Netanjahu trifft Trump in Washington: Drei Erkenntnisse
Gespräche zu Gaza in Washington:Netanjahu trifft Trump: Drei Erkenntnisse
von Katharina Schuster, Washington D.C.
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Der israelische Präsident Benjamin Netanjahu ist in Washington zu Besuch bei Präsident Donald Trump. Was das erste Treffen im Weißen Haus gebracht hat. Drei Erkenntnisse.
Der israelische Ministerpräsident Netanjahu ist zu Besuch in Washington. Vier Tage lang sollen politische Gespräche geführt werden, in denen es um einen möglichen Frieden im Nahen Osten gehen soll.08.07.2025 | 2:32 min
Große Gesten, wenig Substanz: Beim Treffen zwischen US-Präsident Donald Trump und Israels Premierminister Benjamin Netanjahu im Weißen Haus am Montag blieb eine bestätigte Waffenruhe oder ein Friedensplan zwischen Israel und der Hamas im Gazastreifen aus. Stattdessen verkündete Netanjahu, er wolle Trump für den Friedensnobelpreis vorschlagen.
1. Trump und Netanjahu inszenieren sich als Friedensarchitekten
Im Interview mit ZDFheute erklärt Politikwissenschaftlerin Claudia Hofmann von der American University:
Das Treffen wurde von beiden Seiten als historischer Moment im Dienst des Friedens inszeniert.
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Claudia Hofmann, Politikwissenschaftlerin in Washington
Trump möchte sich als Friedensstifter profilieren, insbesondere im Vergleich zu seinen demokratischen Vorgängern Barack Obama und Joe Biden sowie mit Blick auf sein außenpolitisches Vermächtnis, erklärt Hofmann weiter. Netanjahu habe das Treffen genutzt, um die Angriffe auf Iran als politischen und sicherheitspolitischen Erfolg zu markieren.
Die Nominierung Trumps für den Friedensnobelpreis, unter Verweis auf die Abraham-Abkommen, die Luftschläge und Trumps Rolle in den Gaza-Verhandlungen, füge sich nahtlos in die Inszenierung einer strategischen Allianz ein.
Aber:
Diese Darstellung steht im eklatanten Widerspruch zur Realität. Über 57.000 Tote in Gaza, ein zerrütteter Friedensprozess und hochriskante Militäraktionen im Iran untergraben die Glaubwürdigkeit dieser Rhetorik.
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Claudia Hofmann, Politikwissenschaftlerin in Washington
2. Trump kann sein Image des "Friedensmachers" stärken
Netanjahu lobte bei dem Treffen Trumps Rolle als "Friedensstifter" und sagte, Trump schaffe "Frieden in einem Land nach dem anderen". Damit unterstützt er Trumps Selbstbild als Friedensmacher.
"Sie haben ihn verdient." Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat US-Präsident Donald Trump für den Friedensnobelpreis nominiert.08.07.2025 | 1:59 min
US-Politikwissenschaftler Grant Reeher erklärt im Gespräch mit ZDFheute:
Ein zentraler Pfeiler von Trumps Außenpolitik ist, dass er die USA nicht in einen weiteren langwierigen Bodenkrieg verwickelt hat.
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Grant Reeher, US-Politikwissenschaftler
Dass Netanjahu gerade jetzt Trumps Nominierung für den Friedensnobelpreis bekanntgab, sei kein Zufall. Zwar unterstützen die USA Israel stärker als Europa, doch viele Amerikaner seien frustriert über die lange Dauer des Krieges, die Härte der israelischen Reaktion und die Probleme bei der humanitären Hilfe für Gaza.
Allein die Wahrnehmung, Trump habe Netanjahu zu einem dauerhaften Waffenstillstand gedrängt, könnte sein innen- und außenpolitisches Image stärken, bilanziert Reeher - auch ohne konkrete Ergebnisse.
3. Nichts Neues zu einer möglichen Waffenruhe in Gaza
Es war bereits Netanjahus dritter Besuch in Washington seit dem Beginn von Trumps zweiter Amtszeit. Im Vorfeld war über Fortschritte hin zu einer Waffenruhe in Gaza spekuliert worden. Trump hatte noch am Wochenende erklärt, es gebe "gute Chancen", bereits "diese Woche" eine Einigung zu erzielen. Und auch Netanjahu zeigte sich optimistisch.
In Doha wird derzeit unter US-Vermittlung ein 60-tägiger Waffenstillstand mit schrittweiser Geiselfreilassung verhandelt. Trump erwartet eine Einigung noch in dieser Woche. Netanjahu besteht weiterhin darauf, dass es kein dauerhaftes Kriegsende geben könne, solange Hamas nicht vollständig entmachtet ist.
"Die Trump-Regierung sieht sich kurz vor dem Ziel", berichtet ZDF-Korrespondentin Heike Slansky zu Netanjahus Besuch bei Trump und einem möglichen Frieden im Nahen Osten.08.07.2025 | 2:46 min
"Die humanitäre Lage in Gaza ist katastrophal", stellt Politikwissenschaftlerin Hofmann fest. "Die eingeschränkte Versorgungslage erschwert jede politische Lösung, und der Waffenstillstand wird vor allem aus strategischem Interesse beider Seiten verfolgt." Ein tragfähiger Deal erfordere enge Koordination zwischen Israel, Hamas, Ägypten, Katar und den USA, sowie glaubwürdige humanitäre Mindeststandards, um international tragfähig zu sein.
Am Montag beantworteten beide Staatschefs zwar Fragen zur Lage im Nahen Osten, doch von einem tragfähigen Deal war keine Rede.
Was vom Treffen bleibt
Die Hoffnung auf einen baldigen Waffenstillstand in Gaza bestehe weiter, doch ein dauerhafter Frieden bleibe in weiter Ferne, bilanziert Politikwissenschaftlerin Hofmann. Kritiker bemängeln, dass die Inszenierung als Friedensinitiative ohne belastbare Vereinbarungen stattfinde: "Es gibt weder schriftlich gesicherte Zusagen noch tragfähige Konzepte für die Nachkriegsordnung in Gaza."
Das Treffen im Weißen Haus am Montag diente "in erster Linie dem politischen Kalkül, nicht der Lösung der zentralen Konfliktursachen". Jetzt bleibt abzuwarten, was noch folgt. Bis Donnerstag noch sollen politische Gespräche geführt werden, in denen es um einen möglichen Frieden im Nahen Osten gehen soll.
Nach dem US-Angriff auf Atomanlagen in Iran hat Teheran einen Vergeltungsangriff gestartet. Arabische Länder verurteilen den Angriff. Alle Entwicklungen im Liveblog.