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Debatte über Nato-Ziel:Was Wadephul mit seinem Vorstoß bewirken will
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Mit seiner Äußerung zu einem möglichen Fünf-Prozent-Ziel der Nato hat Außenminister Johann Wadephul für Aufregung gesorgt. Er erzeugt bewusst Druck - außen- und innenpolitisch.
Johann Wadephul gilt eigentlich nicht als Scharfmacher. Der erfahrene Außenpolitiker der Union, der seit letzter Woche neuer deutscher Außenminister ist, wägt seine Worte sonst sehr ab. Er bemüht sich, unnötige Schärfe zu vermeiden, auch weil er weiß, dass es in der Außenpolitik auf Diplomatie ankommt. Dazu passen harte Ansagen kaum.
Mit seiner Zustimmung zur Forderung des US-Präsidenten, künftig fünf Prozent der Wirtschaftsleistung für Verteidigung auszugeben, bricht er mit seiner selbstauferlegten Rolle des Diplomaten. "Wir folgen ihm da", sagte Wadephul in Richtung Donald Trump beim Treffen der Nato-Außenminister im türkischen Antalya und deutete damit an, dass Deutschland seine Ausgaben, die man der Verteidigung zurechnen kann, auf über 200 Milliarden steigern könnte.
Auftrag des Kanzlers
Wadephul erfüllt damit einen Auftrag des neuen Kanzlers Friedrich Merz. Deutschland soll nicht nur in Europa, sondern auch im Kreis der Nato eine Führungsrolle einnehmen. Dass dazu eine in der Koalition bisher unabgestimmte Finanzzusage gehört, hat so manchen im In- und Ausland überrascht.
Die SPD-Seite um Finanzminister Lars Klingbeil reagiert zurückhaltend. Im Koalitionsvertrag sei die Einhaltung von Fähigkeitszielen der Nato verabredet. Diese würden aber in der Nato getroffen und Deutschland werde sich dann "an diese Verabredung halten".
Und auch Verteidigungsminister Boris Pistorius zeigt sich schmallippig:
Entscheidend ist weniger die Prozentzahl. Entscheidend ist, dass die Nato-Fähigkeitsziele (...) schnell, umfassend und zeitgerecht erfüllt werden.
Boris Pistorius (SPD), Verteidigungsminister
Das könnten aber durchaus drei Prozent und mehr vom Bruttoinlandsprodukt (BIP) werden, so Pistorius.
5 Prozent = 3,5 + 1,5
Wadephuls undiplomatische Ansage, die auf eine Idee von Nato-Generalsekretär Mark Rutte zurückgeht, hat offensichtlich vor allem eine kommunikative Schwäche. Längst ist ausgemacht, dass die Verteidigungsausgaben im Bündnis drastisch steigen werden. Das stellt auch keiner in Frage.
Rutte hatte, um Trumps Fünf-Prozent-Forderung entgegenzukommen, diese Zahl zerlegt. 3,5 Prozent für Militärausgaben und 1,5 Prozent für Ausgaben in die Infrastrukturen, die im Ernstfall auch militärisch genutzt werden könnten. So würde künftig jede Ausgabe für Brücken oder Straßen auf das Nato-Ziel angerechnet.
Das allerdings hat Wadephul bei seiner Kurzaussage in Antalya nicht gesagt - oder einfach nur vergessen. Sein Chef, Kanzler Merz, versuchte dann auch am Donnerstagabend, den kommunikativen Gau abzuwenden. In der ZDF-Sendung "maybrit illner" sagte er, die BIP-Zahlen seien eine "Hilfskonstruktion, um mal Richtwerte zu haben, in welche Richtung wir denn mit der Ausrüstung der Streitkräfte gehen".
Neuer Druck in Europa
Dass diese neue Rolle und die neue Positionierung der deutschen Regierung aber auch Druck auf die europäischen Nachbarn ausübt, wird bisher wenig betrachtet. Mark Rutte wies am Donnerstag darauf hin, dass es "noch acht Mitglieder gibt", die das fest vereinbarte Ziel von zwei Prozent "nicht erreichen".
Und so macht der deutsche Vorstoß vor allem deutlich, dass je weiter sich ein Land von der europäischen Ostgrenze entfernt befindet, die militärischen Anstrengungen stärker oder weniger stark in den Blick genommen werden.
Stand heute investiert Polen über vier Prozent seines Wirtschaftswachstums in Verteidigung, Spanien dagegen nur knapp über ein Prozent. Deutschland rangiert mit 2,1 Prozent im Mittelfeld. Die Unterstützung des Nato-Chefs ist Deutschland mit der Wadephul-Initiative jedenfalls sicher. Berlin übernehme "hier wirklich Führung", so Rutte.
Mathis Feldhoff ist Korrespondent im ZDF-Hauptstadtstudio Berlin.
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