Gaza-Krieg: Wie realistisch ist eine neue Waffenruhe?
FAQ
Trump macht Hoffnung:Gaza: Wie realistisch ist eine neue Waffenruhe?
von Nils Metzger
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US-Präsident Trump drängt auf eine neue Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas. Was ist zu den Inhalten des Vorschlags bekannt und woran scheitern die Verhandlungen immer wieder?
Israel ist laut US-Präsident Trump bereit für eine neue 60-tägige Waffenruhe im Gazastreifen. Vermittler aus Ägypten und Katar würden den Vorschlag nun an die Hamas übergeben.02.07.2025 | 0:17 min
Gelingt ein neuer Anlauf für eine Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas? Mit einer kurzen Nachricht in den sozialen Medien machte US-Präsident Donald Trump am Sonntag Hoffnung.
Israel habe den nötigen Voraussetzungen für eine zweimonatige Waffenruhe zugestimmt, schrieb Trump auf seinem Netzwerk Truth Social. In dieser Zeit würden die USA mit allen beteiligten Parteien zusammenarbeiten, um den Krieg zu beenden.
Sind diese Entwicklungen Anlass zu Optimismus? "Die Chancen auf eine temporäre Waffenruhe sind auf jeden Fall gestiegen", betont Peter Lintl, Nahost-Experte bei der Stiftung Wissenschaft und Politik. Zudem hätte Netanjahu zum ersten Mal seit dem Angriff vom 7. Oktober 2023 erklärt, dass Israel seine militärischen Ziele erfüllt habe und nur mehr die Geiseln zurückkehren müssten, so Lintl.
Dazu soll es einen 60 Tage Plan geben, der mindestens einen Teil, vielleicht sogar alle Geiseln zurückbringen soll.
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Peter Lintl, Stiftung Wissenschaft und Politik
Was ist zum Inhalt des Vorschlags bekannt?
Die konkreten Punkte des von Trump erwähnten Vorschlags sind bislang nicht öffentlich bekannt. Offenbar soll er auf zwei Phasen abzielen: Zunächst eine Waffenruhe von 60 Tagen, die dann genutzt werden soll, um über eine dauerhafte Konfliktlösung zu verhandeln.
Israels Ministerpräsident Netanjahu betonte erneut, seine Kriegsziele im Gazastreifen umsetzen zu wollen. Die Geiseln müssten befreit und die islamistische Hamas besiegt werden.30.06.2025 | 0:24 min
In mehreren Schritten vorzugehen, ist ein übliches Vorgehen, um eine gewisse Vertrauensbasis zwischen den verfeindeten Parteien zu ermöglichen. Essenziell und derzeit unklar ist jedoch die Frage, was beide Seiten bereits mit Start von Phase eins umsetzen würden - und welche strittigen Punkte erst im Anschluss ausgehandelt werden müssten.
Die Knackpunkte bleiben, wie bei früheren Verhandlungsinitiativen, unter anderem das Schicksal der Geiseln in den Händen der Hamas - wie viele, wann und wie sie freikommen. Oder die Frage, welche Militärpräsenz Israel in strategisch wichtigen Gebieten wie dem Netzarim-Korridor, der den Gazastreifen teilt, während der Waffenruhe haben darf.
Was sagen die Konfliktparteien zur neuen Entwicklung?
Die israelische Regierung hat die von Trump verkündete Zustimmung bislang nicht offiziell bestätigt. Außenminister Gideon Saar schrieb am Mittwoch auf X lediglich, dass man eine Gelegenheit zur Befreiung der Geiseln nicht verstreichen lassen dürfe.
Ein Hamas-Vertreter äußerte sich am Mittwoch gegenüber der Nachrichtenagentur AP zwar offen für eine Waffenruhe, verknüpfte diese Bereitschaft aber erneut mit der Bedingung, dass die Einigung "klar zu einem vollständigen Ende des Krieges" führen müsse. Zuletzt hatte die Terrororganisation Hamas mehrfach Vorschläge für eine Waffenruhe abgelehnt, die keinen vollständigen Abzug israelischer Kräfte aus dem Gazastreifen umfassten.
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Eine erste Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas von Januar bis März war am Ende der ersten Phase durch Israel gebrochen worden, da sich beide Seiten nach intensiven Verhandlungen in Kernfragen wie Geisel-Freilassung und Israels militärischer Präsenz nicht einigen konnten.
Innenpolitisch stand Premier Benjamin Netanjahu unter Druck seiner rechtsextremen Koalitionspartner, die Bombardierungen fortzusetzen. Diese Faktoren könnten auch bei einer potenziellen neuen Waffenruhe zum Scheitern führen. Polizeiminister Itamar Ben-Gvir und Finanzminister Bezalel Smotrich äußerten zuletzt erneut ihre grundlegende Ablehnung einer Verhandlungslösung.
"Von Teilen der israelischen Regierungskoalition gibt es massiven Widerstand gegen jede Überlegung, dass Israel sich aus dem Gazastreifen wieder zurückzieht und dort etwa eine palästinensische Autonomiebehörde oder ein Technokratenregime einen Wiederaufbau im Nachkriegsgaza einleitet", sagt Lintl. Auf der Gegenseite habe die Hamas bis dato keine Bereitschaft gezeigt, ihre Waffen abzugeben, oder ins Exil zu gehen, um so eine Einigung zu ermöglichen.
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Wie laufen die Verhandlungen nun weiter?
Der weitere Zeitplan mit Blick auf eine Waffenruhe bleibt unklar, ob sie kommt - und wann. Ein Durchbruch noch in dieser Woche scheint eher unwahrscheinlich, auch weil Premier Netanjahu kommende Woche zu Trump in die USA reist.
Dessen öffentliche Äußerungen zum Nahost-Konflikt waren zuletzt - wie für Trump üblich - unstet. Einerseits erhöhte er den verbalen Druck auf die israelische Regierung, einer Einigung zuzustimmen. Gleichzeitig beteiligten sich die USA an den Militärschlägen gegen das iranische Atomprogramm.
Sollte es zu einer Einigung kommen, wäre das insbesondere ein Verdienst von Katar und Ägypten. Es sind die Staaten, die "einen Draht zur Hamas haben", erklärt Experte Lintl. "In Katar sitzen ja auch Politfunktionäre der Hamas", sagt Lintl und ergänzt:
Ägypten ist auch hinsichtlich einer Nachkriegsordnung wichtig, weil sie sicherlich eine Rolle bei Sicherheitsleistungen gegenüber Israel spielen werden.
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Peter Lintl, Stiftung Wissenschaft und Politik
Beide Staaten arbeiten seit Monaten im Hintergrund mit Delegationen beider Konfliktparteien an den Details einer zweiten Waffenruhe - bislang jedoch vergeblich. Trump dankte in seiner Nachricht von Sonntag beiden explizit. Auch bei einem Scheitern des aktuellen Anlaufs dürften sie sich im Anschluss weiter um eine diplomatische Lösung bemühen.
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