor allem auf Kosteneinsparungen.
Allgemein: Die FDP will insgesamt Subventionen zurückfahren und den Staat massiv verschlanken und so Gelder einsparen, um Spielräume etwa für Steuersenkungen wie bei der Stromsteuer oder der Energiesteuer auf Heiz- und Kraftstoffe zu haben.
An der Schuldenbremse hält die FDP fest.
Die AfD setzt im Energiebereich primär auf Kosteneinsparungen. Dazu will sie den CO2-Preis aufs Heizen und Tanken abschaffen, ebenso das "Heizungsgesetz". Auch die EEG-Umlage will sie streichen, diese wird aktuell aus dem Bundeshaushalt bezahlt.
Allgemein: Die Partei will weniger Bürokratie und einen effizienteren Einsatz öffentlicher Mittel. So soll Geld für notwendige Investitionen frei werden; insbesondere Ausgaben für die Klimarettung und "ideologiebasierte" Fördermittel an NGOs sollen gestrichen werden.
An der Schuldenbremse hält die AfD fest.
Den Energiesoli, mit dem Reiche in Energiekrisen günstige Energietarife für andere mitfinanzieren sollen, will die Linke über einen Aufschlag auf die Einkommen-/Lohn-/Kapitalertragsteuer erheben.
Sie will auch Übergewinne am Energiemarkt in Krisenzeiten abschöpfen.
Die Linke will klimaschädliche Subventionen und Ausgaben für Rüstung abbauen, um mehr Geld für ihre Vorhaben freizumachen.
Allgemein: Die Linke will nötige Investitionen wie im Energiebereich von der Schuldenbremse ausnehmen.
Die Linke will durch Änderungen im Steuersystem nach ihrer Berechnung insgesamt rund 240 Milliarden Euro mehr einnehmen, unter anderem durch eine gestaffelte Vermögensteuer oberhalb eines Freibetrags von einer Million Euro, höhere Erbschaft- und Schenkungsteuer mit weniger Ausnahmen für Betriebsvermögen, eine höhere Körperschaftsteuer, eine Finanztransaktionssteuer.
Das BSW setzt im Energiebereich auf Kosteneinsparung durch weniger Auflagen, so will es etwa das "Heizungsgesetz" und den CO2-Preis abschaffen.
Notwendige Investitionen in Infrastruktur wie im Energiebereich will das BSW von der Schuldenbremse ausnehmen.
Allgemein: Daneben soll der Staat verschlankt werden und Mittel unter anderem bei den Ausgaben für Rüstungspolitik eingespart werden.
Steuerlich sollen die meisten Bürger entlastet werden, stattdessen sollen hohe Kapitalerträge und hohe Erben wie Betriebsvermögen strenger besteuert werden.
Das BSW will zudem eine Finanztransaktionssteuer und eine Vermögensteuer für Vermögen ab 25 Millionen Euro.
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Mehrere Parteien fordern Preisaufsicht
Und private Haushalte? Um Härten abzufangen, wollen Grüne, BSW und die Linke sie künftig vor Energiesperren schützen - auch wenn sie ihre Rechnung nicht mehr bezahlen können. Dafür könnte etwa ein Fonds eingerichtet werden, der die Kosten trägt.
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Die Linke will einen Energiesoli, die FDP mehr Markt
Die Partei will außerdem an die Tarifgestaltung heran. Wer durchschnittlich viel Energie verbraucht, soll einen günstigen Sockeltarif bekommen. Wer mehr verbraucht, soll höhere Preise zahlen und so den Sockeltarif querfinanzieren. Zusätzlich soll ein Energiesoli für Reiche Geld für die Pläne bringen. FDP und AfD dagegen setzen eher auf den Markt und wollen Kosten im System senken.
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Auseinander gehen die Vorschläge auch dazu, welche Energieträger günstige Preise bringen: Union, SPD, Grüne und die Linke wollen dafür vor allem die erneuerbaren Energien schnell ausbauen. FDP, AfD und BSW setzen dagegen explizit auch auf fossile Energieträger, insbesondere Gas, um die Preise zu senken.
Karen Grass ist Redakteurin beim ZDF-Magazin WISO.
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Quelle: dpa
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