AfD bekommt wohl Ex-FDP-Saal:SPD und AfD streiten sich um Fraktionssaal
von Nicole Diekmann
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Die AfD hat 151 Abgeordnete im Bundestag, 31 mehr als die SPD. Die SPD behält ihren großen Fraktionssaal, der nach Otto Wels benannt ist. Die AfD bekommt den alten FDP-Raum.
Mit den Zuwächsen der AfD wachsen auch die Probleme der anderen Parteien. Stabile Mehrheitsverhältnisse abseits der AfD zu schaffen, wird immer schwieriger. 20.05.2025 | 6:30 min
3-S-001. Von außen würde niemand vermuten, wie viel Sprengstoff diese Raumnummer in sich birgt. Denn dahinter steckt der Otto-Wels-Saal im Reichstag. Seit dem Umzug der Bundesregierung von Bonn nach Berlin dient er der SPD-Bundestagsfraktion als Sitzungssaal.
Benannt haben ihn die Sozialdemokraten nach ihrem ehemaligen Parteivorsitzenden. Wels hielt 1933 vor der "Machtergreifung" der Nazis die letzte freie Rede im Deutschen Reichstag. Seine Worte "Freiheit und Leben kann man uns nehmen, die Ehre nicht", sind Legende.
Die Organisatoren fordern von der Politik, ein Verbotsverfahren gegen die AfD vor dem Bundesverfassungsgericht einzuleiten. Ein zivilgesellschaftliches Bündnis rief zu Demos auf.11.05.2025 | 2:29 min
AfD verlangt zweitgrößten Saal
Ausgerechnet den nach ihm benannten Saal fordert nun die AfD für sich. Also die Partei, die der Bundesverfassungsschutz für gesichert rechtsextremistisch hält, dies aber bis zu einer Gerichtsentscheidung nicht mehr öffentlich äußern wird.
Die AfD-Fraktion hat sich mit der Bundestagswahl verdoppelt und verfügt nun über 151 Sitze (ein Abgeordneter hat Fraktion und Partei bereits nach und wegen der Hochstufung der AfD zu "gesichert rechtsextremistisch" wieder verlassen).
Die AfD braucht also mehr Platz als vorher. Sie ist jetzt zweitgrößte Partei im Bundestag und verlangt deshalb den zweitgrößten Saal auf der Fraktionsebene. Den Otto-Wels-Saal.
Der frisch für den Bundestag gewählte AfD-Abgeordnete Sieghard Knodel hat die Partei nach ZDF-Informationen wieder verlassen. Er begründet das mit der Verfassungsschutz-Einstufung.
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Die SPD und das Erbe Otto Wels'
Die Zahl der SPD hingegen ist geschrumpft: drittgrößte Partei, nur noch 120 Sitze, 2021 kam sie noch auf 206 Mandate. Trotzdem will sie 3-S-001 behalten. Die AfD soll in den drittgrößten Saal einziehen. Der beherbergte in der vergangenen Legislatur die FDP-Fraktion.
Bis zu ihrem Scheitern bei der Bundestagswahl tagte sie dort mit ihren 92 Abgeordneten. Ziemlich beengt, laut einem Brandschutzgutachten im Auftrag der Bundestagsverwaltung aber regelkonform. So weit zur Bürokratie.
Rein logisch betrachtet, schwer nachvollziehbar. Der ehemalige Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich argumentierte mit dem historischen Erbe Otto Wels’.
Der Verfassungsschutz hat die AfD als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. Dagegen klagte die AfD. Das über 1.100 Seiten lange Gutachten kursiert inzwischen auch im Netz.19.05.2025 | 2:42 min
Warum die SPD nicht umziehen will
Allerdings wäre es auch denkbar, dass die SPD den Namen mitnimmt und einem neuen, kleineren Sitzungssaal gibt. Nun führt der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Dirk Wiese, eine andere Begründung an. Es geht um möglichst reibungsloses Arbeiten mit CDU und CSU, sagt er dem ZDF.
Es sei auch ein guter Grund, dass die Regierungsfraktionen nebeneinander tagten, um kurze Dienstwege für die Absprache zu haben. Jedoch liegen alle Fraktionssäle auf derselben Etage. Vom Otto-Wels-Saal zum Fraktionssaal der Union sind es Luftlinie ein paar Schritte. Von jedem anderen Fraktionssaal sind es nur wenige Schritte mehr. Und - so Wiese weiter:
Die SPD ist nicht groß geschrumpft, die AfD ist nicht exorbitant gestiegen.
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Dirk Wiese, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer
Die AfD kam 2021 auf 83 Sitze, nun stellt sie 151 Abgeordnete.
Die größte Oppositionspartei AfD sei als gesichert rechtsextremistisch eingestuft worden, ohne dass ihr Belege und Beweise vorgelegt wurden, kritisiert der AfD-Vorsitzende Tino Chrupalla. 02.05.2025 | 4:25 min
Entscheidung soll am Donnerstag fallen
Die AfD werde "diesen ehemaligen FDP-Saal nicht akzeptieren", sagt Co-Parteichef Tino Chrupalla. Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der AfD, Bernd Baumann spricht von einem "Abwehrkartell zur Verdrängung der AfD mit Hilfe von Grünen und Linken". Als "Kartellparteien" bezeichnet die AfD alle anderen Parteien.
Am Donnerstag trifft sich der Ältestenrat des Bundestages. Auch dort soll der Streit um 3-S-001 Thema sein - und eine Entscheidung fallen. Sie wird höchstwahrscheinlich zugunsten der SPD ausfallen.
Die AfD hat gegenüber dem ZDF bereits angekündigt, ein in ihrem Auftrag bereits fertiggestelltes Brandschutzgutachten präsentieren zu wollen. Dieses komme zu der Auffassung, dass der ehemalige FDP-Saal zu klein für die AfD-Fraktion sei. Am Ende wird dieser symbolisch so aufgeladene Streit dann wohl zumindest vordergründig auf der Grundlage dröger Papiere entschieden.