Erhöhung der Militärausgaben:Stegner zu Wadephul-Vorstoß: "Glatter Irrsinn"
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Wadephuls Forderung nach einer Erhöhung der Militärausgaben auf fünf Prozent stößt auf Kritik. Dies sei "glatter Irrsinn", sagt SPD-Politiker Stegner. Die Grünen nennen sie "naiv".
SPD-Außenpolitiker Ralf Stegner bezeichnet die Forderung von Minister Wadepuhl als "glatten Irrsinn" (hier im Video ab Minute 5:27).16.05.2025 | 6:22 min
SPD-Außenpolitiker Ralf Stegner bezweifelt, dass die Forderung von Außenminister Johann Wadephul (CDU) nach einer Erhöhung der Verteidigungsausgaben auf bis zu fünf Prozent der Wirtschaftsleistung realistisch ist.
"Wir geben schon recht viel Geld aus für Rüstung", sagte Stegner im ZDF-Morgenmagazin. "Wir müssen mehr tun für die Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit der Bundeswehr, das ist völlig klar", so Stegner.
Aber wenn wir über fünf Prozent reden: das sind 225 Milliarden Euro jedes Jahr - das ist ja glatter Irrsinn.
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SPD-Außenpolitiker Ralf Stegner
"Wir haben doch nicht zuwenig Waffen in der Welt, sondern wir haben zuwenig Ressourcen, um die eigentlichen Probleme wie Bürgerkriege, Hunger, Armut, Umweltzerstörung anzugehen", sagte Stegner im ZDF weiter.
Seit sich Außenminister Johann Wadephul (CDU) hinter die Forderung von US-Präsident Donald Trump nach einer massiven Erhöhung der Verteidigungsausgaben auf fünf Prozent der Wirtschaftsleistung gestellt hat, wird über die Zahl debattiert. Doch was würde es Deutschland kosten, fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auszugeben?
Nach Angaben von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) würde jeder Prozentpunkt mehr für Deutschland derzeit ungefähr ein Plus von 45 Milliarden Euro an Verteidigungsausgaben bedeuten. Bei fünf Prozent wären derzeit Ausgaben in Höhe von 225 Milliarden Euro pro Jahr notwendig. Zur Einordnung: Die gesamten Ausgaben des Bundeshaushalts beliefen sich im vergangenen Jahr auf rund 466 Milliarden Euro.
Als mögliche Frist für die Erfüllung eines neuen Ziels für die Verteidigungsausgaben gilt das Jahr 2032. Geheimdienste gehen davon aus, dass Russland spätestens im nächsten Jahrzehnt in der Lage sein dürfte, in Europa einen weiteren Krieg zu beginnen.
Quelle: dpa
Klingbeil und Pistorius verweisen auf Nato-Ziele
Zuvor hatten auch die SPD-Minister Klingbeil und Pistorius kritische Töne angeschlagen. SPD-Chef Lars Klingbeil betonte in Berlin, im Koalitionsvertrag sei verabredet, dass man sich an die Nato-Fähigkeitsziele halten werde. Die Entscheidung darüber werde auf dem Nato-Gipfel getroffen. "Und dann wird sich Deutschland an diese Verabredung halten", so der neue Finanzminister. Er rate jedem in der Koalition, sich am Koalitionsvertrag zu orientieren.
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) sagte am Abend: "Entscheidend ist weniger die Prozentzahl. Entscheidend ist, dass die Nato-Fähigkeitsziele, die dann auch festgelegt werden, schnell, umfassend und zeitgerecht erfüllt werden." Natürlich werde am Ende über drei Prozent oder mehr geredet.
Außenminister Wadephul sagt, Deutschland unterstütze die USA in ihrem Vorhaben, die Verteidigungsausgaben der Nato-Partner auf fünf Prozent ihrer Wirtschaftsleistung zu erhöhen.15.05.2025 | 0:26 min
Grüne nennen Wadephuls Vorstoß "naiv"
Auch bei der Opposition stößt die Forderung von Wadephul auf Kritik. Die Grünen warnen vor einer Anbiederung an US-Präsident Donald Trump und verlangen zunächst eine solide Planung auf Basis der Pläne, die auf dem Nato-Gipfel im Juni beschlossen werden sollen.
Grünen-Fraktionsvize Agnieszka Brugger sagte der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten":
Es wirkt etwas naiv, wenn Außenminister Wadephul denkt, er könne sich bei Präsident Trump anbiedern, indem er unseriös und jenseits des Koalitionsvertrages möglichst große Zahlen in den Raum wirft.
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Agnieszka Brugger, Grünen-Fraktionsvize
"Stattdessen braucht es eine solide Planung basierend auf den modernisierten Verteidigungsplänen der Nato, die in ein paar Wochen auf dem Gipfel beschlossen werden", sagte Brugger weiter.
Nato-Länder, die Zwei-Prozent-Ziel erreichen
ZDFheute Infografik
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Auch die Linke übt scharfe Kritik an Wadephul. Parteichef Jan van Aken sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND):
Das ist totaler Wahnsinn, wer soll das denn bezahlen? Selbst wenn man dafür die Schuldenbremse aussetzt - irgendwann muss das jemand bezahlen.
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Jan van Aken, Linken-Chef
Für eine reine EU- und Landesverteidigung "brauche es das viele Geld nicht", so van Aken. Und es wäre "der Gipfel der Ungerechtigkeit", wenn am Ende kein Geld für Pflege, Bildung und Straßen da sei und ausgerechnet die Ärmsten dafür zahlen müssten, dass Wadephul die Forderungen Trumps umsetze.
70 Jahre NATO-Mitgliedschaft: Deutschland steht vor neuen Aufgaben – Verteidigung stärken, Führungsrolle in Europa annehmen, Präsenz an der Ostflanke zeigen.28.04.2025 | 3:11 min
Merz bremst Debatte bei "illner" aus
Bundeskanzler Friedrich Merz versuchte am Abend, die Debatte zu bremsen. "Diese Diskussion um Prozentzahlen vom BIP, das ist eine Hilfskonstruktion, um mal Richtwerte zu haben, in welche Richtung wir denn mit der Aufrüstung der Streitkräfte gehen", sagte der CDU-Chef in der ZDF-Talksendung "Maybrit Illner".
Stattdessen sollte es seiner Meinung nach mehr um die konkreten militärischen Fähigkeiten gehen: "Wir müssen die Fähigkeit entwickeln, den europäischen Kontinent aus eigener Kraft heraus verteidigen zu können."
Wir müssen die Fähigkeit entwickeln, den europäischen Kontinent aus eigener Kraft heraus verteidigen zu können.
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Ralf Stegner
Auf die Fünf-Prozent-Forderung Trumps ging Merz nicht ein, auch nicht auf Wadephul.
Derzeit sieht das Nato-Ziel für die Verteidigungsausgaben jährliche Ausgaben in Höhe von mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts vor. Deutschland erreichte es 2024 knapp - Staaten wie Italien, Spanien, Belgien und Luxemburg waren bis zuletzt aber noch weit davon entfernt.
Trump fordert Militärausgaben der Nato-Länder von fünf Prozent ihrer Wirtschaftsleistung, jetzt ist auch Deutschland dafür. Wo soll das Geld herkommen und wo wird es gebraucht?