Die SPD-Mitglieder haben entschieden: Die neue Koalition kann kommen. Welche Rolle Co-Chefin Esken künftig spielen soll, ist in der Partei umstritten - die Kritik an ihr wächst. 30.04.2025 | 2:45 min
Man könnte meinen, die
SPD sei nie überzeugter gewesen von einem Koalitionsvertrag als ausgerechnet von diesem. Nie ist die Zustimmung höher ausgefallen. Selbst Ministerpräsident
Stephan Weil, der seine Partei lange und gut kennt, zeigt sich "überrascht".
Knapp 85 Prozent der SPD-Mitglieder sagten Ja zu einer Regierung mit der "Merz-CDU", wie ihre Parteiführung den künftigen Koalitionspartner im Wahlkampf noch despektierlich bezeichnet hatte. Dass die Beteiligung bei nur 56 Prozent lag, galt den einen zwar als stummer Protest.
Sicher hat es aber auch wenigstens teilweise daran gelegen, dass die Abstimmung erstmals digital durchgeführt wurde und die vielen älteren Genossinnen und Genossen mit QR-Code und extrem langen und komplizierten Passwörtern gekämpft haben könnten.
Esken habe die Partei zwar geeint und stabilisiert - aber es bilde sich ein Kraftzentrum um Klingbeil heraus, das stark auf ihn zugeschnitten ist, so Politologe Wolfgang Schroeder.30.04.2025 | 4:01 min
Merz: Politische Mitte "übernimmt Verantwortung"
Der designierte Kanzler
Friedrich Merz freute sich auf X über das Ergebnis und interpretierte es so: "Die breite Zustimmung zeigt: Die politische Mitte unseres Landes übernimmt Verantwortung."
X-Posting von Friedrich Merz
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Sie zeigt aber auch, wie groß das Bedürfnis nach einer stabilen Regierung ist und wie groß die Sorge vor Chaos durch Neuwahlen, bei denen die
AfD womöglich noch weiter zugelegt hätte. Und so ist das Ja zum Mitgliederentscheid zuallererst ein Nein zu einem noch länger währenden Machtvakuum.
Es ist auch ein Ja zur Regierungsverantwortung, die die SPD zuverlässig und oft nicht zu ihren Gunsten übernommen hat. Viele in der Partei denken, es wäre an der Zeit, sich in der Opposition zu erneuern. Sie misstrauen einer Union, die sie unter Merz weiter nach rechts gerückt sehen.
"Tatsächlich war die Zustimmung für einen Koalitionsvertrag nie höher. Das, obwohl die SPD einer Koalition mit der CDU unter Merz deutlich skeptisch gegenüberstehen", sagt Diana Zimmermann in Berlin.30.04.2025 | 0:59 min
Die Nominierung von Jens Spahn als Fraktionsvorsitzender, Katherina Reiche als Wirtschaftsministerin und Wolfram Weimer als Staatsminister für Kultur haben diese Debatte in den letzten Tagen noch einmal befördert.
SPD: Bei Koalitionsverhandlung hoch gepokert - und gewonnen
Für ein Ja steht, dass die SPD trotz eines historisch miserablen Wahlergebnisses in den Koalitionsverhandlungen hoch gepokert und gewonnen hat: Genau so viele Ministerien wie die
CDU, nämlich sieben. Das dank der dafür ausgesetzten Schuldenbremse mit schier unendlichen Ressourcen ausgestattete Verteidigungsministerium. Das Finanzministerium, das das Geld verteilt, und das Arbeitsministerium, das den größten Teil davon verbraucht.
SPD-Chef
Lars Klingbeil hat seine Karten sehr gut gespielt. Dafür wird er, auch das gab Generalsekretär Matthias Miersch bekannt, nun Vizekanzler und Finanzminister. In den nächsten Tagen wird er die Regierungsmannschaft der SPD zusammenstellen.
Nach der Zustimmung von CDU und CSU haben auch die SPD-Mitglieder den Koalitionsvertrag gebilligt. ZDF-Korrespondentin Nicole Diekmann ordnet das Ergebnis der Abstimmung ein.30.04.2025 | 1:03 min
Zukunft von SPD-Co-Chefin Esken offen
Sicher scheint bisher nur, dass
Boris Pistorius Verteidigungsminister bleibt und
Bärbel Bas einen wichtigen Job bekommt. Arbeitsministerin? Fraktionsvorsitzende? Gerade dieser Posten ist von großer Bedeutung, erstens für die Auseinandersetzung im Bundestag - und zweitens, weil man damit auch Mitglied im Koalitionsausschuss ist, in dem zwischen den Regierungsparteien strittige Fragen entschieden werden.
Seitdem klar ist, dass die Union dafür den sehr ehrgeizigen und rhetorisch versierten Jens Spahn vorsieht, ist der Druck auf Klingbeil gestiegen, ähnlich stark zu besetzen. Nach wie vor völlig unklar ist, was aus
Saskia Esken wird, der sehr umstrittenen Co-Vorsitzenden, die ein Ministeramt beansprucht. Klingbeil stellt sich nicht vor und nicht gegen sie und handelt sich damit den Vorwurf ein, wenig führungsstark zu sein.
Erinnerungen an SPD-Debatte über Kanzlerkandidatur werden wach
Das Ganze erinnert an die Debatte über die Kanzlerkandidatur im November 2024. Als in der Partei heftig diskutiert wurde, ob nicht doch Boris Pistorius der bessere Kandidat als Kanzler wäre. Auch damals ließ Klingbeil die Debatte Scholz oder Pistorius sehr lange, viele fanden, viel zu lange, laufen.
84,6 Prozent der SPD-Mitglieder haben für den Koalitionsvertrag mit der Union gestimmt - überraschend viele. Analyse mit Politikwissenschaftler von Lucke bei ZDFheute live.30.04.2025 | 44:00 min
Und entschied am Schluss so, dass es bei der Bundestagswahl nur noch für 16 Prozent reichte. Wie er diesmal entscheidet, wird spätestens am Montag bekannt.
Olaf Scholz übrigens will am Dienstag dafür stimmen, dass Friedrich Merz sein Nachfolger wird.
Diana Zimmermann ist Leiterin des ZDF-Hauptstadtstudios Berlin.