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Israels Bodentruppen im Libanon:Experte: Wer profitiert, welche Folgen drohen?
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Israelische Truppen gehen im Südlibanon gegen die Hisbollah-Miliz vor. Was ist das Ziel und wie reagiert Israels Erzfeind Iran? Nahost-Experte Busse ordnet die Lage in Nahost ein.
In der Nacht hat die israelische Armee ihre Bodenoffensive gegen die Terrormiliz Hisbollah im Süden des Libanon begonnen. Dort komme es zu "schweren Gefechten", so Israels Militär. Zudem habe man mehrere Waffenfabriken und Infrastruktur der Hisbollah in einem südlichen Vorort von Beirut angegriffen.
Die vom Iran unterstützte Terrororganisation scheint hart getroffen. Derweil warnen die USA den Iran vor einem Angriff auf Israel als Reaktionen auf die neuesten Entwicklungen. Wie ist die aktuelle Lage in Nahost? Das analysiert Nahost-Experte Jan Busse von der Universität der Bundeswehr in München bei ZDFheute live.
Welche Ziele verfolgt Israel?
Er habe seine Zweifel, ob wirklich eine greifbare Strategie hinter der Offensive Israels stehe, so Busse. Es gehe zunächst einmal darum, die Fähigkeit der Hisbollah zu schwächen, weitere Angriffe auf den nördlichen Teil von Israel zu verüben. So seien Raketenabschussbasen oder Waffendepots Ziel der israelischen Bombardierungen.
Doch die Offensive birge auch Gefahren. Die Hisbollah habe keine eigenen Luftstreitkräfte, so der Nahost-Experte - auf dem Boden könne man aber gegen die israelische Armee in einem Guerilla-Kampf vorgehen. Die Hisbollah könne Israel am Boden "auf ihr eigenes Niveau herunterziehen".
Wie geschwächt ist die Hisbollah?
Anscheinend sei es Israel gelungen, die Hisbollah "geheimdienstlich zu durchdringen". Gleichzeitig sei die Terrormiliz durch Einsätze im syrischen Bürgerkrieg deutlich kampferprobter und besser ausgestattet als beim letzten israelischen Einmarsch in den Libanon im Jahr 2006, erklärt Busse.
Die Hisbollah (Arabisch für "Partei Gottes") entstand 1982 als antiisraelische Miliz im libanesischen Bürgerkrieg mit Unterstützung des Iran. Sie wird von vielen westlichen Staaten als Terrororganisation eingestuft. In Deutschland ist sie seit 2020 verboten.
Im Libanon ist die Hisbollah sowohl Miliz als auch eine starke politische und soziale Kraft. Sie nahm Israel wiederholt unter Beschuss und führte zahlreiche Attentate aus, auch international gegen jüdische Einrichtungen.
Im Libanon ist die Hisbollah sowohl Miliz als auch eine starke politische und soziale Kraft. Sie nahm Israel wiederholt unter Beschuss und führte zahlreiche Attentate aus, auch international gegen jüdische Einrichtungen.
Doch die Hisbollah ist offensichtlich geschwächt. Die von ihr ausgestrahlte Abschreckungskraft sei geschwunden. Für den Iran, selbsterklärter Erzfeind Israels, sei die Organisation kein Trumpf mehr. Eine für Busse nun spannende Frage: Was ist mit den präzisionsgesteuerten Marschflugkörpern, die sich noch im Besitz der Hisbollah befinden? Der Iran wolle sicherlich nicht, dass diese jetzt einfach verfeuert würden.
Warum reagiert der Iran mit Schweigen?
Der Iran selbst hat noch nicht auf die israelische Bodenoffensive reagiert. Das habe einen Grund, so Busse. Das Mullah-Regime wolle nicht in einen "offenen Krieg" mit Israel hineingezogen werden. Ein solcher könne dessen Existenz insgesamt gefährden. Zudem haben die USA bei einem iranischen Angriff auf Israel bereits mit "ernsten Konsequenzen" gedroht.
Busse vermutet, dass die Islamische Republik eher über sogenannte Proxys reagieren werde. Diese bewaffneten Unterstützergruppen, von denen es rund 20 gibt (darunter Hamas, Islamischer Dschihad oder Huthi) greifen schon heute immer wieder israelische Stellungen oder Unterstützer des Staates an.
Perspektivisch sei auch nicht auszuschließen, dass der Iran weiter auf die Entwicklung einer Atomwaffe hinarbeiten werde, um die nun verlorene Abschreckung wieder herzustellen, sagt Busse.
Wer profitiert von den Kampfhandlungen?
Für Experte Busse ist klar: Israel werde durch sein aktuelles Vorgehen ganz sicher nicht den Konflikt in Nahost gewinnen. Das gehe nur über diplomatische Verhandlungen.
Kurzfristig gebe es jedoch einen klaren Profiteur: Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. So lange Kampfhandlungen und Krieg andauerten, gebe es keine Neuwahlen. So könne der Politiker nicht abgewählt und nachfolgend der Korruption angeklagt und verurteilt werden. Vergangene Woche hatte er auf der UN-Generaldebatte in New York eine Waffenruhe im Libanon abgelehnt.
Zum anderen lasse sich feststellen, so Busse, dass Netanjahu durch das harte militärische Vorgehen gegen die Hisbollah in der eigenen Bevölkerung an Popularität gewonnen hat. Seine Chancen für eine Wiederwahl stünden deshalb besser, als noch in der Vergangenheit gedacht.
Das Interview mit Jan Busse führte ZDF-Moderator Marc Burgemeister bei ZDFheute live. Zusammengefasst wurde es von ZDF-Redakteur Kai Remen.
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