Gazastreifen: Laschet wirft Israel Verstoß gegen Völkerrecht vor

Interview

Humanitäre Situation in Gaza:Laschet wirft Israel Verstoß gegen Völkerrecht vor

|

CDU-Außenpolitiker Armin Laschet wirft Israel im Gazastreifen einen Bruch des Völkerrechts vor. "Menschen aushungern zu lassen, ist völkerrechtswidrig", sagte er im ZDF.

Armin Laschet, CDU, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, im Berlin-direkt-Interview
Sehen Sie hier das vollständige Interview mit Armin Laschet (CDU) bei "Berlin direkt" im ZDF.25.05.2025 | 5:26 min
Der CDU-Außenpolitiker Armin Laschet hat das Vorgehen Israels angesichts schleppender Hilfslieferungen in den Gazastreifen als völkerrechtswidrig bezeichnet. "Lebensmittellieferungen, Hilfslieferungen, Medikamentenlieferungen für die Bevölkerung zurückzuhalten, das bekämpft nicht die Hamas. Das verstößt auch gegen internationale Regeln, und deshalb muss die Hilfe stattfinden", sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag in der ZDF-Sendung "Berlin direkt".
Völkerrechtsgemäß sei, auch in Kriegen die Bevölkerung zu schützen und die Bevölkerung mit Nahrungsmitteln zu versorgen.

Menschen aushungern zu lassen, ist völkerrechtswidrig.

Armin Laschet, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses

Kinder warten mit Töpfen auf Essen
Die humanitäre Situation in Gaza ist katastrophal. Die Kritik wächst, Europas Staaten werfen Israel Völkerrechtsbruch vor. Nur Deutschland hält sich zurück - und gerät nun selbst unter Druck.25.05.2025 | 4:13 min

Laschet: Kampf gegen Hamas "schwerer Spagat"

Israel hatte Anfang der Woche eine fast dreimonatige Blockade humanitärer Hilfsgüter gelockert, aber aus Sicht der Vereinten Nationen nur völlig unzureichende Hilfe zugelassen. Die Streitkräfte haben vor etwa einer Woche eine neue Großoffensive gestartet. Täglich werden im Gazastreifen Dutzende Tote gemeldet.
Die Zerstörung einer Terrororganisation wie der Hamas, die "viele Stellungen bewusst unter Schulen, Kindergärten oder Krankenhäusern gelegt hat" sei unter Einhaltung des Völkerrechts "nicht so ganz einfach", sagte Laschet. Das sei ein "ganz schwerer Spagat".
Laschet: "Stille Diplomatie und klare Worte"
"Deutschland steht immer ein für das Existenzrecht Israels, aber das heißt nicht, man darf Israel nicht kritisieren", sagte Laschet im ZDF-Morgenmagazin.26.05.2025 | 7:48 min
Es stelle sich auch die Frage, wie man in Bezug auf Hilfslieferungen richtig handele. Die Hamas habe in der Vergangenheit von UN-Institutionen gelieferte Hilfsgüter beschlagnahmt und auf dem Schwarzmarkt verkauft. Die Bevölkerung sei leer ausgegangen. Das sei genauso "völkerrechtswidrig". Deshalb müsse man auch über "andere Wege der Verteilung von Hilfsgütern" nachdenken, betonte der CDU-Politiker.
Zudem reiche der Umfang der Hilfslieferungen bei weitem nicht aus - es seien nur etwa 100 Lastwagen pro Tag. Laschet fordert die israelische Regierung auf, den Umfang zügig zu erhöhen. Es müssten 500 werden, und das sollte die israelische Regierung "sehr schnell tun".
Ein zerstörtes Gebäude, was mal eine Schule war. Im Vordergrund stehen Kinder in den Trümmern.
Israel treibt seine Großoffensive trotz internationaler Kritik weiter voran. Eingetroffene Hilfslieferungen reichen bei dem großen Hunger und Leid der Menschen nicht aus.26.05.2025 | 1:19 min

Israel will Hamas zerschlagen

Oberstes Ziel des militärischen Vorgehens Israels im Gazastreifen sei die Zerstörung der Hamas, sagte Laschet:

Die Hamas muss in ihren Möglichkeiten, Terror auszuüben gegen die eigene Bevölkerung, aber auch gegen Israel, ausgeschaltet werden.

Armin Laschet, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses

Ohne eine Zerschlagung der Hamas könne es in der Region keinen dauerhaften Frieden geben. Das sei auch die Auffassung der arabischen Staaten, sagte er.
Palestinians struggle to receive cooked food distributed at a community kitchen in the Muwasi area of Khan Younis, in the Gaza Strip, Friday, May 23, 2025.
Erste Hilfsgüter werden im Gazastreifen verteilt. UN-Chef Guterres kritisiert die von Israel zugelassenen Hilfen als unzureichend. Auch in Israel wird die Kritik an Netanjahus Kriegsführung lauter.23.05.2025 | 2:40 min

Laschet: Staatsräson lässt Kritik an Israel zu

Israels Sicherheit ist für Deutschland Staatsräson. Trotzdem sieht Laschet das Vorgehen Israels durchaus kritisch:

Staatsräson heißt, immer die Sicherheit Israels zu garantieren. Aber Staatsräson heißt nicht, die Regierung immer toll zu finden, jeden einzelnen der rechtsradikalen Minister toll zu finden, jede einzelne Militärmaßnahme richtig zu finden.

Armin Laschet, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses

Staatsräson bedeute, dass Deutschland an Israels Seite sei, wenn es in seiner Existenz gefährdet sei.
Israel, Jerusalem: Benjamin Netanjahu, Ministerpräsident von Israel, spricht bei einem Gespräch im Amtssitz des Regierungschefs.
Lange wurde Humanität angemahnt. Jetzt stellen viele EU-Länder das Partnerschaftsabkommen mit Israel in Frage, weil die Regierung Netanjahu Hilfslieferungen für Gaza blockiert.21.05.2025 | 3:28 min

Was würde bei einem Netanjahu-Besuch passieren?

Eine Einladung an Netanjahu habe Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) nicht ausgesprochen, sagte Laschet. Trotzdem wäre dieser im Falle eines Besuches auf deutschem Boden wohl sicher - trotz des bestehenden internationalen Haftbefehls gegen ihn:

Sollte er kommen zu irgendeiner Konferenz, wird er auf deutschem Boden nicht verhaftet.

Armin Laschet, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses

"In keinem Mitgliedsland der Europäischen Union, auch nicht in Frankreich, wird auf dem Flughafen der israelische Ministerpräsident verhaftet", sagte Laschet im ZDF-Morgenmagazin. Der CDU-Politiker betonte aber, dass ein Besuch nicht geplant sei. "Er kommt ja gar nicht."

Laschet betont Wirkung von "stiller Diplomatie"

Auf die Frage, ob er die scharfe Kritik Verbündeter Israels wie Großbritannien, Frankreich und Kanada bezüglich einer "völlig unverhältnismäßigen Eskalation" teile, sagte Laschet, dass Deutschland einen anderen Sprachgebrauch habe und auf "stille Diplomatie" setze. Das sei wirkungsvoller als "ständige Resolutionen und markige Sprüche".
Das "Berlin direkt"-Interview führte Moderatorin Diana Zimmermann. Zusammengefasst hat es Stefanie Reulmann. Das Interview im Morgenmagazin führte Andreas Wunn.

Mehr zur Lage im Nahost-Konflikt