Fan und Kritiker Michael Ott:Bayern-Sponsoring "ein Tanz mit dem Teufel"
|
Warum geht Michael Ott mit seinem Verein FC Bayern wegen dessen Partnerschaft mit "Emirates" so hart ins Gericht? Im Interview mit ZDFheute verrät es der Rechtsanwalt.
Bayern-Mitglied Michael Ott (hier bei der Jahreshauptversammlung 2023): "Werte, die der FC Bayern als wichtig bezeichnet, werden in den VAE nicht gewahrt."
Quelle: Imago / Mladen Lackovic
ZDFheute: Der FC Bayern ist zwei Jahre nach dem Ende des umstrittenen Sponsorings durch Qatar Airways eine Partnerschaft mit der staatlichen Fluggesellschaft Emirates aus Dubai in den Vereinigten Arabische Emiraten (VAE) eingegangen. Warum sehen Sie das sehr kritisch?
Michael Ott: Katar und die VAE unterscheiden sich zwar in Nuancen, aber die Menschenrechtslage ist ähnlich schwierig. Gesellschaftliche Freiheiten sind eingeschränkt, eine Meinungsfreiheit ist quasi inexistent, es herrscht ein unterdrückerisches Regime. Die Lage der Gastarbeiter ist mindestens so prekär wie in Katar. Zudem wird den VAE Unterstützung von schweren Kriegsverbrechen im Sudan vorgeworfen, ähnlich wie dem Bayern-Sponsor Ruanda im Kongo. Werte, die der FC Bayern als wichtig bezeichnet, werden in den VAE nicht gewahrt.
Die Bayern beendeten 2023 das umstrittene Sponsoring durch Qatar Airways. Nun gehen sie wieder eine Partnerschaft mit einer staatlichen Fluglinie aus der Golfregion ein.
von Maik Rosner
mit Video
ZDFheute: Der FC Bayern könnte argumentieren, dass Dubai als vergleichsweise liberal gilt in den VAE und der gesamten Golfregion.
Ott: Das sollte man mal die zahlreichen politisch Inhaftierten fragen, für wie liberal sie dieses Land halten. Klar kann man dahin als Tourist reisen, aber es ist mit Sicherheit kein liberales Land. Und ein Vergleich mit den anderen illiberalen Golfstaaten kann kein Maßstab sein, um zu bestimmen, was ein liberaler Staat ist.
Eine WM in der Wüste. Im Winter. Aller Kritik zum Trotz: Sportjournalist Jochen Breyer und Autorin Julia Friedrichs gehen der Frage nach, wie Katar dieser Coup gelingen konnte.08.11.2022 | 43:26 min
ZDFheute: Der FC Bayern verweist auf andere europäische Topklubs, die seit Jahren mit Emirates zusammenarbeiten. Was halten Sie davon?
Ott: Damit betreibt man eine Selbstverzwergung. Ich verstehe nicht, warum man sich immer an anderen orientieren will. Wir sind der FC Bayern, wir sind einer der größten Klubs der Welt. Wir könnten vorangehen und zeigen, wie man es richtig macht. Das kann auch ein Alleinstellungsmerkmal sein, mit dem man sich vermarkten kann. Stattdessen schauen wir aber immer nur auf andere große Klubs und ahmen deren Fehler nach. Nur weil andere etwas tun, ist das noch lange nicht gut.
Michael Ott ist 32 alt. Er lebt in Straßburg und berät als angestellter Rechtsanwalt französische Unternehmen zum deutschen Wirtschaftsrecht.
Fan des FC Bayern wurde er 2002, seit 2007 ist er Mitglied im Verein.
ZDFheute: Vereine wie der Champions-League-Sieger Paris Saint-Germain (Katar), Manchester City (Abu Dhabi/VAE) und Newcastle United (Saudi-Arabien) befinden sich im Besitz von Golfstaaten und verfügen deshalb über fast unbegrenzte Finanzmittel. Können Sie der Argumentation folgen, dass der FC Bayern diese Geldgeber auch braucht, um zumindest halbwegs mithalten zu können?
Dubai – Tummelplatz der Reichen und Schönen aus aller Welt. Knapp 90 Prozent der Einwohner sind Zugewanderte. Für sie gelten auch in Bezug auf Liebe andere Regeln als für Einheimische.03.01.2025 | 43:57 min
Ott: Man begibt sich in einen Tanz mit dem Teufel, wenn man sich von den VAE sponsern lässt, die gleichzeitig bei Manchester City das Financial Fairplay mit allen Mitteln der Kunst aushebeln, damit den Wettbewerb extrem verzerren und uns ganz unmittelbar schaden. Die kolportierten fünf Millionen Euro jährlich von Emirates an den FC Bayern sind im Vergleich zu den unbegrenzten Mitteln bei den genannten Klubs ein Tropfen auf den heißen Stein. Deren finanzieller Vorsprung wird immer größer und ist mit Sponsorings nicht aufzuholen.
ZDFheute: Sie hatten 2021 einen Antrag auf der Jahreshauptversammlung (JHV) gestellt, um Sponsorings wie mit Qatar Airways künftig zu verhindern, sind damit aber nicht durchgekommen. Erwägen Sie nun einen erneuten Versuch?
Thomas Müllers Wechsel in die MLS nach Vancouver ist für den bisherigen Profi des FC Bayern vor allem eine Weiterbildung. Profitieren davon könnte auch sein langjähriger Klub.
von Maik Rosner
mit Video
Ott: Das werde ich mir überlegen. Was ich sagen kann: Die überwiegende rechtswissenschaftliche Ansicht tendiert zu meiner Meinung, wonach ein solcher Antrag, wie ich ihn damals gestellt habe, zulässig gewesen wäre.
ZDFheute: Wie blicken Sie der JHV im Herbst entgegen, auf der sich Präsident Herbert Hainer zur Wiederwahl stellen will?
Ott: Herbert Hainer ist als Präsident der Vertreter des Vereins in der AG. Er sollte dafür sorgen, dass die Werte des Vereins auch in der AG gewahrt werden, und er kann im Aufsichtsrat die Besetzung der Führungsposten mitbestimmen. Nun haben wir aber nach wie vor Führungspersonal in der AG, das unbeirrbar skandalöse Sponsoringverträge schließt, welche mit den Werten unseres Vereins unvereinbar sind. Herr Hainer hat diese Verträge auch immer selbst verteidigt. Für mich persönlich ist das ein entscheidender Punkt, wenn er zur Wahl steht. Dieses Thema muss auch auf der JHV besprochen werden.
Das Interview führte Maik Rosner
Bayern München und sein Finanzvorstand Michael Diederich gehen ab 30. September getrennte Wege. Das teilte der deutsche Fußball-Rekordmeister am Donnerstag mit. Diederich wechselt zur Deutschen Bank und übernimmt deren Angaben zufolge eine Führungsposition als globaler Co-Chef der Unternehmensbank.
Bis auf Weiteres werden der Vorstandsvorsitzende Jan-Christian Dreesen und Sportvorstand Max Eberl die Aufgaben des Finanzvorstands umsetzen, so die Bayern. Über die Nachfolge sowie die zukünftige Aufgabenteilung werde der FCB "zu gegebener Zeit entscheiden", hieß es abschließend.