Update am Abend: Asylpolitik, ein Bruch und ein mildes Urteil

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Update am Abend:Asylpolitik, ein Bruch und ein mildes Urteil

von Nicola Frowein
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ZDFheute Update - Nicola Frowein

Guten Abend,

Einzelentscheidung? Oder ein Grundsatzurteil? Für den Bundesinnenminister scheint das eine klare Sache zu sein. Alexander Dobrindt könnte eine grundsätzliche Ansage in Sachen Asylpolitik jetzt auch wirklich nicht gut gebrauchen. Dabei hatte das Berliner Verwaltungsgerichts die Bundesregierung per "unanfechtbarem" Eilbeschluss verpflichtet, jetzt im Fall von drei Somaliern erstmal zu prüfen, welches Land wirklich für deren Asylantrag zuständig ist. Also alles, wie es der Dublinvertrag vorsieht.
Grenzkontrollen der Bayerischen Grenzpolizei
03.06.2025 | 2:22 min
Ein Einzelfall, winkt Dobrindt symbolisch ab. Von Spielräumen spricht Bundeskanzler Friedrich Merz. Beide wollen an ihrer Politik von Zurückweisungen und verstärkten Kontrollen an deutschen Grenzen festhalten.

Die Spielräume sind nach wie vor da. Wir wissen, dass wir nach wie vor Zurückweisungen vornehmen können.

Friedrich Merz, Bundeskanzler

So optimistisch sieht das Gerald Knaus nicht. Der Migrationsexperte prophezeit im "Stern", dass Schwarz-Rot "alle Fälle, die vor Gericht kommen werden" verlieren werde - "bis hinauf zum Europäischen Gerichtshof." Und auch Asylexperte Daniel Thym von der Uni Konstanz sieht im ZDF dringenden Erklärungsbedarf, warum die Bundesregierung auf eine Ausnahmereglung von europäischen EU-Vereinbarungen pochen.
SPD-Politikerin Sonja Eichwede pocht auf Rechtssicherheit. "Europarecht muss eingehalten werden", sagt sie im Video:.
sonja-eichwede
03.06.2025 | 4:24 min
Während es in Berlin zumindest rechtlich also einige Unsicherheiten gibt, ist bei den niederländischen Nachbarn der Krach über die Migrationspolitik eskaliert. Das Ergebnis ist der Bruch der Regierungskoalition.

Ich habe mich für die härteste Asylpolitik entschieden und nicht für den Untergang der Niederlande.

Geert Wilders, niederländischer Rechtspopulist

Rechtspopulist Geert Wilders kündigte an, seine Partei für die Freiheit (PVV) verlasse das Bündnis, dass aus vier Parteien besteht. Jetzt stehen den Niederlanden Neuwahlen ins Haus. Das teilte der parteilose Ministerpräsident Dick Schoof mit, der erstmal geschäftsführend im Amt bleibt.
Wilders, als Chef der stärksten Partei in der vor einem knappen Jahr angetretenen Regierung, hatte seine Partner mit einem Zehn-Punkte-Plan unter Druck gesetzt. Der sah unter anderem einen Einsatz des Militärs an den Landesgrenzen und die Abweisung aller Asylsuchenden vor.
ZDF-Korrespondent Andreas Stamm mit einer Einordnung:
andreas-stamm
03.06.2025 | 2:51 min
Doch nicht nur die Debatten über die Migrationspolitik in Europa haben heute einen zweiten Blick verdient. Schließlich wurde einer der federführenden Akteure im Cum-Ex-Skandal, dem wohl größten Steuerbetrug in der Geschichte der Bundesrepublik, verurteilt. Der Anwalt Kai-Uwe Steck entging zwar einer Haftstrafe, muss aber Millionen zahlen. Das Landgericht Bonn sah es als erwiesen an, dass der Jurist zwischen 2007 und 2011 einen Steuerschaden von insgesamt 428 Millionen Euro verursacht hatte.
Das Gericht ordnete die Einziehung von 23,6 Millionen Euro an, von denen Steck elf Millionen bereits gezahlt hat. Außerdem erhielt Steck eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten. Das relativ milde Urteil begründete das Gericht mit Stecks Rolle als Kronzeuge, wodurch er zur Aufarbeitung von Cum-Ex wesentlich beigetragen habe.

Ich bitte um Nachsicht, soweit das in einem Strafprozess überhaupt möglich ist. Und um eine zweite Chance. Und wenn das Wort erlaubt ist: Ich bitte auch um Vergebung.

Kai-Uwe Steck, verurteilter Steuerbetrüger und Anwalt

Handelsblatt-Korrespondent Volker Votsmeier nennt das Urteil im Cum-Ex-Prozess bei Phoenix "schwer nachvollziehbar":
Cum-Ex-Prozess: Urteil schwer nachvollziehbar
03.06.2025 | 7:45 min

Was darüber hinaus wichtig ist

Tusk will Vertrauensfrage am 11. Juni stellen: Der Sieg des Nationalkonservativen Nawrocki bei der Präsidentenwahl setzt Polens Regierung unter Druck. Polens Premier kündigt an, am 11. Juni die Vertrauensfrage zu stellen.
Klingbeil: Bei Schwarzarbeit "hart durchgreifen": Wie kann der Staat gegen Schwarzarbeit ankommen? Finanzminister Klingbeil will hart durchgreifen - und dem Zoll mehr Befugnisse geben. Zudem setzt er auf Vernetzung von Behörden.

Was heute im Ukraine-Krieg passiert ist

Ukraine meldet Angriff auf Kertsch-Brücke: Die Ukraine hat offenbar erneut die Kertsch-Brücke angegriffen - diesmal unter Wasser. Geheimagenten sollen Sprengstoff an einem Brückenpfeiler angebracht haben.
Weitere News-Updates zur Lage und zu Reaktionen erhalten Sie jederzeit auch in unserem Liveblog zu Russlands Angriff auf die Ukraine.

Grafik des Tages

Krisenregionen

Der sportliche Tag

Morgen beginnt das Finalturnier der UEFA Nations League - die Spiele in München und Stuttgart bieten die nächste Gelegenheit nach der EM für Fußball-Bundestrainer Julian Nagelsmann, seinen ersten Titel mit der Nationalelf zu holen. Trotz zahlreicher Absagen verletzter Spieler ist die Stimmung im DFB-Team vor dem Auftakt gegen Portugal (Mittwoch, ab 19:25 Uhr live im ZDF) von Zuversicht geprägt:

Weitere Schlagzeilen

News-Updates zur Lage im Nahen Osten erhalten Sie jederzeit in unserem Liveblog zum Nahost-Konflikt.

Ein Lichtblick

"Wir haben eine massives Problem mit Rassismus, wir haben ein massives Problem mit Sexismus und wir haben einen massiven Unwillen, Menschen mit Behinderungen die gleiche Teilhabe zukommen zu lassen." Das sagt Antidiskriminierungsbeauftragte Ferda Ataman mit Blick auf den Jahresbericht 2024. Warum das trotzdem gute Nachrichten sind? Weil sich immer mehr Menschen gegen eine solche Ungleichbehandlung wehren. "Indignez-vous - Empört Euch" forderte UN-Diplomat Stéphane Hessel 2010. Und tatsächlich: Mehr als 11.400 Beratungsanfragen hat die Behörde im vergangenen Jahr registriert - fast dreimal so viele wie noch 2019.

Zahl des Tages

Gründerinnen Gründer
Inmitten der Wirtschaftskrise machen sich wieder mehr Menschen in Deutschland selbstständig. Die Zahl der Existenzgründungen stieg 2024 um 17.000 oder drei Prozent auf 585.000. Das zeigt eine Studie der staatlichen Förderbank KfW. Das Alter der Gründer und Gründerinnen sank auf im Schnitt 34,4 Jahre.

Gesagt

Wenn es eine Fünf-Prozent-Hürde gibt, muss sichergestellt sein, dass nur Parteien nicht im Bundestag vertreten sind, die definitiv nicht von fünf Prozent der Wähler gewählt wurden. Das ist beim BSW mindestens offen.

BSW-Co-Chefin Amira Mohamed Ali

Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) hat in Karlsruhe mit zwei Verfassungsklagen gegen den Bundestag eine Niederlage erlitten. Die Partei war knapp an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert und bezweifelte daraufhin, dass die Ausgestaltung des Bundeswahlrechts rechtmäßig gewesen sei. Das Bundesverfassungsgericht verwarf die Klagen als unzulässig. Das BSW hat inzwischen Einspruch beim Wahlprüfungsausschuss eingelegt.

Streaming-Tipps für den Feierabend

Und dann doch noch mal der Cum-Ex-Skandal. Die Doku rollt den wohl größten Steuerraub der Geschichte auf und wirft einen Blick auf diejenigen, die die Wahrheit ans Licht brachten (ZDF, Doku, 91 Minuten).
Drei runde Bildausschnitte mit drei Personen in einem Interview-Setting vor dem Hintergrund einer stilisierten Skyline.
16.04.2025 | 91:10 min
Mal ehrlich: Wie viel Wahrheit vertragen wir? Wir alle sagen mehrfach am Tag die Unwahrheit. TerraXplore erforscht: Wie wehren wir uns gegen Lügen, Manipulation und Narzissmus? Und welche Lügen sind noch okay? In der neuesten Folge trifft Wissenschaftsjournalist Eric Meyer Katja, die einen krassen Betrug erlebt hat (ZDF, Reportage, TerraXplore, 27 Minuten).
Du sollst nicht lügen – oder doch?
02.06.2025 | 27:00 min
Oder brauchen Sie zum Abschluss des Tages einfach mal nur ein bisschen Musik? In zwei Folgen befasst sich TerraX mit der Geschichte der Musik: mit ihrer emotionalen Wirkung, ihrer Bedeutung für den Menschen, aber auch damit, wie sie gezielt eingesetzt werden kann (ZDF, Terra X, zwei Folgen á 44 Minuten).
Tanzendes Pärchen (Collage)
30.04.2025 | 43:33 min

Genießen Sie Ihren Abend!

Nicola Frowein und das gesamte ZDFheute-Team
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