BSW: Erreicht Partei eine Neuauszählung der Bundestagswahl?

Einspruch gegen Wahlergebnis:Erreicht das BSW eine Neuauszählung der Bundestagswahl?

von Christiane Hübscher und Stefanie Reulmann

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Bei der Bundestagswahl scheiterte das BSW knapp an der Fünf-Prozent-Hürde - und erhob Einspruch. Zu Recht? Nächste Woche könnte der Wahlprüfungsausschuss sein Ergebnis vorlegen.

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Das Bundesverfassungsgericht lehnte einen Eilantrag zur Neuauszählung der Bundestagswahl ab.

Quelle: AFP

9.500 Stimmen haben gefehlt. Das Ziel, gleich bei der ersten Bundestagswahl nach ihrer Parteigründung Anfang 2024 in den Bundestag einzuziehen, hat das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) nicht erreicht. Es war knapp. Zu knapp?

Bundesverfassungsgericht lehnte Eilantrag des BSW ab

Die Partei zweifelt die Auszählung an, hat Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Per Eilantrag wollte sie eine flächendeckende, bundesweite Neuauszählung der Bundestagswahl erwirken - erfolglos. Der Antrag wurde abgelehnt.

Trotzdem beharrt die Partei weiter darauf, dass es Unregelmäßigkeiten gegeben habe, sagt BSW-Chefin Sahra Wagenknecht im ZDF. Kurz nach dem vorläufigen Wahlergebnis gab es eine Überprüfung "in ganz wenigen Wahllokalen". Dabei habe man festgestellt, dass es zum einen "Stimmen des BSW, die anderen Parteien zugeordnet wurden" gegeben habe und zum anderen "zu Unrecht ungültig gewertete Stimmen".

Wagenknecht: Neuauszählung wäre "ein Gebot der Fairness"

Dass da "eine Absicht im Spiel" ist, will Wagenknecht nicht unterstellen. "Aber es sind eben Fehler, die am Ende für uns mandatsrelevant sind." Das BSW fordert deshalb eine Neuauszählung. "In der Situation wäre es einfach ein Gebot der Fairness zu überprüfen und nachzuzählen", sagt Wagenknecht.

Kuppel des Bundestags

Knapp drei Wochen nach der Bundestagswahl hat der Wahlausschuss das amtliche Endergebnis veröffentlicht. Das BSW scheitert trotz Prozentgewinn an der Fünf-Prozent-Hürde.

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Das tut der Wahlprüfungsausschuss des Bundestages mittlerweile seit einem halben Jahr. Er prüft alle Eingaben. Wagenknecht kritisiert jedoch, dass der Ausschuss "sehr, sehr selten tagt" und sich "spät konstituiert" habe.

Offensichtlich ist es so, dass man die Entscheidung vor sich her schieben möchte, um das zu verzögern. Ich meine, die Legislatur hat vier Jahre und eins davon ist jetzt bald rum.

Sahra Wagenknecht, BSW-Parteivorsitzende

SPD-Politiker Fechner weist Blockade-Vorwurf zurück

Diese Vorwürfe weist der SPD-Politiker Johannes Fechner, selbst Mitglied im Wahlprüfungsausschuss, im ZDF zurück. "Von Blockade kann überhaupt keine Rede sein", sagt er. Es gehe auch nicht um Parteipolitik, sondern um die "ganz sachliche Prüfung", ob Wahlfehler vorlägen.

Im Sinne der Demokratie müsse man "ganz besonders genau darauf schauen, dass jede Stimme gezählt wird, die korrekt abgegeben wurde", sagt Fechner. Was die Dauer des Verfahrens anbelange, zeigt er sich aber kritisch und räumt ein, dass die Prüfung "in der Tat sehr lange" dauere.

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Wissenschaftler sieht durchaus Fehlerquellen

Grundsätzlich seien die Einwände des BSW durchaus berechtigt, sagt Uwe Wagschal, Professor für Vergleichende Regierungslehre an der Universität Freiburg im ZDF: "Eine Fehlerquelle, die genannt wird, ist der Falz dieses Stimmzettels. Das Bündnis Sahra Wagenknecht liegt unterhalb dieses Knickfalzes."

Das könnte nach Auffassung des Wissenschaftlers dazu geführt haben, "dass sowohl Wähler als auch Auszähler die Partei BSW und die Stimmen dafür vielleicht gar nicht entdeckt haben", sagt er. Dafür spräche auch, dass das BSW "nach dem amtlichen Endergebnis im März" im Vergleich zum vorläufigen Endergebnis im Februar "4.500 Stimmen ungefähr dazugewonnen" habe.

Verwechslung mit der Partei "Bündnis Deutschland"?

Eine weitere Fehlerquelle sei eine mögliche Verwechslung mit der Partei "Bündnis Deutschland". Diese stand auf dem Stimmzettel über dem BSW, und ihr Parteiname "Bündnis Deutschland" sei im Vergleich zum BSW ausgeschrieben worden. Diese "konservative Kleinstpartei" habe sehr viele Wählerstimmen bekommen, wie Wagschal sagt:

Das ist auffällig, das ist problematisch. Und da haben wir ungefähr 150 solcher Wahlbezirke noch in Deutschland, wo das Bündnis Deutschland vor dem Bündnis Sahra Wagenknecht liegt.

Uwe Wagschal, Professor für Vergleichende Regierungslehre an der Universität Freiburg

Doch was wäre, wenn das BSW mit Hilfe einer Neuauszählung doch in den Bundestag käme? Das Machtgefüge würde sich massiv verschieben, Schwarz-Rot würde nicht mehr über die erforderliche Mehrheit im Bundestag verfügen. Die Bundesregierung wäre am Ende, eine neue Koalition müsste geschmiedet werden. Mit den Grünen? Eine verlockende Option?

Grüne: "Geraune" ist "wirklich schädlich" für die Demokratie

Für "vollkommen spekulativ" hält das die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Irene Mihalic. Falls es zu einer Neuauszählung käme, beträfe das "natürlich alle Parteien", sagt sie im ZDF.

Es müsse jetzt mit "größtmöglicher Sorgfalt" geprüft werden. Das Bundesverfassungsgericht habe für "solche Eingriffe in eine bereits stattgefundene Wahl" sehr hohe Hürden gesetzt, sagt die Grünen-Politikerin. Sie müssten nach dem "Minimalprinzip" erfolgen, "um das Vertrauen in eine demokratische, freie und auch geheime Wahl eben nicht zu gefährden".

Mihalic kritisiert zudem das "Geraune", dass bei der Wahl "Dinge nicht richtig gelaufen" seien. Das sei "wirklich schädlich" für das Vertrauen in Wahlprozesse. Sie zeigt sich optimistisch, dass der Wahlprüfungsausschuss mit Vertretern aller Fraktionen "am Ende auch eine fundierte Entscheidung" treffen werde.

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AfD gibt sich "uneigennützig"

Und die AfD? Auch sie hält eine Neuauszählung im Zweifel für geboten, wie AfD-Politiker Stephan Brandner im ZDF sagt:

Wir sind der Auffassung, dass eine Auszählung einer Wahl keine ideologische Frage ist, sondern eine mathematische.

Stephan Brandner, AfD-Bundestagsabgeordneter

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Für das BSW gehe es "ums Eingemachte", sagt Brandner, doch auch für die AfD hätte es Folgen, wenn das BSW doch in den Bundestag einziehen würde. "Wir sind da auch sehr uneigennützig unterwegs, denn wenn das BSW in den Deutschen Bundestag einziehen würde, nach einer Neuauszählung, hätten wir ja weniger Mandate als AfD."

Ergebnis des Wahlprüfungsausschusses nächste Woche?

Doch die angebliche Uneigennützigkeit darf angezweifelt werden, denn die AfD könnte womöglich vom politischen Chaos, was eintreten würde, wenn das BSW doch noch den Sprung ins Parlament schaffen würde, weiter profitieren.

Nach Informationen von ZDFheute läuft die Überprüfung der BSW-Einwände auch am Wochenende auf Hochtouren. SPD-Politiker Fechner zeigt sich zuversichtlich, dass der Wahlprüfungsausschuss nun zügig sein Ergebnis vorlegen wird:

Ich hoffe, wir können nächste Woche, spätestens aber noch in diesem Jahr, zu einem Abschluss kommen.

Johannes Fechner, SPD, Mitglied im Wahlprüfungsausschuss

Mehr zum Thema gibt es heute um 19:10 Uhr bei "Berlin direkt" im ZDF.

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