Union und SPD wollen Sondierung kommende Woche fortsetzen
Fortsetzung kommende Woche:Sondierungsrunde in "konstruktiver Atmosphäre"
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Union und SPD wollen ihre Beratungen über die Bildung einer schwarz-roten Bundesregierung in der kommenden Woche fortsetzen. Einen konkreten Termin nannten sie nicht.
Die Lage sei zu ernst, als dass sich Union und SPD nicht auf eine Koalition einigen würden, sagt ZDF-Korrespondent Wulf Schmiese nach den ersten Sondierungs-Gesprächen in Berlin.28.02.2025 | 2:16 min
Union und SPD haben ein positives Fazit nach dem Auftakt ihrer Sondierungsgespräche über eine mögliche gemeinsame Regierung gezogen. "Die Sondierungsgespräche haben in einer offenen und konstruktiven Atmosphäre begonnen", teilten die drei Generalsekretäre von CDU, CSU und SPD, Carsten Linnemann, Martin Huber und Matthias Miersch, am Freitag nach stundenlangen Beratungen mit.
Bundesfinanzminister Jörg Kukies (SPD) habe der Runde zunächst einen Überblick über die Haushaltslage gegeben. Die Herausforderungen werden nun Gegenstand der weiteren Gespräche sein. Die Sondierungsrunde trifft sich kommende Woche wieder. Details wurden nicht bekannt, weil Stillschweigen vereinbart wurde.
CDU-Chef Friedrich Merz und SPD-Co-Chef Lars Klingbeil hatten am Donnerstag überraschend vereinbart, schon vor der Hamburg-Wahl am Sonntag ein erstes Treffen abzuhalten.
Fünf Tage nach der Wahl haben Union und SPD erste Gespräche über eine Koalition geführt. Beide Seiten sprechen von einer konstruktiven Atmosphäre.28.02.2025 | 1:34 min
SPD-Chef Klingbeil: Kein Automatismus
Bei dem Treffen soll es auch darum gegangen sein, den weiteren Zeitplan und das weitere Vorgehen abzustecken. Unions-Kanzlerkandidat Merz hatte wiederholt deutlich gemacht, dass er angesichts der großen Herausforderungen keine Zeit verlieren und bis Ostern eine Regierung bilden möchte.
Klingbeil betonte, dass es keinen Automatismus einer Regierungsbeteiligung der SPD gebe. Der frühere SPD-Vize Ralf Stegner bei "Markus Lanz" vor der ersten Sondierungsrunde gesagt: "Weder gibt’s die SPD im Winterschlussverkauf, zu Discount-Preisen, noch sind unsere Überzeugungen flexibel.
Merz habe zuletzt "die Gräben zur SPD tiefer gemacht", sagte Klingbeil nach der Wahl. Ob man zusammenkommen könne, müsse sich jetzt zeigen.24.02.2025 | 4:42 min
Beide Seiten hatten vereinbart, mit jeweils neunköpfigen Teams in die Sondierungen zu gehen. Auf SPD-Seite sind das die SPD-Chefs Lars Klingbeil und Saskia Esken, die Ministerpräsidentinnen Anke Rehlinger (Saarland) und Manuela Schwesig (Mecklenburg-Vorpommern), Bundestagspräsidentin Bärbel Bas, Verteidigungsminister Boris Pistorius und Arbeitsminister Hubertus Heil, Generalsekretär Matthias Miersch sowie der nordrhein-westfälische SPD-Vorsitzende Achim Post.
Für die Union sitzen neben Merz der CSU-Vorsitzende Markus Söder, die beiden Generalsekretäre Carsten Linnemann (CDU) und Martin Huber (CSU) sowie CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt und der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei, im Team. Dazu kommen Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer, CDU-Bundesvize Karin Prien aus Schleswig-Holstein und die CSU-Bundestagsabgeordnete Dorothee Bär.
"Harte Arbeit" und "Lösungen" seien die Erwartungen an eine künftige Bundesregierung, sagt Thorsten Frei, der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. 26.02.2025 | 4:37 min
Rehlinger: "Merz muss uns entgegenkommen"
Die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger forderte vorab Zugeständnisse von der Union. "Friedrich Merz muss uns entgegenkommen, er erweckt bislang den Eindruck, als hätte er eine absolute Mehrheit", sagte die SPD-Politikerin dem Berliner "Tagesspiegel". Mit dem Motto "Vogel, friss oder stirb" werde der CDU-Chef die SPD nicht für sich gewinnen.
Die Union war bei der Bundestagswahl am Sonntag mit 28,5 Prozent klar stärkste Kraft geworden, die SPD mit 16,4 Prozent auf ein historisches Tief gestürzt. Alles läuft nun auf ein Bündnis von CDU/CSU und SPD hinaus.
Wenn Merz die Verhandlungen bis Ostern abschließen will, bleiben gerade einmal sieben Wochen Zeit. Dabei werden schwierige Verhandlungen erwartet - bei Themen wie Migration, Schuldenbremse und Ukraine-Politik gibt es deutliche Differenzen.
Union und SPD - die Knackpunkte im Überblick:
CDU/CSU fordern eine deutliche Verschärfung der Migrationspolitik, um sogenannte irreguläre Migration zu verhindern. Dazu gehören neben dauerhaften Kontrollen an den Landesgrenzen auch ausnahmslose Zurückweisungen an den Grenzen - auch von Asylsuchenden. Die SPD hält dies weiter weder mit dem Grundgesetz vereinbar noch mit EU-Recht.
Zudem will die Union den Familiennachzug bei subsidiär Schutzberechtigten, die kein Asyl bekommen haben, aber vorerst blieben können, aussetzen. Die Sozialdemokraten wollen dies weiter ermöglichen.
CDU-Chef Friedrich Merz will "Totalverweigerern", die eine Zusammenarbeit mit der Arbeitsagentur ablehnen, die Bezüge komplett streichen. Dafür nimmt Merz auch Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht in Kauf. Den Begriff Bürgergeld will er abschaffen und durch "neue Grundsicherung" ersetzen.
Die SPD hält hingegen am Bürgergeld fest. Sie will aber deutlich stärker auf die richtigen Arbeitsanreize, auf mehr Beratung und auf Kontrollen setzen, ob Arbeitsangebote auch wahrgenommen werden.
Die Union will den Mindestlohn von derzeit 12,82 Euro pro Stunde über eine politische Entscheidung nicht anheben. Die Lohnuntergrenze soll weiterhin die unabhängige Mindestlohnkommission regelmäßig anpassen, die sich aus den Sozialpartnern zusammensetzt.
Die SPD fordert hingegen eine Anhebung auf 15 Euro spätestens ab 2026. In der SPD-geführten Ampel-Koalition war der Mindestlohn schon einmal durch einen politischen Beschluss auf zwölf Euro erhöht worden.
CDU/CSU wollen die Unternehmensteuern in mehreren Schritten auf maximal 25 Prozent senken, die SPD will Firmen hingegen durch Abschreibungen bei Investitionen unterstützen.
Bei der Einkommensteuer strebt die Union eine Abflachung des Tarifs an und will die Einkommensgrenze für den Spitzensteuersatz deutlich erhöhen. Außerdem soll der Soli komplett gestrichen werden. Die SPD will ihrerseits die Einkommensteuer für 95 Prozent der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler senken, Top-Verdiener sollen jedoch einen höheren Beitrag leisten.
Die SPD will ein Rentenniveau von mindestens 48 Prozent dauerhaft garantieren.
CDU/CSU wollen Rentenniveau und Beitragssatz laut Wahlprogramm "durch wirtschaftliches Wachstum" stabil halten. Im Wahlkampf hat die SPD Merz vorgeworfen, er nehme eine Kürzung der Renten in Kauf.
Aus SPD und Grünen kommen Forderungen, noch durch den alten Bundestag eine Reform der Schuldenbremse zu beschließen, um notwendige Ausgaben vor allem für die Bundeswehr und die Unterstützung der Ukraine zu ermöglichen. Denn im neuen Bundestag gäbe es voraussichtlich keine Zweidrittelmehrheit mehr für eine dazu nötige Grundgesetzänderung.
Die Union ist hierzu bisher nicht bereit und will laut Wahlprogramm an der Schuldenbremse festhalten. Ein möglicher Kompromiss könnte ein weiteres Sondervermögen sein - ähnlich dem 100-Milliarden-Euro-Topf für die Bundeswehr der Ampel-Regierung.
Merzhat schon lange klar gemacht, dass er der Ukraine auch Taurus-Marschflugkörper mit großer Reichweite liefern würde.
Die SPD lehnt das kategorisch ab, weil sie eine Eskalation im Konflikt mit Russland befürchtet.
Ob die Frage aber in Koalitionsgesprächen eine Rolle spielt, ist angesichts der dynamischen Entwicklungen aufgrund des Vorstoßes von US-Präsident Donald Trump mit Kreml-Chef Wladimir Putin zu einer Beendigung des Konflikts fraglich.
Die Union will das Ziel der Klimaneutralität bis 2045 "im Blick" behalten, verweist aber auf die Notwendigkeit des Erhalts der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft. Die EU-Vorgaben zur Abkehr vom Verbrennungsmotor will sie ebenso wie das Heizungsgesetz der Ampel-Regierung abschaffen. Zudem erwägt sie einen Wiedereinstieg in die Nutzung der Atomkraft.
Ein von der SPD gefordertes Klimageld zur Entlastung von Bürgerinnen und Bürgern steht zwar nicht im Wahlprogramm der Union - Merz sprach sich aber kurz vor der Wahl dafür aus.
Die SPD will das Deutschlandticket dauerhaft zum aktuellen Preis anbieten, ergänzt durch vergünstigte Tarife für Familien, Studierende oder ältere Menschen.
CDU-Chef Merz ist grundsätzlich für eine Weiterführung, stellt dies aber ausdrücklich unter den Vorbehalt einer möglichen Finanzierung, die nur noch für dieses Jahr gesichert ist.
Die Union will das von der Ampel-Regierung unter SPD-Führung reformierte Wahlrecht wieder ändern. Grund ist, dass bei der Wahl am Sonntag 18 ihrer Wahlkreisgewinner nicht in den Bundestag kamen. Denn dies hängt aktuell davon ab, ob auf Landesebene die Direktmandate auch durch den Zweitstimmenanteil der Parteien gedeckt sind.