Malta darf keine "Goldenen Pässe" mehr an Investoren "verkaufen"

Staatsbürgerschaft für Investoren:Malta darf keine Pässe mehr "verkaufen"

von Maren Fourier, Brüssel

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Im EU-Mitgliedsland Malta ist es bislang möglich, Staatsbürgerschaften zu "kaufen". Die Kommission hat dagegen geklagt - mit Erfolg. Der Europäische Gerichtshof gab ihr Recht.

EuGH

Pässe gegen finanzielle Investitionen: Malta verstößt damit gegen EU-Recht

Quelle: dpa

Viel Sonne, hohe Temperaturen und blaues Meer - das sind nur die sichtbaren Vorteile einer maltesischen Staatsbürgerschaft. Für einige ist die Republik besonders attraktiv durch ihr Programm, mit dem man Staatsbürgerschaften durch finanzielle Investitionen erlangen kann. Offiziell nennt es sich "Citizenship by Investment" - also "Staatsbürgerschaft durch Investition" - inoffiziell spricht man von einem "Goldenen Pass". Dafür braucht man vor allem zwei Dinge: viel Geld und ein bisschen Zeit.

Der Europäischen Gerichtshof stellt nun fest, dass Malta durch die Schaffung und Umsetzung des Staatsbürgerschaftsprogramms für Investoren von 2020, das einer Vermarktung der Verleihung der Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats und damit des Unionsbürgerstatus gleichkommt, gegen das Unionsrecht verstoßen hat.

Wer zwölf Monate einen maltesischen Wohnsitz hat, muss 750.000 Euro in lokale Unternehmen investieren. Bei drei Jahren Wohnsitz sind es 600.000 Euro. Außerdem muss man ein Anwesen im Wert von mindestens 700.000 Euro kaufen und für fünf Jahre behalten. Zum Schluss müssen 10.000 Euro an eine wohltätige Organisation gespendet werden. Ausgeschlossen sind Investoren etwa aus Afghanistan, Iran und Syrien, und seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine auch russische und belarussische Staatsangehörige.

Die Staatsbürgerschaft kann auch für den Partner, Kinder unter 25 und Eltern erworben werden, wenn diese finanziell vom Investor abhängig sind.


"Goldene Pässe" für Malta eine Einnahmequelle

Das maltesische Programm zum Erwerb der Staatsbürgerschaft ist das Tor in die EU, mit all ihren Vorzügen, denn Malta gehört zu den 27 EU-Mitgliedsstaaten. Das Programm richtet sich an wohlhabende Menschen außerhalb des europäischen Wirtschaftsraums. Insgesamt können dadurch 1.500 Investoren zu EU-Bürgern werden, und von den Vorteilen der Union profitieren. Wer einen maltesischen Pass besitzt, kann ohne Visa in insgesamt 185 Länder weltweit reisen, darunter auch alle EU-Mitgliedsländer.

Für Malta ist das Programm eine Einnahmequelle: Bis 2022 hat es dem Inselstaat Einnahmen in Höhe von über einer Milliarde Euro gebracht.

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"Goldenen Pässe" ermöglichen Geldwäsche oder Steuerflucht

SPD-Europaabgeordnete Birgit Sippel ist Sprecherin der sozialdemokratischen Fraktion im zuständigen Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres. Die "Goldenen Pässe" sind für sie "ethisch, rechtlich und wirtschaftlich verwerflich, und eine Bedrohung für unsere Demokratie und unsere Sicherheit in Europa".

Im Grunde sind diese Programme nichts anderes als Sonderrechte für Reiche.

SPD-Europaabgeordnete Birgit Sippel

Außerdem bergen die "Goldenen Pässe" auch ernsthafte Risiken, und ermöglichen Geldwäsche oder Steuerflucht - sei es durch den Wechsel der Staatsangehörigkeit oder die Reisefreiheit innerhalb des Schengen-Raums. Auch ist Korruption ein großes Problem in Malta.

Sven Giegold

Malta sei ein Steuerparadies, sagte Sven Giegold, EU-Abgeordneter der Grünen, schon 2017 im Interview. Das kleine EU-Land werde von Steuerausländern, großen Konzernen, zum Teil auch Privatpersonen zur Steuerflucht oder Steuervermeidung genutzt.

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Offiziell muss man auf dem Inselstaat einen Wohnsitz angemeldet haben und dort auch wirklich wohnen. Expertinnen und Experten sind kritischer, denn eine wirkliche Anwesenheit in Malta für einen bestimmten Zeitraum werde nicht abgefragt.

Für Martijn van den Brink, Europarechtler an der Universität Leiden, scheint klar zu sein, "dass Personen, die die maltesische Staatsbürgerschaft erwerben, keine tatsächliche Verbindung zu Malta haben. Sie haben in der Regel weder in Malta gelebt noch sprechen sie die Sprache".

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EU-Kommission klagte gegen Malta

Der EU-Kommission waren die "Goldenen Pässe" schon länger ein Dorn im Auge. Sie hat im März 2023 dagegen vor dem Europäischen Gerichtshof geklagt. In ihren Augen verstößt der Mitgliedsstaat gegen Unionsrecht. Die Aussichten auf einen Erfolg der Klage waren unklar, denn Malta steht auf dem Standpunkt, gegen kein Gesetz zu verstoßen - über die Vergabe von Staatsbürgerschaften entscheidet jeder Mitgliedsstaat selbst.

Nach Meinung der Europaabgeordneten Sippel ist es zwingend notwendig, gegen "Goldene Pässe" vorzugehen, denn: "Wenn wir hinnehmen, dass sich Oligarchinnen und Oligarchen ohne echte Verbindung zur EU eine Staatsbürgerschaft oder ein Visum einfach kaufen können, untergraben wir den wesentlichen Kern der Unionsbürgerschaft".

Vorne rechts Putin, auf der linken Seite eine Gruppe Oligarchen, im Hintergrund verschiedene Währungszeichen.

Seit dem Ukraine-Krieg hat die EU Sanktionen gegen russische Oligarchen verhängt. Doch das ausgeklügelte System an Strohmännern und Scheinfirmen macht es schwer, die Vermögen aufzuspüren.

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Urteil stellt gemeinsame EU-Ziele vor Nationalrecht

Andere Experten sahen die Klage gefährdet. Europarechtler van den Brink erklärt, seiner Ansicht nach hätte die Kommission nicht überzeugend dargelegt, inwiefern Malta gegen EU-Recht verstoßen hat. Eine Ansicht, die auch der Generalanwalt des europäischen Gerichtshofes teilte. Er plädierte dafür, die Klage nicht zuzulassen. Doch der Gerichtshof entschied jetzt anders.

Er erklärt, dass der EU-Raum auch auf das Vertrauen zwischen den Mitgliedsländern basiere. Mitgliedsstaaten dürfen auch beim Thema Staatsbürgerschaft die gemeinsamen Ziele der Union nicht gefährden.

"Infolgedessen darf ein Mitgliedstaat seine Staatsangehörigkeit - und damit die Unionsbürgerschaft - nicht gegen im Voraus festgelegte Zahlungen oder Investitionen verleihen, denn dies läuft im Wesentlichen darauf hinaus, dass der Erwerb der Staatsangehörigkeit zu einer bloßen geschäftlichen Transaktion wird," so das Gericht.

Für Experte van den Brink ist das Urteil eine "bahnbrechende Entscheidung". Er bezeichnet es als "erheblichen Eingriff in die Rechte der Nationalstaaten" und kritisiert den Europäischen Gerichtshof: "Die Entscheidung beruht letztlich auf dem Gefühl, dass die Kommerzialisierung der Verleihung der nationalen und der Unionsbürgerschaft unerwünscht ist. Das mag politisch und moralisch richtig sein, macht aber den Verkauf der Staatsbürgerschaft nicht vertragswidrig."

Jetzt bleibt abzuwarten, wie dieses Urteil künftig ausgelegt wird.

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Quelle: dpa

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