1860 München: Investor Ismaik vor Abschied - wie geht es weiter?

Investor Ismaik vor Abschied:Wohin führt der Weg von 1860 München?

von Ralf Lorenzen
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Von den gestrauchelten Traditionsklubs ist 1860 München besonders tief gefallen. Seit Jahren lähmt der Streit mit dem Investor den Verein. Nun hat Hasan Ismaik offenbar genug.

1860 MÜnchen - Bolzplatz
Ein Verein zwischen Kult und Chaos: Der frühere Deutsche Meister 1860 München ist tief gefallen. Nun will der umstrittene Investor Hasan Ismaik seine Anteile verkaufen. Wie geht es weiter?01.05.2025 | 14:06 min
Am 1. Mai fand in München die Trauerfeier für Werner Lorant statt, den früheren Kulttrainer des TSV 1860. In den zahlreichen Rückblicken auf sein Leben blitzte in den letzten Tagen auch immer wieder die ruhmreiche Vergangenheit der Löwen auf. Das ist in diesem Fall mehr als nur Nostalgie. Denn die erfolgreichste Saison der 60er unter Lorant war zugleich ein Kipppunkt in der Geschichte des Klubs.

Arena-Beteiligung als Kostenfalle für die Löwen

"Ich weiß es noch wie heute, 27. November 1999, Thomas Riedl, 85. Minute, 1:0", erinnert sich Oliver Griss vom Fanportal "Die blaue 24" in der Sendung Bolzplatz. "Nach 22 Jahren wieder ein Derbysieg für den TSV 1860 München gegen den FC Bayern." In der Rückrunde wurde der Lokalrivale erneut besiegt und die Löwen erreichten als Tabellenvierter die Qualifikation für die Champions League.
"Sportlich und emotional waren die Löwen oben auf, doch dann kam die Allianz Arena, die 1860 gemeinsam mit dem FC Bayern erbauen ließ", sagt Bolzplatz-Moderatorin Lili Engels. "Ein Stadion, das den Aufstieg des Klubs symbolisieren sollte, spätestens 2004 mit dem Abstieg in die 2. Bundesliga, aber eine Nummer zu groß und finanziell nicht mehr zu stemmen war."
Teaserbild für Doku "Spiel um Milliarden".
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Ismaik bringt Geld, aber keine Kompetenz

Eine erneute Abwärtsspirale setzte ein, die 2011 fast in die Insolvenz geführt hätte - wenn nicht der jordanische Geschäftsmann Hasan Ismaik eingestiegen wäre. Der brachte frisches Geld mit, aber weder sportliche Kompetenz noch Kenntnis der deutschen Fußballkultur. Auch die sogenannte 50+1-Regel hat der Investor offenbar nie richtig verstanden.
"Ich gebe mir die Schuld, dass ich, bevor ich gekauft habe, 1860 nicht richtig verstanden habe - die Kultur, die Geschichte des Klubs, die 50+1-Regel“, räumte Ismaik selbst ein. Die Folge waren fortwährende Machtkämpfe im Klub inklusive 13 Geschäftsführern in 14 Jahren.
Hasan Ismaik
Hasan Ismaik ist seit 2011 der Investor bei 1860 München.
Quelle: dpa

1860 München macht jedes Jahr Verlust

Nachdem der TSV 2017 mit dem teuersten Kader der zweiten Liga abgestiegen war, wollte Ismaik die für die Lizenz der 3. Liga notwendigen elf Millionen Euro nicht zahlen, was den Zwangsabstieg in die Viertklassigkeit bedeutete. Seit dem direkten Wiederaufstieg schleppt der Verein ein strukturelles Defizit von zwei Millionen Euro im Jahr mit sich herum.
"Ohne irgendeinen Zuschuss können sie nicht überleben", sagt Markus Schäflein von der "Süddeutschen Zeitung" im Bolzplatz. "Sie sind nach wie vor ein defizitärer Betrieb, was verschiedene Gründe hat, unter anderem natürlich auch die Erlössituation aus dem Stadion."
Regionalliga - Bolzplatz
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Der ewige Streit um ein neues Stadion

Klar ist: Ohne ein größeres Stadion wird sich die Einnahme-Situation, nicht verbessern. Das sieht auch Ismaik so und machte im Februar Pläne für einen großen Neubau öffentlich.
"Dass das Ganze öffentlich passiert, deutet für mich in den Gesamtkontext in den letzten 14 Jahren auch darauf hin, dass es jetzt nicht kurz vor einem Abschluss steht", sagt der Vorsitzende des TSV-Verwaltungsrats, Sascha Königsberg. Große Teile des Fanumfelds wollen sowieso nicht aus Giesing heraus und favorisieren - wie der Verein - einen Ausbau des städtischen Stadions an der Grünwalder Straße.

Ismaik will seine Anteile verkaufen

Vor 14 Tagen kam dann die nächste Wendung: "Ich denke, 1860 braucht jemand Neues, sie brauchen Hasan nicht. Wenn ich bleibe, wird dieser Klub so bleiben, wie er ist", sagte Ismaik im Bayerischen Rundfunk.
Der Preis, den er für den Verkauf seiner Anteile in den Raum stellt, erscheint Branchenexperten allerdings völlig unrealistisch. Entsprechend schwierig dürfte es werden, einen neuen potenziellen Geldgeber zu finden.

Leichter Aufwärtstrend an der Grünwalder Straße

Immerhin etwas Hoffnung macht die jüngste sportliche Entwicklung. So kehrt zur neuen Saison der frühere Nationalspieler Kevin Volland zu seinem Heimatklub zurück. Auch die aktuellen Leistungen unter dem neuen Coach Patrick Glöckner machen Mut.
Der Vertrag des Trainers läuft mit Saisonende allerdings aus. Wie es weitergeht, ist aktuell offen - wie so vieles beim tief gefallenen Traditionsverein aus München Giesing.

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Quelle: Reuters

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