Psychologin über Gazastreifen: "Diese Kinder brauchen Frieden"
Interview
Kinderpsychologin:Gazastreifen: "Diese Kinder brauchen Frieden"
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Eine Kinderpsychologin schildert dramatische Zustände in Gaza. Es fehle vor allem an Nahrung. Psychologische Unterstützung unter diesen Umständen sei schwierig.
Sehen Sie das gesamte Interview mit der Kinderpsychologin Katrin Glatz Brubakk hier im Video.26.05.2025 | 5:41 min
Die Lage der jüngsten Bewohner im Gazastreifen ist angesichts der drohenden Hungersnot katastrophal. Kinderpsychologin Katrin Glatz Brubakk berichtet im ZDF-Morgenmagazin von Kindern, die zum Teil aufgehört hätten, zu sprechen. Es gebe so gut wie kein Essen. Dadurch steige die Zahl unterernährter Kinder drastisch. Ihre Kollegen vor Ort seien "sehr verzweifelt", erzählt Glatz Brubakk, die selber schon mehrfach für Ärzte ohne Grenzen im Gazastreifen war.
Mehr als zwei Monate lang hatte Israel die Einfuhr von Lebensmitteln, Medikamenten und anderen Gütern blockiert. Auf internationalen Druck wurden vergangene Woche Dutzende Lastwagen mit humanitären Hilfsgütern in den Gazastreifen durchgelassen, darunter auch einige mit Babynahrung. Doch sie können den Bedarf nicht annähernd decken. Außerdem hat die israelische Armee angekündigt, schnellstmöglich drei Viertel des Küstenstreifens kontrollieren zu wollen, die Bombardierungen gehen weiter.
Israel hat eine fast dreimonatige Blockade humanitärer Hilfsgüter gelockert, aber aus Sicht der UN nur völlig unzureichende Hilfe zugelassen. Die Offensive der Armee geht unterdessen weiter.26.05.2025 | 2:07 min
Psychosoziale Hilfe für Kinder unter schwierigen Bedingungen
Damit Brandwunden ordentlich verheilten, bräuchte es eigentlich um die 3.000 Kalorien pro Tag, berichtet die Helferin. Weil es aber höchstens eine Mahlzeit am Tag gebe, würden die Wunden sehr schlecht heilen. "Eine Kollegin von mir erzählte, wie ihre zweijährige Tochter jetzt angefangen hat, ihre Haare zu verlieren - einfach, weil es nicht genug Nahrung gibt."
Auch die mentale Belastung für die Kleinsten sei enorm:
Was mir als Kinderpsychologin sehr Sorge macht, ist, dass die Kinder jetzt so stark traumatisiert sind, dass es wahrscheinlich lebenslängliche Schäden geben wird.
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Katrin Glatz Brubakk, Kinderpsychologin
"Die Lieferungen, die Israel nach Gaza hineinlässt, reichen bei weitem nicht aus" und Israels Armee rückt weiter vor, berichtet ZDF-Korrespondent Thomas Reichart aus Tel Aviv.26.05.2025 | 2:13 min
Sie könne mit ihrem Team zwar psychosoziale Unterstützung leisten. Doch das sei unter den gegebenen Umständen schwierig: Glatz Brubakk berichtet von Kindern in der orthopädischen Abteilung, die ein Bein, einen Arm oder beides verloren hätten. Andere hätten "sehr, sehr große Brandschäden".
Das sind Kinder, die sehr nah am Tod waren und die auch sehr oft ein Elternteil, beide Elternteile, zum Teil auch die ganze Familie verloren haben.
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Katrin Glatz Brubakk, Kinderpsychologin
Diese Kinder bräuchten ein Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit - "und vor allen Dingen, dass sie sich nicht jeden Tag fürchten müssen, dass sie getötet werden".
Unicef hat die katastrophale Lage von Kindern im Gazastreifen angeprangert. Es fehle an wichtigen Grundnahrungsmitteln und einem Zugang zu frischem Trinkwasser. 06.04.2025 | 0:19 min
Kinderpsychologin: Kinder brauchen kleine Pausen
Sie und ihr Team würden versuchen, kleine Pausen zu ermöglichen. Pausen, in denen die Kinder "ein bisschen aufatmen können, wo sie das Gefühl haben, mal an was anderes denken zu können als die großen, großen Sorgen, die sie jetzt durchleben". Durch die hohe Stressatmung sei das Nervensystem der Kinder extrem belastet.
Durch Seifenblasen-Blasen, durch Spielerei, durch Atemübungen können wir eben dieses Nervensystem ein bisschen entspannen lassen und dadurch ein bisschen vorbeugen.
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Katrin Glatz Brubakk, Kinderpsychologin
Doch sie macht auch klar: All das reicht nicht aus, um den Kindern effektiv zu helfen. Es brauche nun "reichlich Güter", bisher seien davon zu wenig angekommen, noch dazu "viel zu spät". Unterernährte Kinder bräuchten außerdem "nicht nur Mehl", sondern Spezialnahrung.
Und die Kinderpsychologin betont erneut: "Was diese Kinder brauchen: Sie brauchen Frieden. Sie brauchen, dass die Bomben aufhören zu fallen. Sie brauchen, dass sie sich nicht jeden Tag fürchten müssen, dass sie oder ihre Familie sterben."
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Mit dem Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel ist der Nahost-Konflikt eskaliert. Noch immer sind nicht alle Geiseln frei - Israel fliegt weiter Angriffe auf Gaza.