Deutschlands Supermärkte senken die Preise: Das sind die Gründe
Preisrutsch bei Aldi, Lidl und Co:Wie dauerhaft sind die Preissenkungen wirklich?
von Klaus Weber
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Von der Nudel über Zucker bis hin zu Kartoffelchips: alles soll günstiger werden. Die Supermärkte sprechen davon, die Kunden finanziell entlasten zu wollen. Ist das wirklich so?
Was hinter den angekündigten Preissenkungen von Aldi, Lidl und Co. steckt und ob Kunden langfristig profitieren, erklärt Handelsexperte Stephan Rüschen bei ZDFheute live.26.05.2025 | 7:50 min
Was ist passiert?
Aldi und Lidl haben kurz nacheinander Mitteilungen zu massiven Preisänderungen herausgegeben: Während Lidl von 500 im Preis gesenkten Produkten spricht, will Aldi bereits rund 1.000 Artikel im Preis reduziert haben und plant weitere Schritte. Kurz darauf ließ die Konkurrenz von Edeka, Rewe, Netto, Kaufland und Penny verlautbaren, dass sie nachziehen werden.
Was steckt hinter den Preissenkungen?
Discounter und Supermärkte beschwören vor allem, dass sie die Verbraucher entlasten wollen. "Gerade in den aktuell für die Menschen auf so vielen Ebenen fordernden Zeiten ist es unsere Aufgabe, für Stabilität zu sorgen, indem sich in unserer Gesellschaft alle etwas Gutes leisten können - losgelöst von Einkommen, Beruf oder individueller Lebenssituation", sagt etwa Swen Gallina, Sprecher des Verwaltungsrats von Aldi Süd.
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Und Friedrich Fuchs, Vorsitzender der Lidl-Geschäftsleitung betont:
Mit der größten Preissenkung aller Zeiten entlasten wir unsere Kunden spürbar und setzen ein klares Signal in der Branche.
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Friedrich Fuchs, Vorsitzender der Lidl-Geschäftsleitung
Das klingt zunächst sehr selbstlos und edelmütig. Doch klar ist auch: Es gibt massiven Spielraum für Preissenkungen. Seit 2020 sind laut Statistischem Bundesamt die Lebensmittelpreise um über 35 Prozent gestiegen. Deshalb glaubt auch Stephan Rüschen, Handelsexperte von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, dass es um weit mehr geht.
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Zwar hält er die Preissenkungen in der Größenordnung schon für sehr ungewöhnlich, allerdings glaubt er nicht, "dass dahinter wirklich steckt, jetzt die Verbraucher entlasten zu wollen als eine gesellschaftspolitische Aufgabe eines Handelsunternehmens." Es gehe vielmehr darum, "Umsatzmarktanteile zu gewinnen und die Preisführerschaft vor allem auch im Handel zu erzielen", sagt Rüschen
Das wird die Intention, die Motivation von Lidl sein.
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Stephan Rüschen, Handelsexperte Duale Hochschule Baden-Württemberg
Wie funktioniert die Preisgestaltung?
Oft wird in Deutschland von einem Oligopol gesprochen, wenn es um die Aufteilung des Lebensmittelmarktes geht. Also einer Form des Monopols, bei der der Markt von einigen wenigen Großunternehmern beherrscht wird. Und tatsächlich gibt es in Deutschland mit Aldi, Rewe, Edeka und der Schwarz-Gruppe, der Lidl gehört, nur noch vier große Handelsketten, die rund 85 Prozent des Marktes auf sich verteilen.
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Das heißt wenig Wettbewerb. Reagiert ein Unternehmen mit Preisänderungen, ziehen die anderen sofort nach. Dafür braucht es nicht einmal Preisabsprachen. Das hat man auch bei dieser Preissenkungsrunde wieder gesehen. Die jeweiligen Reaktionen der Konkurrenz kamen blitzschnell.
Die Unternehmen stehen jetzt unter Beobachtung, denn es wurde glasklar formuliert, dass der Preissturz dauerhaft bleiben soll. "Wir werden es jetzt nicht erleben, dass in den nächsten zwei, drei, vier Wochen so langsam wieder Preise erhöht werden", vermutet Rüschen.
Das wäre nicht glaubwürdig. Deshalb glaube ich, dass sie wirklich dauerhaft niedriger bleiben.
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Stephan Rüschen, Handelsexperte Duale Hochschule Baden-Württemberg
Er hält sogar noch weitere Rabattschlachten für möglich, weil "Aldi, wenn ich das so platt sagen darf, sich das von Lidl nicht gefallen lässt und deshalb durchaus bei vielen Preisen sogar noch unter den Lidl-Preis gehen könnte." Die Aussichten scheinen also nicht schlecht. Dennoch mahnen Verbraucherzentralen, dass eine Überwachung von dauerhaften Preissenkungen nur über eine Preis- und Kostenbeobachtungsstelle ermittelt werden könne, die es aber in Deutschland nicht gibt.
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Wird jetzt tatsächlich alles günstiger?
Preise vergleichen schadet weiterhin nicht. Gerade bei den Produkten, die in den vergangenen Jahren besonders teuer geworden sind, wie etwa Speiseöle, Butter, Fleisch oder Brot. Auch die berühmten Mogelpackungen, bei denen einfach der Inhalt verringert wurde, sollte man unbedingt weiter im Blick behalten. Zudem werden wohl in besonderem Maße die Eigenmarken der Konzerne günstiger.