Polen: Tusk will nach Nawrocki-Sieg Vertrauensfrage stellen
Polens Regierungschef:Donald Tusk nennt Termin für Vertrauensfrage
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Der Sieg des Nationalkonservativen Nawrocki bei der Präsidentenwahl setzt Polens Regierung unter Druck. Premier Tusk kündigt an, am 11. Juni die Vertrauensfrage zu stellen.
Regierungschef Tusk will die Regierungsarbeit fortsetzen und im Parlament die Vertrauensfrage stellen. Grund: Sieger bei der Präsidentschaftswahl ist der rechts-konservative Nawrocki.03.06.2025 | 2:35 min
Polens Regierungschef Donald Tusk wird am 11. Juni im Parlament die Vertrauensfrage stellen. Dies habe er mit dem Parlamentspräsidenten Szymon Holownia vereinbart, sagte Tusk in Warschau. Bereits am Montag hatte Tusk angekündigt, dass er sich dieser Abstimmung stellen wolle.
Er sagte am Montagabend in einer Fernsehansprache:
Der erste Test (für meine Regierung) wird eine Vertrauensabstimmung sein, die ich demnächst im Unterhaus beantragen werde.
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Donald Tusk, polnischer Ministerpräsident
Nach dem Sieg des Rechtsnationalen Nawrocki bei der Präsidentenwahl will Tusk die Vertrauensfrage stellen. Das sei riskant, sagt Kornelia Kończal von der Uni Bielefeld. 02.06.2025 | 3:39 min
Er wolle die Regierungsarbeit fortsetzen und hoffe darauf, mit dem künftigen Präsidenten zusammenarbeiten zu können, fügte Tusk hinzu. Das Datum für die Abstimmung blieb zunächst offen.
Vertrauensfrage nach Wahlsieg von Nawrocki
Der Schritt folgt auf die Niederlage des von Tusk unterstützten proeuropäischen Kandidaten Rafal Trzaskowski bei der Präsidentschaftswahl gegen den nationalkonservativen Politiker Karol Nawrocki. Dieser hatte die Stichwahl am Sonntag mit 50,89 Prozent der Stimmen für sich entscheiden können.
"Diese Koalition hat sich zusammengerauft aus politischen unterschiedlichen Lagern, von konservativ, liberalkonservativ, links, um 2023 die PiS von der Macht zu verdrängen. Sie dürfte alles daran setzen, dass sie an der Regierung bleibt. Sprich: Sie dürfte Tusk eher das Vertrauen aussprechen, weil es ansonsten politischer Selbstmord wäre. Allerdings besteht das Restrisiko, dass die PiS versucht, einzelne konservative Abgeordnete in ihr Lager zu ziehen.
Wenn die Vertrauensfrage klappt, dann dürfte die Regierung neue Gesetzesinitiativen vorschlagen - auch bei drohendem Veto des dann neuen Präsidenten. Bisher hat die Regierung heikle Themen wie Abtreibungsliberalisierung und Justizrückbau auf EU-Standard nicht angefasst.
Insgesamt wird die Regierung eher negativ bewertet, was auch daran liegen dürfte, dass Wähler der eigenen Koalition enttäuscht sind."
Natalie Steger ist ZDF-Korrespondentin in Warschau.
Der knappe Sieg Nawrockis hat Tusks Regierungsbündnis politisch geschwächt, und es stellt sich die Frage, ob seine Koalition bis zum Ende ihrer Amtszeit Ende 2027 überleben kann. Tusks Reformen dürfte Nawrocki wie bereits sein Vorgänger Andrzej Duda blockieren.
Das Mitte-Links-Bündnis unter Regierungschef Tusk verfügt im Parlament nicht über genügend Stimmen, um ein Veto des Präsidenten gegen Gesetzesvorhaben zu überstimmen. Sollte die Regierung die Vertrauensabstimmung überstehen, würde dies zeigen, dass sie immer noch ein Mandat zum Regieren hat.
Mit Karol Nawrocki hat Polen einen rechtsnationalen Historiker zum neuen Präsidenten gewählt. Er dürfte den pro-europäischen Kurs der Regierung Tusk nun verstärkt blockieren.02.06.2025 | 2:40 min
Tusk will PiS-Entscheidungen in Polen rückgängig machen
Tusk führt das Bündnis seit 2023. Wichtigstes Projekt seiner Regierung ist es, die Beschädigungen des Rechtsstaats rückgängig zu machen, die die von 2015 bis 2023 amtierende PiS-Regierung mit ihrer Justizreform ausgelöst hat.
In Polen hat das Staatsoberhaupt mehr Befugnisse als der Bundespräsident in Deutschland. Er repräsentiert das Land nicht nur nach außen. Der Präsident hat auch Einfluss auf die Außenpolitik, er ernennt den Regierungschef sowie das Kabinett und ist im Kriegsfall Oberkommandierender der polnischen Streitkräfte.
"Die Wahl von Nawrocki bedeutet, dass der Blockadekurs vom Präsidenten weitergeht. Tusk, der konservative Ministerpräsident kann seine Agenda nicht durchziehen", sagte Natalie Steger in Warschau.02.06.2025 | 1:28 min