Merz in der Ukraine: "Sehr konkrete diplomatische Initiative"
Interview
Kanzler nach Besuch in Kiew:Merz: "Größte diplomatische Initiative"
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Friedrich Merz wirbt in Kiew gemeinsam mit den E4-Staaten und der Ukraine für einen Waffenstillstand mit Russland. Ein Durchbruch oder reine Symbolik? Der Kanzler im ZDF-Interview.
„Dies ist die größte diplomatische Initiative, die es in den letzten Monaten - wenn nicht Jahren - gegeben hat“, sagt Kanzler Merz (CDU) in Kiew.10.05.2025 | 6:59 min
Erst seit wenigen Tagen ist Friedrich Merz (CDU) Kanzler der Bundesrepublik Deutschland. Noch in seiner ersten Woche im Amt reiste er nun in die Ukraine. An seiner Seite: die Staats- und Regierungschefs von Frankreich, Emmanuel Macron, von Großbritannien, Keir Starmer, und von Polen, Donald Tusk. Ihre Mission: Nicht weniger als der Frieden in dem von Russland angegriffenen Land.
Nach dem Treffen steht die gemeinsame Forderung der sogenannten E4 und der Ukraine nach einem 30-tägigen Waffenstillstand. Ob Russland dazu bereit ist: Das ist mehr als unklar.
Was bleibt also von der ersten Reise des Kanzlers in die Ukraine? Im heute journal spricht er über die Chance auf Frieden, Druckmittel gegen Moskau, ein Telefonat mit Wladimir Putin und das Gefühl, mit dem er aus Kiew zurückkehrt.
Bundeskanzler Friedrich Merz ist mit drei weiteren europäischen Regierungschefs nach Kiew gereist. Sie fordern ab Montag eine 30-tägige Waffenruhe im Ukraine-Krieg.10.05.2025 | 2:08 min
Das sagt Kanzler Friedrich Merz über …
… die Chancen auf Frieden nach dem Treffen:
"Herr Sievers, das ist nicht Symbolik, das ist eine sehr konkrete, diplomatische Initiative der Ukraine zusammen mit vier Regierungschefs aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Polen. Wir haben dies hier über die letzten Tage intensiv vorbereitet. Wir haben diesen Besuch abgestimmt auch mit der sogenannten 'Koalition der Willigen', die mit einer Videokonferenz heute Morgen über eine Stunde dabei war.
Und wir haben diesen Besuch vor allem - mit allem, was dazu gehört - abgestimmt mit dem amerikanischen Präsidenten Donald Trump.
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Friedrich Merz (CDU), Bundeskanzler
Wir haben ihn vorher angerufen, wir haben ihn unmittelbar nach unserem Treffen informiert. Noch in den frühen Morgenstunden in den USA.
Dies ist die größte diplomatische Initiative, die es in den letzten Monaten - wenn nicht Jahren - gegeben hat, um den Krieg in der Ukraine zu beenden.
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Friedrich Merz (CDU), Bundeskanzler
Merz reiste mit den Staats- und Regierungschefs Frankreichs, Polens und Großbritanniens an. Sollte Russland einer längeren Waffenruhe nicht zustimmen, drohen sie mit schärferen Sanktionen. 10.05.2025 | 1:46 min
… mögliche Verhandlungen mit Russland:
"Es gibt keine Verhandlungen, sondern es gibt ein Angebot. Und dieses Angebot lautet Waffenstillstand. Und Waffenstillstand heißt Waffenstillstand auf beiden Seiten. Die Ukraine hat auch keine Bedingungen gestellt, dass etwa Putin keine Waffen nachführt, keine Truppen nachführt. Sondern es geht jetzt zunächst einmal darum, dass die Waffen schweigen, dass das Töten aufhört in der Ukraine.
Und ich habe in meinem Pressestatement auch gesagt, es sind ja nicht nur Zivilisten, Frauen, Kinder, ältere Menschen in der Ukraine. Es sind auch Soldatinnen und Soldaten. Und es sind nicht nur ukrainische Soldaten, es sind auch russische Soldaten. Es sind jede Woche mehrere Tausend Todesopfer in diesem Krieg. Das muss jetzt aufhören. Und wenn das aufhört, kann man über alles reden.
Aber dies liegt jetzt an Putin, es wirklich zu stoppen, zu beenden. Und das ist jetzt die Aufforderung von uns allen an diesem heutigen Tag.
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Friedrich Merz (CDU), Bundeskanzler
Sollte Russland der vorgeschlagenen 30-tägigen Waffenruhe nicht zustimmen, könnten deutlich schärfere EU-Sanktionen auf das Land zukommen. Armin Coerper berichtet von der Reaktion des Kremls. 10.05.2025 | 1:17 min
… ein mögliches Telefonat zwischen dem Kanzler und Putin:
"Wenn sich dazu eine Gelegenheit ergibt, werde ich das tun. Aber ich werde auch dies in Abstimmung mit allen europäischen Partnern tun. Wir sprechen hier mit einer Stimme. Und ich werde auch dies - wenn es dazu kommt - in Abstimmung mit dem amerikanischen Präsidenten tun.
Putin muss wissen, dass er uns nicht auseinanderdividiert, sondern dass wir hier geschlossen stehen, gemeinsam um alles zu tun, um diesen Krieg zu beenden.
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Friedrich Merz (CDU), Bundeskanzler
"Das ist eine historische Mission", sagt ZDF-Hauptstadtkorrespondent Wulf Schmiese auf dem Weg nach Kiew.09.05.2025 | 0:20 min
… Druckmittel gegen Russland, wenn die Initiative scheitert:
"Dann wird die Ukraine von uns weiter unterstützt, und zwar nicht nur politisch und finanziell, sondern auch militärisch.
Und dann wird es ein weiteres, umfassendes Sanktionspaket geben. Das wird die russische Wirtschaft und das wird auch einige Repräsentanten dieses Staates persönlich sehr hart treffen.
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Friedrich Merz (CDU), Bundeskanzler
Und wir sind hier wirklich entschlossen, das auch durchzusetzen. Das betrifft den Energiesektor, das betrifft aber auch den Bankensektor. Und die Vorbereitungen dazu laufen seit mehreren Wochen, sie sind weitgehend abgeschlossen und diese Sanktionen können dann auch sofort in Kraft treten."
Vor dem Ukraine-Gipfel setzten Europas Außenminister ein Zeichen: In Lemberg beschlossen sie ein Sondertribunal für die Verantwortlichen des russischen Angriffskriegs.09.05.2025 | 1:50 min
… das persönliche Gefühl, mit dem er aus Kiew zurückkehrt:
"Ich fahre mit dem Gefühl zurück, dass wir vielleicht eine kleine Chance haben. Und ich fahre vor allem mit dem Gefühl zurück, dass wir es erreicht haben über dieses Wochenende in großer Geschlossenheit in diesem Format der vier Länder - Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Polen - zusammen mit Selenskyj, zusammen mit der Ukraine, hier eine politische Initiative zu ergreifen, die von Amerika unterstützt und begleitet wird.
Und das muss ich sagen, das erfüllt mich mit großer Dankbarkeit. Aber für Freude ist es zu früh, die stellt sich frühestens in der nächsten Woche ein, wenn es einen Waffenstillstand gibt.
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Friedrich Merz (CDU), Bundeskanzler
Das Interview führte heute journal-Moderator Christian Sievers. Autor der Zusammenfassung ist ZDFheute-Redakteur Silas Thelen.
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Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.