In neuer Führungsrolle: Janina Minge
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Zunächst sah es so aus als könnte sie weiterspielen. Als
Giulia Gwinn in der 36. Minute den Schuss ihrer Gegenspielerin Ewa Pajor im Spiel gegen Polen (2:0) weggrätschte, blieb sie liegen, das schmerzverzerrte Gesicht unter ihren Händen versteckt.
Ohne Giulia Gwinn: Wer kann das DFB-Team jetzt führen – und hat Deutschland auch ohne sie eine echte Titelchance?Sei die erste Person, die ihre Gedanken teilt Ohne Giulia Gwinn: Wer kann das DFB-Team jetzt führen – und hat Deutschland auch ohne sie eine echte Titelchance?Sei die erste Person, die ihre Gedanken teilt Doch kurz darauf rappelte sie sich auf und spielte weiter, zumindest vier Minuten lang, bis die schlimmste Befürchtung zur Gewissheit wurde: Gwinn musste doch ausgewechselt werden, unter Tränen humpelte sie vom Feld.
Nach dem Schock über das EM-Aus von Kapitänin Gwinn blicken die DFB-Frauen nach vorne. Am Dienstag wartet im zweiten Gruppenspiel Dänemark.06.07.2025 | 1:54 min
Die Diagnose folgte am Samstag nach einem MRT: Eine Innenbandverletzung am Knie. Ihr Turnier-Aus im ersten Spiel – und dieser Ausfall wiegt schwer.
Die deutschen Fußballerinnen haben einer Verletzung von Kapitänin Giulia Gwinn sportlich getrotzt und ihr EM-Auftaktspiel gewonnen. Jule Brand sorgte für den Befreiungsschlag.04.07.2025 | 9:36 min
Ausgerechnet Gwinn
Eines ist sicher: Gwinn ist das Gesicht des deutschen Fußballs der Frauen. Vor dem Turnier sprach sie von einer "riesigen Ehre und Verantwortung, als Kapitänin bei der
EM zu sein". Gerade sie wollte dem
DFB-Team ein neues, dynamisches Gesicht geben und es zum ersten Europameistertitel seit 2013 führen.
Das Gesicht des aufstrebenden deutschen Frauenfußballs08.07.2023 | 28:37 min
Und ausgerechnet sie verletzt sich, reiste erstmal nach München zurück und kann das Team vorerst nicht mehr aus der Kabine unterstützen. DFB-Sportdirektorin Nia Künzer erklärte am Samstag, dass man nun versuche, die Verantwortung und die Rollen auf viele Schultern zu verteilen. Doch wessen Schultern sind gemeint?
Mit der Innenbandverletzung von Giulia Gwinn sortiert sich die Hierarchie der deutschen Fußballerinnen neu. Plötzlich sind andere Spielerinnen bei der EM gefragt.
Frank Hellmann, St. Gallen
Wamser - die 1:1-Lösung
Bundestrainer Christian Wück hatte nach Gwinns Auswechslung die passgenaue Alternative auf der Rechtsverteidigerinnenposition schon parat und brachte für die Kapitänin in der 41. Minute Carlotta Wamser ins Spiel. Die 21-Jährige von
Bayer Leverkusen kommt durch ihr Offensivspiel und ihre Dribbelstärke Gwinns Spielstil am nächsten.
Wamser ist flexibel auf beiden Flügeln einsetzbar, robust und schnell im Umschaltspiel. Einzige Nachteile: Ihr EM-Debüt war erst ihr dritter Auftritt im DFB-Dress, trotz mittlerweile 101 Bundesligaspiele. Auch defensiv tut sich die ehemalige Stürmerin hin und wieder schwer, sowohl im Positionsspiel als auch in der Rückwärtsbewegung.
Carlotta Wamser ist als Ersatz für Giulia Gwinn ins kalte Wasser geworfen worden - und überzeugte beim EM-Debüt. Nicht nur der Bundestrainer lobt die 21-Jährige in höchsten Tönen.
Frank Hellmann, St. Gallen
Kleinherne und Hendrich für die Defensive
Gut möglich, dass Bundestrainer Wück deshalb auf defensivere Alternativen zurückgreifen möchte. Sophia Kleinherne wäre dafür eine Option. Die 25-jährige Abwehrspielerin vom
VfL Wolfsburg kann, wie Wamser, flexibel auf beiden Außenbahnen spielen.
Anders als bei der Leverkusenerin liegen ihre Stärken aber vor allem im Spiel gegen den Ball, womit sie die Flügelspielerinnen
Jule Brand und
Klara Bühl entlasten könnte.
Die verletzte Giulia Gwinn verlässt das DFB-Team, das sich nun auf Gegner Dänemark einstellen muss.
Ähnlich steht es um Routinierin
Kathrin Hendrich, die seit diesem Sommer für die Chicago Stars FC spielt. Die 33-Jährige macht ihr fehlendes Tempo durch starkes Stellungsspiel wett und wäre deshalb gerade gegen pressingintensive Teams wie Spanien oder England eine gute Wahl. Drei Optionen, die Christian Wück sowohl offensiv als auch defensiv Flexibilität bieten.
Minge als neue Anführerin?
Anders steht es um Gwinns Nachfolgerin als Antreiberin und Anführerin der Mannschaft. Nach ihrer Auswechslung übernahm Vize-Kapitänin
Janina Minge die Binde und wird diese wohl für den Rest des Turniers behalten. Doch ist sie dem gewachsen?
Etwas Grundlegendes unterscheidet Minge und Gwinn: Ihre Positionen innerhalb der Mannschaft. Gwinn gilt seit Jahren als das Gesicht der Nationalmannschaft, ist, wenn sie gesund ist, in jedem Fall gesetzt.
Frankreich hat den Titelverteidigerinnen aus England den EM-Auftakt verdorben. Gegen die "Lionesses" überzeugte das junge französische Team über weite Strecken der Partie.
05.07.2025 | 7:09 min
Janina Minge musste sich diesen Stand in den vergangenen Jahren erst erarbeiten: Unter Interims-Bundestrainer Horst Hrubesch etwa war sie damals noch als defensive Mittelfeldspielerin lange Zeit keine Stammspielerin. Zu den Olympischen Spielen durfte sie nur aufgrund von
Lena Oberdorfs Ausfall mitfahren.
Minges Rolle hat sich geändert
Unter Christian Wück hat sich Minges Rolle nun komplett geändert, sie ist als Innenverteidigerin gesetzt und soll das Abwehrzentrum stärken, das bislang eher als die Schwachstelle des deutschen Teams gilt. Nun soll sie auch noch Gwinn als Kapitänin vertreten – und sich damit in ihrem ersten Turnier als Stammspielerin als neue Leaderin der DFB-Elf empfehlen.