Wilders lässt Regierung platzen: Neuwahl in den Niederlanden

Wilders lässt Regierung platzen:Niederlande: Neuwahl nach Koalitionsbruch

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In den Niederlanden soll es nach dem Bruch der Regierungskoalition eine Neuwahl geben. Das teilte der parteilose Ministerpräsident Dick Schoof mit.

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Der Rechtspopulist Wilders hat den Rückzug seiner Partei aus dem Regierungsbündnis erklärt – und damit die Koalition platzen lassen. Der Grund ist Uneinigkeit in der Asylpolitik.03.06.2025 | 2:36 min
In den Niederlanden ist die rechtsgerichtete Koalition rund ein Jahr nach ihrer Bildung am Streit über die Asylpolitik gescheitert. "Keine Unterschrift unter unsere Asylpläne. Die PVV verlässt die Koalition", teilte der Rechtspopulist und Vorsitzende der Partei PVV, Geert Wilders, am Dienstag auf X mit.
Nun soll es Neuwahlen geben. Bis dahin würde eine geschäftsführende Regierung die Geschicke der Niederlande leiten. In Umfragen liegt die PVV derzeit mit rund 20 Prozent etwa gleichauf mit dem Bündnis von Grünen und Arbeiterpartei, das derzeit die zweitgrößte Gruppe im Parlament stellt. Im November 2023 hatte Wilders' Partei die Wahl mit einem überraschend großen Vorsprung von 23 Prozent gewonnen. Er selbst gehörte der Regierung nicht an.

Andreas Stamm, Baku
Quelle: ZDF

Für die Niederlande bricht erneut eine Zeit in der politischen Warteschleife an, und die kann sehr lang werden. Selbst bei schnellen Neuwahlen: Die Regierungsbildung bei der vergangenen Wahl hat sieben Monate gedauert. Das trifft auch Europa. Denn die Vierer-Koalition hatte sich als konstruktiver Partner in der EU gezeigt - auch teils zum Unwillen von Geert Wilders. Nach der Wahl in Polen am Wochenende gibt es also einen weiteren Faktor der Instabilität und Unsicherheit in Brüssel.

Welche Chance haben Wilders und die PVV jetzt?

Nach der vergangenen Wahl waren die Umfragewerte für Wilders' Partij voor de Vrijheid (PVV) in nie gekannte Höhen geschossen. Damit verband sich die Hoffnung vieler Niederländer, dass sich beim Thema Migration etwas bewegen könnte. Nun, knapp ein Jahr später, ist die PVV sogar hinter ihr Wahlergebnis zurückgefallen, Kopf an Kopf mit Liberalen und Sozialdemokraten - weil sich eben nichts tut. Was an rechtsstaatlichen Hürden liegt, an EU-Recht, aber auch daran, dass die PVV-Migrationsministerin nicht wirklich überzeugen konnte.

Da liegt es für Wilders auf der Hand, so viele Beobachter, jetzt den Stecker zu ziehen und in einen Richtungswahlkampf zu ziehen - nach dem Motto: "Es braucht noch mehr Wilders in Sachen Einwanderungspolitik", um sich ein noch stärkeres Mandat zu besorgen. Experten zweifeln daran, aber es scheint für Wilders attraktiver, als seine Umfragewerte langsam dahin siechen zu sehen. Eine Flucht nach vorne, bei der er alle potenziellen Koalitionspartner vergrätzen dürfte, die seine Machtoptionen in der Zukunft einschränken - und der beim letzten Mal arg abgestraften politischen Mitte zu einem Comeback verhelfen könnte. 

Andreas Stamm ist ZDF-Korrespondent in Brüssel.

Wilders verzichtete auf Regierungsamt

Die Koalition kam nur dadurch zustande, dass Wilders auf ein Regierungsamt verzichtete. Er habe Ministerpräsident Dick Schoof mitgeteilt, dass alle PVV-Minister aus dem Kabinett austreten würden, erklärte Wilders. Er hatte vergangene Woche ultimativ die Unterstützung eines Zehn-Punkte-Plans gefordert, der die Schließung der Grenzen für alle Asylbewerber, die Rückführung von Flüchtlingen aus Syrien und die Schließung von Unterkünften für Asylbewerber vorsah. Zudem sollten Migranten nach schweren Straftaten ausgewiesen werden.
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Der Rechtspopulist Geert Wilders verlässt im Streit um die Asyl-Politik die niederländische Regierungskoalition. „Wilders hat die Reißleine gezogen“, so ZDF-Korrespondent Andreas Stamm.03.06.2025 | 2:51 min
Die Partner der PVV reagierten mit Unglauben und Wut auf den Bruch der Koalition. "Anstatt sich der Herausforderung zu stellen, zeigt Wilders, dass er nicht bereit ist, Verantwortung zu übernehmen", sagte die Vorsitzende der konservativen Partei VVD, Dilan Yesilgoz. "Es ist unverantwortlich, die Regierung zu diesem Zeitpunkt zu stürzen", erklärte die Chefin der zentristischen Partei NSC, Nicolien van Vroonhoven.
Die Koalition war von Anfang an zerstritten und fand in kaum einer Frage zu einem Konsens. Einer der Schwerpunkte der im Mai 2024 gebildeten Regierung war eine deutliche Verschärfung der Asylpolitik. Ziel war laut Koalitionsvertrag das "strengste Asylregime aller Zeiten". Wilders hatte eine Vier-Parteien-Koalition geschmiedet und angekündigt: "Menschen in Afrika und im Nahen Osten werden sich überlegen, ob sie nicht anderswo vielleicht besser aufgehoben sind."
Schaltgespräch mit ZDF-Korrespondent Andreas Stamm in Brüssel.
Der Rechtspopulist Geert Wilders hat mit seiner Partei die niederländische Regierungskoalition verlassen. Wie es nun weitergeht, schätzt ZDF-Korrespondent Andreas Stamm ein. 03.06.2025 | 2:04 min
Dem umstrittenen Islam-Kritiker war es erst sechs Monate nach seinem Wahlsieg gelungen, Partner zu finden. Die fand die PVV schließlich in der liberal-konservativen Partei VVD des jetzigen Nato-Chefs Mark Rutte, der neuen Mitte-Rechts-Partei NSC sowie der Bauernpartei BBB. In der Asylpolitik geriet die rechtsgerichtete Regierung in Den Haag auch rasch mit der Europäischen Union aneinander.

Rechtspopulistischer Trend in Europa

Vergangenen September beantragte sie eine Ausnahmegenehmigung im EU-Asylsystem GEAS. "Wir müssen unsere Asylpolitik wieder selbst in die Hand nehmen", hatte damals Migrationsministerin Marjolein Faber gefordert. Die Entwicklung in den Niederlanden fügt sich ein in die zunehmende Stärke EU-skeptischer, die Migration ablehnender, rechtspopulistischer Parteien. In Polen gewann am Sonntag der nationalistische Kandidat Karol Nawrocki die Präsidentenwahl mit knappem Vorsprung.
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Erst gestrichene Zahlungen und Asylrecht-Verschärfung, nun führen die Niederlande Grenzkontrollen für ein halbes Jahr wieder ein. Dazu sollen viele Abschiebungen nach Uganda kommen11.12.2024 | 2:00 min
In der Tschechischen Republik führt der euroskeptische Oppositionsführer Andrej Babis die Meinungsumfragen vor der Parlamentswahl im Oktober an. In Rumänien konnte sich dagegen der Bürgermeister von Bukarest, Nicusor Dan, bei der Präsidentenwahl im vergangenen Monat gegen seinen rechtsextremen Rivalen durchsetzen. In Italien regiert seit 2022 Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, deren Partei Fratelli d’Italia als postfaschistisch eingestuft wird.
Netherlands Election
Rechtspopulist Wilders hat es fast geschafft. Nach fast 20 Jahren in der niederländischen Politik ist er, dessen Wahlprogramm sich gegen Muslime und Asylsuchende wendet, seinem Ziel, Regierungschef zu werden, so nahe wie nie zuvor. 23.11.2023 | 3:18 min
Quelle: dpa, reuters

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