"Lanz"-Debatte über Sondierungen:Stegner: "SPD nicht zu Discount-Preisen"
Mit der Union zu verhandeln, bedeute nicht, auf jeden Fall den Koalitionsvertrag zu unterschreiben, warnt Ralf Stegner (SPD). Thorsten Frei (CDU) hält an der Schuldenbremse fest.
Sehen Sie hier die Sendung "Markus Lanz" vom 27. Februar 2025 in voller Länge.
27.02.2025 | 75:07 min"Weder gibt’s die SPD im Winterschlussverkauf, zu Discount-Preisen, noch sind unsere Überzeugungen flexibel" - Ralf Stegner offenbarte am Vorabend der ersten Sondierungen Gräben zwischen Union und SPD. Zwischen denjenigen Parteien, die gemeinsam als einzige Koalitionsoption gelten.
Der SPD-Politiker sagte am Donnerstagabend bei "Markus Lanz": "Es gibt eine rechnerische Mehrheit, die politisch nicht geht, und ansonsten nur eine andere politische Mehrheit - und das zwingt einen dazu, miteinander anständig umzugehen."
Warum trifft man sich so eilig? Weil "beide der Meinung sind, man habe keine andere Alternative, als dass DIESE beiden Parteien miteinander koalieren", so Wulf Schmiese (ZDF).
27.02.2025 | 1:21 minMerz - überheblich?
Wenngleich Stegner zu Anstand mahnte, teilte er selbst gegen die Union aus:
Der eine muss noch kapieren, dass er nicht 50 Prozent hat. Andere müssen verstehen, dass wir es uns bei der Weltlage nicht wochenlang leisten können, in uns zu gehen.
Ralf Stegner, SPD-Politiker
Zu verhandeln bedeute nicht, "wir wissen, wir unterschreiben am Ende auf jeden Fall", sondern sich um ein gemeinsames Ergebnis zu bemühen. Stegner warnte vor der Ausstrahlung des CDU-Chefs Friedrich Merz, "wenn ich überheblich auftrete und sage: 'Ich brauche die dummerweise, weil ich nicht 50 Prozent habe', (...) wenn ich mich verhalte, als sei ich schon Kanzler".
Bundeskanzler werde schlussendlich derjenige, "der mit der Mehrheit der Stimmen im Deutschen Bundestag gewählt wird". Ob Stegner den Wahlsieger zum Bundeskanzler wählen würde, ließ er offen: "Was an dem Tag passiert, wird doch von dem abhängen, was wir vorher miteinander vereinbart haben."
Die Sondierungen für eine mögliche schwarz-rote Bundesregierung starten. CDU und SPD schicken je neun Verhandler, wie das ZDF aus Parteikreisen erfuhr.
27.02.2025 | 1:23 minKein Geld da, Zweidrittelmehrheit weg
Robin Alexander, stellvertretender "Welt"-Chefredakteur, appellierte an Union und SPD: "Ihre Formation muss sich jetzt zusammenraufen. Sie müssen jetzt eine Regierung für Deutschland aufstellen. Das ist jetzt das, was die Leute erwarten." Im Moment würden viele Leute denken, "wieder eine GroKo, wieder so wie immer, irgendwie gut gegangen". Der Journalist warnte:
Die Komplexität der Situation wird echt unterschätzt. Es ist kein Geld da. Die Zweidrittelmehrheit ist weg.
Robin Alexander, stellvertretender "Welt"-Chefredakteur
Zudem komme die SPD aus einem "Anti-Merz-Wahlkampf" und "Merz hat in seiner Partei gesagt: 'Ich mache alles anders als Frau Merkel, ich bin erkennbar konservativ, ich bin CDU pur'". Die Ausgangslage einer möglichen Großen Koalition sei "auf so vielen Ebenen schwieriger als bisher".
Lars Klingbeil soll die SPD in die Koalitionsverhandlungen mit CDU/CSU führen. In der Frage nach der Finanzierung von NGOs ist nun ein Streit zwischen ihm und der Union entbrannt.
27.02.2025 | 2:36 minFrei: Müssen uns aufeinander zu bewegen
Thorsten Frei, erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Unions-Fraktion, gab sich kooperativ:
Es geht jetzt ums Land und erst in zweiter Linie um Parteien und in dritter Linie um Personen. In der Reihenfolge haben wir zu agieren.
Thorsten Frei, erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Unions-Fraktion
Jetzt ergebe sich eine "gemeinsame Verantwortung für Union und SPD". Man werde sich "aufeinander zu bewegen müssen". Obwohl Frei Zugeständnisse beschwor, zog er eine rote Linie: "Meine Güte, wir nehmen in Deutschland jedes Jahr 1.000 Milliarden Euro Steuern ein - und wir kommen damit nicht zurecht. Das kann’s doch nicht sein."
"Harte Arbeit" und "Lösungen" seien die Erwartungen an eine künftige Bundesregierung, so Thorsten Frei, parl. Geschäftsführer der Unionsfraktion.
26.02.2025 | 4:37 minUnd weiter: "Die Schuldenbremse bleibt." Deren Aufhebung würde bedeuten, "unsere Probleme zu Lasten zukünftiger Generationen zu lösen". "Die Schuldenbremse kommt ja nicht weg", erwiderte Stegner, "aber sie muss reformiert werden".
AfD und Linke bilden Sperrminorität im Bundestag
Dass "radikale und populistische Parteien im Bundestag ein Drittel plus sechs Mandate stellen", bezeichnete Frei als "konkrete Folge des Wahlsonntags". Demnach bilden AfD und Linke die Sperrminorität im neuen Deutschen Bundestag.
Die Schuldenbremse lockern mit Zweidrittelmehrheit - das kann der Bundestag nur noch in alter Besetzung. Die Zeit drängt.
26.02.2025 | 1:50 minFrei beharrte dennoch auf dem Unvereinbarkeitsbeschluss der Union, der eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei verbietet: "Das bleibt."
Stegner, der mögliche künftige Koalitionspartner, widersprach erneut: "Wenn wir eine Zweidrittelmehrheit brauchen und sie nicht mehr haben und keine Verfassungsrichter wählen könnten, dann muss man sich doch mit solchen Leuten verständigen können."
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