Israels Gaza-Plan "gewaltsame Vertreibung"

Interview

Migrationsforscher Knaus:Israels Gaza-Plan "gewaltsame Vertreibung"

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Israel will im Süden des Gazastreifens ein Lager für bis zu 600.000 Menschen errichten. Migrationsforscher Knaus sieht darin einen Plan zur Vertreibung. Europa sei "viel zu stumm".

Migrationsforscher Gerald Knaus  bei ZDFheute Live.
Migrationsforscher Gerald Knaus im Interview bei ZDFheute live: Er kritisiert Europas Schweigen "angesichts dieses angekündigten Verbrechens gegen die Menschlichkeit".12.07.2025 | 10:54 min
Israels Verteidigungsminister Israel Katz will ein Umsiedlungslager für Hunderttausende Palästinenser errichten. Er selbst spricht von einer "humanitären Stadt" - gemeint ist damit ein Auffanglager im Süden des Gazastreifens. Migrationsforscher Gerald Knaus sieht darin einen Plan zur Vertreibung.
Sehen Sie das komplette Interview mit Gerald Knaus bei ZDFheute live oben im Video und lesen Sie es hier in Auszügen.
Das sagt der Migrationsforscher über ...

… die israelischen Pläne eines Umsiedlungslagers:

Die jetzigen Pläne Israels gingen auf Pläne von US-Präsident Donald Trump zurück, den Gazastreifen in eine "Riviera des Nahen Ostens" umzuwandeln, sagt Knaus im Interview. Dieser Plan lasse den Palästinensern keine Wahl und bedeute de facto eine "gewaltsame Vertreibung".
Israelische Regierungsmitglieder, darunter Finanzminister Bezalel Smotrich, lobten diese Pläne und sagten teils öffentlich, dass sie die Menschen im Süden zusammendrängen wollten als Vorbereitung auf deren Ausreise, so Knaus. Verteidigungsminister Katz habe bereits im Februar offen über diesen Plan gesprochen, der nichts anderes als eine erzwungene Vertreibung bedeute.

Nach Artikel 7 der Rom-Statuten des Internationalen Strafgerichtshofs wäre das ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit, also ein Verbrechen, das wir vor 30 Jahren in Bosnien gesehen haben.

Gerald Knaus, Migrationsforscher

Nach den vorliegenden Berichten gebe es bereits jetzt mehr zivile Tote in diesem Konflikt als im Bosnienkrieg, der über drei Jahre angedauert hat.
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Die Menschen in Gaza umzusiedeln verkomme zu einem radikalen Überbietungswettbewerb, so ZDF-Korrespondent Thomas Reichart. Trumps Zuversicht überrascht derweil in Washington.08.07.2025 | 3:06 min

… über die mögliche Umsetzung dieser Pläne:

Nach Ansicht von Migrationsforscher Knaus werden sich diese Pläne kaum umsetzen lassen. Er kenne solche Pläne aus der Geschichte und das Ziel sei bisher immer die Vertreibung gewesen. Wenn Mitglieder der israelischen Regierung von der Errichtung einer "humanitären Stadt" sprechen, stelle sich immer die Frage, was das für ein Ziel habe.

Das Ziel ist, die Menschen zu einer Ausreise zu zwingen. Und das bedeutet ethnische Säuberung. Das bedeutet gewaltsame Vertreibung.

Gerald Knaus, Migrationsforscher

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… über die Lage der Menschen im Gazastreifen:

Die öffentliche Ordnung in Gaza sei zusammengebrochen und die Lage katastrophal. Für Knaus steht daher humanitäre Hilfe an erster Stelle.
Er fordert auch eine stärkere Rolle und ein Eingreifen von Deutschland und Europa.

Europa ist angesichts dieses angekündigten Verbrechens gegen die Menschlichkeit viel zu stumm und viel zu ideenlos und entwickelt keine eigenen Strategien.

Gerald Knaus, Migrationsforscher

Der Konflikt sei von Europa nicht so weit weg, sagt Knaus und fügt hinzu: "Daher sind wir auch mitverantwortlich für das, was dort passiert."
Das Gespräch führte ZDFheute live Moderatorin Christina von Ungern-Sternberg. Zusammengefasst hat es ZDFheute-Redakteurin Sophie Steinfeld.

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