Polens künftiger Präsident Karol Nawrocki ist EU-kritisch und nationalkonservativ. Sein Lebenslauf wirft viele Fragen auf. Nawrockis Positionen im Überblick.
In Polen hat der rechtsnationale Nawrocki die Präsidentschaftswahl für sich entschieden. Bei der Stichwahl konnte er sich knapp gegen den liberalen Trzaskowski durchsetzen.02.06.2025 | 1:20 min
Karol Nawrocki ist zu Polens neuem Präsidenten gewählt worden. Der Nationalkonservative setzte sich in der Stichwahl mit 50,89 Prozent der Stimmen durch und wird voraussichtlich im August in den Präsidentenpalast einziehen. Was ist von ihm zu erwarten?
Historiker und Museumsdirektor
Nawrocki ist politisch ein unbeschriebenes Blatt: Der promovierte Historiker ist Leiter des Instituts für Nationales Gedenken, einer wichtigen Behörde zur Aufarbeitung der kommunistischen und Nazi-Verbrechen gegen das polnische Volk. Die PiS-Regierung machte ihn 2017 zum Direktor des Museums für Zweiten Weltkrieg in Danzig. Dort sollte er dafür sorgen, die Ausstellung und das Konzept mehr in den polnisch-nationalen Kontext zu rücken.
Der 42-Jährige äußerte sich im Wahlkampf stark EU-kritisch, sieht das europäische Projekt als Europa der Nationalstaaten und nicht als föderales Konstrukt. "Wir wollen kein Bundesland der Europäischen Union sein, sondern ein stolzes, über 1000 Jahre altes Polen, mit seinem Erbe und seiner Stimme", sagte er bei einer Wahlkampfveranstaltung in Koszalin. "Wir wollen ein souveränes, ambitioniertes Polen und nicht ein Polen, das auf Brüssel, Berlin und Paris hört." Und weiter:
Als Präsident - ich sage es direkt - Polen zuerst, die Polen zuerst!
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Karol Nawrocki, designierter Präsident Polens
Die Präsidentschaftswahl in Polen gilt als richtungsweisend. Das Thema Sicherheit war das wichtigste Wahlkampfthema. Ursache dafür ist die Angst vor Russland.28.05.2025 | 5:59 min
EU und Deutschland als Feindbild
Er wolle keine "Ideologie in unseren Schulen, in Landwirtschaftsbetrieben, im polnischen Wald". Damit äußerte er Kritik am "Green Deal" der Europäischen Union, den er als Gefahr für die polnische Wettbewerbsfähigkeit sieht - und an den von seinem Gegenkandidaten Trzaskowski in Warschau unterstützten Unterrichtsinhalten an Schulen, die traditionelle Geschlechterrollen aufbrechen sollen.
Nawrocki kündigte zudem an, den europäischen Migrationspakt als seine erste Amtshandlung einseitig aufzukündigen. "Wir wollen hier keine illegalen Migranten", sagte Nawrocki bei einer Wahlkampfveranstaltung. "Polen war so viele Jahre ein Bollwerk der Sicherheit, und das darf sich nicht ändern."
... kann gegen jedes Gesetz, das vom Parlament verabschiedet wird, ein Veto einlegen oder es zur Überprüfung an das Verfassungsgericht verweisen. Damit kann er die Regierungsarbeit blockieren.
... kann auch eigene Gesetzesinitiativen einbringen, sie müssen jedoch von einer Parlamentsmehrheit angenommen werden.
... ist Oberbefehlshaber der polnischen Armee: ernennt Generäle und teilt sich weitere Kompetenzen mit dem Verteidigungsminister.
... repräsentiert den Staat nach außen, ratifiziert internationale Verträge oder kündigt sie auf.
In seinen Reden tauchte immer wieder auch Deutschland als Feindbild auf, das er als treibende Kraft innerhalb der EU sieht. Der Historiker will auf Reparationen für die Schäden im Zweiten Weltkrieg pochen: "Gestern verbeugte sich der Butler und Diener des deutschen Staates, Donald Tusk, wieder einmal vor dem deutschen Kanzler", sagte Nawrocki nach dem Antrittsbesuch von Friedrich Merz bei seinem polnischen Amtskollegen, "und verkündete - ich weiß nicht, in wessen Namen - dass die Frage der Reparationen aus Deutschland erledigt sei. Und ich sage Ihnen, dass das nicht der Fall ist".
Nach seinem ersten Besuch in Frankreich flog der neue Kanzler direkt weiter nach Polen. In Warschau traf er sich mit Ministerpräsident Donald Tusk. 07.05.2025 | 1:29 min
Nawrocki fordert enge Zusammenarbeit mit Trump
Viel näher liegen ihm die USA - oder genauer gesagt die Trump-Regierung. Der US-Präsident empfing Nawrocki jüngst im Oval Office.
X-Post des Weißen Hauses
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Polen sollte eine verbindende Brücke zwischen der EU und den USA sein und nicht an einer "antieuropäischen Rebellion" in Europa teilnehmen, so Nawrocki.
Polen rüstet auf, setzt auf Verteidigung und Abschreckung. Nicht nur das Militär bereitet sich vor, auch die Zivilgesellschaft trainiert für den Ernstfall.16.05.2025 | 21:08 min
Er betonte mehrmals, dass er eine Nato-Mitgliedschaft der Ukraine ablehnt. In einem Interview mit dem in der ersten Wahlrunde ausgeschiedenen Kandidaten Slawomir Mentzen unterschrieb er eine Deklaration, die lautete: "Ich unterschreibe keine Ratifizierung eines Abkommens zur Aufnahme der Ukraine in die Nato."
Eine Liberalisierung des strengen Abtreibungsrechts lehnt er ebenfalls ab. Dieses wurde 2020 während der Regierungszeit der nationalkonservativen PiS verschärft und sieht eine Abtreibung nur noch in zwei Fällen vor: bei Gefahr für Leben und Gesundheit der Mutter oder wenn die Schwangerschaft nach einer Vergewaltigung entstanden ist. "Ich bin für das Leben, vom Beginn an bis zum natürlichen Tod. Ich bin Katholik", betont Nawrocki.
In einem Zentrum in Warschau können Frauen sich unterstützen lassen, die über einen Schwangerschaftsabbruch nachdenken. Das stößt auch auf Widerstand.21.03.2025 | 2:25 min
Nawrockis Vergangenheit als Türsteher und Hooligan
Im Wahlkampf spielte Nawrockis fragwürdige Vita eine große Rolle. Die Liste der Vorwürfe ist lang. So gab Nawrocki im Interview mit Mentzen zu, sich in jüngeren Jahren als Fan des Fußballclubs Lechia Danzig an Hooligan-Schlägereien im offenen Feld beteiligt zu haben. "Wenn es um Formen des edlen Kampfes, des männlichen Nahkampfes geht, dann gab es davon in meinem Leben eine ganze Menge", sagte der ehemalige Boxer.
Ihm werden zudem Bekanntschaften mit lokalen Kriminellen vorgeworfen, Nawrocki soll für einen bekannten Rechtsextremen gebürgt haben. Vor wenigen Tagen haben Journalisten einen Text veröffentlicht, der beschreibt, wie er als Türsteher eines bekannten Hotels an der Ostsee in Sopot Prostituierte an Hotelgäste vermittelt haben soll.
Noch vor der ersten Runde gab es zudem viele Zweifel an der Version von Nawrocki, wie er in den Besitz einer Wohnung eines älteren Herrn gekommen war. Seine politischen Kontrahenten sprachen ihm aus diesen Gründen das moralische Recht ab, das wichtigste Staatsamt in Polen auszuüben.