Möglicher US-Kriegseintritt: "Iran hat keine guten Optionen"
Möglicher US-Kriegseintritt :Expertin: "Iran hat keine guten Optionen"
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Kommt der US-Kriegseintritt? Eine Expertin hält ihn für möglich – sieht aber noch Spielraum für Diplomatie. Angriffe auf Irans Atomanlagen seien jedoch keine nachhaltige Strategie.
Es müsste auch eine gesichtswahrende Lösung für Iran gefunden werden, erklärt Politikwissenschaftlerin Zamiriad. Dazu gebe es mehrere 20.06.2025 | 17:10 min
Die Lage im Nahen Osten ist so angespannt wie selten: Israel und Iran greifen sich gegenseitig mit Raketen an - und die USA könnten bald militärisch in den Krieg eingreifen. US-Präsident Donald Trump will in den nächsten zwei Wochen entscheiden, ob Amerika aktiv wird.
Für Politikwissenschaftlerin Azadeh Zamirirad von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) ist das mehr als eine bloße Ankündigung:
Das ist das Signal, das nach Teheran gesandt wird, dass alle Optionen auf dem Tisch sind.
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Azadeh Zamirirad, Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP)
Ziel sei, einen Kriegseintritt der USA vielleicht noch abzuwenden - durch Druck auf Teheran.
USA will sich "alle Optionen offenhalten"
Doch Zamirirad warnt davor, zu viel in das Zwei-Wochen-Ultimatum hineinzuinterpretieren: "Wir haben ja solche Fristen schon häufiger gehört." Allerdings waren diese laut der Politikwissenschaftlerin am Ende auch "nicht ausschlaggebend."
Sie sieht in der Ankündigung ein Zeichen dafür, "dass entweder in Washington die Entscheidung schlicht noch nicht gefallen ist oder man sich zumindest alle Optionen offenhalten will".
Trump wolle nicht in diesen Krieg hineingezogen werden, so ZDF-Korrespondent Theveßen. Der US-Präsident wolle vermeiden, innenpolitisch und international unter Druck zu geraten. 20.06.2025 | 10:34 min
Gespräche in Genf - letzte Gelegenheit?
Die Gespräche zwischen Iran und den europäischen Außenministern in Genf könnten entscheidend sein:
Das ist womöglich die letzte Chance, die derzeit besteht, um die nächste Eskalationsstufe in diesem Krieg zu verhindern.
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Azadeh Zamirirad, Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP)
Dass sich Washington und Europa wieder abstimmen, sei "zumindest mal zu begrüßen", denn diese Koordination habe zuletzt gefehlt. Allerdings werde es keine schnelle Lösung geben, mahnt Zamirirad. Dieser Tage sei bestenfalls erstmal mit einem Durchbruch zu rechnen mit Blick auf Deeskalation - aber sicherlich gebe es "keinen Durchbruch mit Blick auf den Atomkonflikt insgesamt".
Die gegenseitigen Angriffe zwischen Israel und Iran gehen weiter. Israelische Kampfjets griffen Raketenanlagen im Iran an. Iranische Geschosse trafen Ziele in Israel. 20.06.2025 | 1:43 min
Expertin: Ohne die USA geht es nicht
Iran macht deutlich: Solange Israel weiter angreift, wird es keine Verhandlungen geben. Dennoch spreche Teheran mit den Europäern, betont Zamirirad. "Es gibt Bemühungen auf beiden Seiten." Europa wolle eine Feuerruhe erreichen, um einen diplomatischen Prozess zu starten.
Doch: "In letzter Instanz hängt es eigentlich von den Amerikanern ab, ob es ihnen gelingt, tatsächlich auch die Israelis dazu zu bewegen, diesen Raum zu schaffen." Europa allein könne das nicht leisten: "Da sind sie auf die Trump-Administration massiv angewiesen."
Laut Zamirirad gibt es noch Spielraum für Diplomatie - etwa über ein internationales Anreicherungskonsortium unter Aufsicht der IAEA. So könne Teheran das Gesicht wahren, ohne auf Anreicherung zu bestehen. Doch die Umsetzung sei komplex.
Angriffe auf Irans Atomanlagen wären aus ihrer Sicht keine nachhaltige Strategie, wie die Vergangenheit zeigte:
Zerstörte Infrastruktur wurde schlicht wieder aufgebaut. Iran hat sein Atomprogramm danach auch noch beschleunigt.
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Azadeh Zamirirad, Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP)
Man müsste "immer und immer wieder Anlagen angreifen", was keine langfristige Lösung biete.
Deutschland, Frankreich und Großbritannien wollen mit dem Iran in Genf über Teherans Atomprogramm sprechen. Das Treffen zeige "im besten Fall Klarheit", berichtet Andreas Kynast.20.06.2025 | 1:09 min
Wie könnte Iran reagieren?
Ein US-Angriff würde laut Zamirirad höchstwahrscheinlich zu Vergeltungsschlägen führen. Iran halte sich derzeit militärisch zurück, um "diese Option noch zu haben für den Fall, dass die Amerikaner ins Kriegsgeschehen eintreten". Möglich seien auch Angriffe über irakische Milizen, die Hisbollah oder Houthi-Rebellen im Roten Meer.
"Iran könnte auch selbst aktiv werden in der Straße von Hormus, um den internationalen Öl-Warnverkehr zu behindern - vielleicht sogar auch für eine Weile vollständig zu blockieren", erklärt die Politikwissenschaftlerin.
Dennoch betont Zamirirad: "Eigentlich hat Teheran keine wirklich guten Optionen." Die Führung stehe vor der Wahl:
Entweder zu substanziellen Konzessionen bereit sein - oder Iran entscheidet sich nun erst recht, Nuklearwaffen zu produzieren.
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Azadeh Zamirirad, Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP)
ZDF-Korrespondent Elmar Theveßen ordnet die Aussage von Donald Trump ein, in zwei Wochen erst zu entscheiden, wie die USA im Krieg Iran-Israel verfahren. 20.06.2025 | 1:47 min
Signale aus Washington widersprüchlich
Zamirirad macht deutlich, dass der Schlüssel in Washington liege: "Ein Knackpunkt wird daran liegen, ob es den Europäern und [...] den Amerikanern gelingt, Iran glaubhaft zu vermitteln, dass nukleare Konzessionen auch tatsächlich mit einem Ende entsprechender Militärschläge aus Israel einhergehen."
Doch die Signale aus den USA seien bislang widersprüchlich: Die Trump-Administration habe sich in den letzten Monaten eher "durch permanente Verwirrung, permanente Änderung von Positionen dargestellt."
Die zentrale Frage sei deshalb aus ihrer Sicht, ob die US-Regierung tatsächlich auf Diplomatie setze - oder auf eine kalkulierte militärische Eskalation, in der Hoffnung, so größere Zugeständnisse Irans zu erzwingen.
Das Interview führte Philip Wortmann. Zusammengefasst hat es ZDFheute-Redakteurin Ninve Ermagan.
Israel greift Iran seit Tagen an und begründet das Vorgehen mit dem iranischen Atomprogramm. Iran reagiert mit Gegenschlägen auf Israel. Alle Entwicklungen im Liveblog.