Geisel-Aufnahmen: Hamas will "psychologischen Druck ausüben"
Aufnahmen israelischer Geiseln:Hamas will "psychologischen Druck ausüben"
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Während der internationale Druck auf Israel steigt, sorgen Aufnahmen israelischer Geiseln für Fassungslosigkeit. Die Hamas habe die Bilder bewusst veröffentlicht, sagt Alica Jung.
Videos von israelischen Geiseln schockieren das Land und die Versorgungslage in Gaza ist weiterhin katastrophal. Wie groß der Druck auf Israels Regierung ist, erklärt Alica Jung.03.08.2025 | 12:46 min
Im Gaza-Krieg ist eine politische Lösung weiterhin nicht in Sicht. Trotz Hilfslieferungen, die Israel seit vergangener Woche wieder in größerem Stil zulässt, bleibt die humanitäre Lage im Gazastreifen dramatisch.
Derweil sorgen die von der radikal-islamistischen Terrororganisation Hamas verbreiteten Aufnahmen ausgehungerter israelischer Geiseln für Entsetzen in Israel. Die Hamas habe die Videos ganz bewusst veröffentlich, erklärt ZDF-Korrespondentin Alica Jung. ZDFheute live hat mir ihr über die aktuelle Lage gesprochen.
ZDF-Korrespondentin: Hören wenig von der israelischen Regierung
Angesichts der festgefahrenen Lage deutet sich ein möglicher Kurswechsel in der US-amerikanischen Gaza-Politik an. Darüber berichteten die US-Nachrichtenseite "Axios" und israelische Medien übereinstimmend. Hintergrund sind demnach Äußerungen des US-Sondergesandten Steve Witkoff bei seinem Besuch in Israel. Er soll beim Besuch von Angehörigen israelischer Geiseln eine neue US-Strategie im Umgang mit der Hamas angekündigt haben.
"Keine stückweisen Deals. Das funktioniert nicht", wurde der US-Sondergesandte zitiert. Statt wie bisher zunächst nur über eine Waffenruhe und die stufenweise Freilassung der Geiseln zu verhandeln, soll US-Präsident Donald Trump nun eine Vereinbarung anstreben, die den Krieg beendet und alle verbliebenen Geiseln auf einmal zurückbringt, heißt es.
Der US-Sondergesandte Witkoff ist nach seinem Besuch in Israel auf dem Weg nach Moskau. 03.08.2025 | 0:25 min
ZDF-Korrespondentin Alica Jung sieht die mutmaßlichen US-Pläne skeptisch. Witkoff zeige sich zwar optimistisch, alle Geiseln zu befreien und den Krieg zu beenden, erläuterte sie bei ZDFheute live. Von israelischer Seite höre man bisher aber nicht viel zu den Plänen, so Jung.
Also ich sehe nicht, dass sich hier angenähert wird.
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ZDF-Reporterin Alica Jung in Tel Aviv
Der rechte Teil von Benjamin Netanjahus Koalition wolle weiter radikal vorgehen. Es werde davon gesprochen, den Gazastreifen zu besetzen und den Krieg weiterzuführen, um die Hamas zu zerstören. Außerdem schließe die israelische Seite aus, einen palästinensischen Staat anzuerkennen. Das sei aber die grundlegende Forderung der Hamas für eine Entwaffnung.
Israels Regierung hat sich bisher "nicht groß bewegt"
Jung schätzt den Druck auf Israels Regierung, ein Abkommen zu erzielen, als "noch nicht hoch genug" ein, denn "der Krieg geht ja weiter". Der Druck auf Ministerpräsident Netanjahu komme vor allem von den Koalitionspartnern, analysiert Alica Jung.
Der rechte Teil drohe damit, die Koalition platzen zu lassen, sollte der Krieg im Gazastreifen nicht fortgeführt werden. Jedoch habe die Knesset, das israelische Parlament, nun Sommerpause. Daher habe Netanjahu weniger innenpolitischen Druck in der kommenden Zeit zu befürchten.
Außenminister Wadephul betont, es dürfe keine weitere Annexion der palästinensischen Gebiete durch Israel geben. Dennoch könne sich Israel auf Deutschland als Partner verlassen.01.08.2025 | 2:31 min
Zwar werde auch international Druck ausgeübt, was die humanitäre Lage im Gazastreifen betreffe, aber die israelische Regierung habe sich "nicht groß bewegt", erklärt Alica Jung. Israel lasse zwar mehr Hilfslieferungen nach Gaza, laut Hilfsorganisationen seien es aber noch immer zu wenig.
Hamas veröffentlicht Bilder ausgehungerter Menschen
Mit Videobildern ausgemergelter israelischer Geiseln im Gazastreifen hatte die Hamas zuletzt für entsetzte Reaktionen in der israelischen Bevölkerung gesorgt. Auch die israelische Regierung kritisierte diese scharf. Hamas-Kämpfer hungerten "unsere Geiseln absichtlich aus und filmen sie auf zynische und abscheuliche Weise", erklärte Netanjahu.
In Israel haben erneut zehntausende Menschen für die Freilassung der Geiseln demonstriert. Zuvor hatte die Hamas Videos mit ausgehungerten Geiseln gezeigt.03.08.2025 | 0:32 min
In Gesprächen mit den Familien der beiden Geiseln äußerte er nach Angaben seines Büros seine "tiefe Bestürzung" und versicherte, "dass die Bemühungen um die Rückkehr aller unserer Geiseln fortgesetzt werden und ohne Unterlass weitergehen werden".
In einem Propaganda-Video der Hamas war auch der bis auf die Knochen abgemagerte 24 Jahre alte Evjatar David in einem engen Tunnel in Gaza zu sehen, wie er sein "eigenes Grab" schaufelt. ZDF-Korrespondentin Jung sieht darin die Motivation der Hamas, Verhandlungen zu beschleunigen:
Mit der Veröffentlichung der Videos will die Hamas psychologischen Druck ausüben auf die israelische Gesellschaft und die Regierung, um sich einem Abkommen zu nähern.
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Alica Jung, ZDF-Reporterin in Tel-Aviv
Die israelische Bevölkerung wiederum wirft der Regierung vor, die Geiseln vergessen zu haben, erläutert Jung. Sie seien schockiert über den körperlichen Zustand der Geiseln. Viele Angehörige gingen davon aus, dass ihre Familienmitglieder bald tot sein könnten oder es bereits sind.
Israels Armee geht seit dem Terrorangriff der Hamas militärisch im Gazastreifen vor - die Verhandlungen in Katar über eine Waffenruhe wurden abgebrochen. Die Entwicklungen im Blog.