Israel: Netanjahu verliert weiteren Regierungspartner

Mehrheit im Parlament bedroht:Netanjahu verliert weiteren Regierungspartner

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Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat einen weiteren Partner seiner Koalition verloren. Erneut ging es dabei um den Streit um die Wehrpflicht für ultraorthodoxe Männer.

Benjamin Netanjahu
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu muss um seine Mehrheit im Parlament fürchten.
Quelle: AP

Im Streit um die Wehrpflicht für streng religiöse Männer in Israel hat Ministerpräsident Benjamin Netanjahu einen weiteren Regierungspartner verloren. Die ultraorthodoxe Schas-Partei teilte nach Angaben israelischer Medien mit, sie gebe alle ihre Posten in der Regierung auf, schließe sich im Parlament aber nicht der Opposition an. Was das für Netanjahus Mehrheit bedeutet, war zunächst unklar.
Oppositionsführer Jair Lapid teilte mit, Israel habe nun eine Minderheitsregierung. Auch einige Medien sprachen davon, dass Netanjahus Regierung die Mehrheit im Parlament verloren habe.

Widersprüchliche Berichte über Koalitionsaustritt

Die Nachrichtenseite "ynet" meldete hingegen, die Schas-Partei werde sich im Parlament nicht vollständig von den Regierungsfraktionen lossagen. Inklusive der ultraorthodoxen Schas-Partei, die elf Mandate hat, würde die Regierung damit weiter über eine Mehrheit von 61 der 120 Sitze im Parlament verfügen.
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Die "Times of Israel" erklärte dies damit, dass die Schas-Partei nicht die Koalition verlassen habe - anders als kürzlich das Bündnis Vereinigtes Thora-Judentum.
Die ultraorthodoxen Parteien wollen mit ihren Entscheidungen Druck ausüben, damit die Regierung ein neues Gesetz auf den Weg bringt, das streng religiösen Männern Ausnahmen bei der Wehrpflicht gewährt.

Ultraorthodoxe wollen Regierung wohl nicht stürzen

Netanjahu dürfte jetzt zunächst die Ende Juli beginnende und drei Monate lange Sommerpause des Parlaments nutzen, um die Krise mit den ultraorthodoxen Parteien zu lösen. Sollte es einen für sie akzeptablen Kompromiss über einen Gesetzentwurf zur Wehrpflicht geben, könnten sie dann wieder in die Regierungskoalition eintreten. Dieses Szenario gilt als wahrscheinlich.
Sollte es keine Einigung geben, könnte die Koalition aber auch versuchen, als Minderheitsregierung an der Macht zu bleiben. Israelische Medien zufolge beabsichtigen die beiden ultraorthodoxen Parteien derweil nicht, die Regierung zu stürzen.
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Im Juni war die Opposition bei dem Versuch gescheitert, durch eine Auflösung des Parlaments eine Neuwahl zu erzwingen. Mitglieder der streng religiösen Parteien in der Regierung wollten den Vorstoß Medien zufolge eigentlich unterstützen, sprangen jedoch in letzter Minute ab. Die ultraorthodoxen Parteien befürchten, dass eine neue Regierung ihren Interessen noch viel weniger entgegenkommen könnte, wie die "Haaretz" berichtete.

Strenggläubige seit 2024 zum Wehrdienst verpflichtet

Streng religiöse Männer waren in Israel jahrzehntelang von der Wehrpflicht befreit. Diese Ausnahmeregelung lief jedoch im vergangenen Jahr aus. Der Regierung gelang es nicht, ein neues Gesetz zu verabschieden, um diesen Sonderstatus für die Ultraorthodoxen zu zementieren. Der Oberste Gerichtshof erließ schließlich im Sommer 2024 ein Urteil, wonach ultraorthodoxe Männer zum Wehrdienst einzuziehen sind.
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Viele ultraorthodoxe Juden empfinden den Militärdienst als Bedrohung ihres frommen Lebensstils, unter anderem weil Frauen und Männer gemeinsam dienen. Berichten zufolge ignorieren die meisten Betroffenen bislang von der Armee ausgestellte Einberufungsbescheide.
Die Armee hatte aber angesichts des langen Kriegs gegen die islamistische Hamas im Gazastreifen eindringlich vor einem drastischen Mangel an kampffähigen Soldaten gewarnt. Zudem empfinden es viele Israelis als ungerecht, dass ultraorthodoxe Juden vom Dienst an der Waffe und gefährlichen Kampfeinsätzen ausgenommen sind.

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