Militärführung hat Einwände:Netanjahu will Gaza offenbar ganz einnehmen
Israels Regierungschef Netanjahu dringt Berichten zufolge darauf, den Gazastreifen vollständig zu besetzen. Gegen das Vorhaben gibt es Einwände der Militärführung.
Der israelische Ministerpräsident Netanjahu strebt offenbar an, den vollständigen Gazastreifen zu besetzen. Bisher kontrolliert das Militär rund 75 Prozent der Fläche Gazas.
05.08.2025 | 1:32 minDer israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu will Medienberichten zufolge eine vollständige Besetzung des Gazastreifens anordnen. Das Kabinett wolle am Dienstag eine entsprechende "aktualisierte Strategie" für die israelischen Streitkräfte beschließen, berichteten der Sender 12 und die Zeitung "Jerusalem Post" am Montagabend unter Berufung auf Regierungsvertreter.
Das Nachrichtenportal "ynetnews.com" zitierte zudem einen Offiziellen mit den Worten: "Die Würfel sind gefallen - wir beabsichtigen, den Gazastreifen vollständig zu besetzen." Laut den Medienberichten sind auch Militäreinsätze in Gebieten geplant, in denen israelische Geiseln vermutet werden.
Offenbar dringt der israelische Ministerpräsident Netanjahu auf eine vollständige Besetzung von Gaza. Ob er das Risiko eingehen wird, schätzt ZDF-Korrespondentin Alica Jung ein.
05.08.2025 | 1:08 minIsraels Armee kontrolliert 75 Prozent des Gazastreifens
Die israelischen Streitkräfte kontrollieren derzeit rund 75 Prozent der Fläche des Küstengebiets, das in etwa so groß ist wie München. Das israelische Militär hatte sich bereits in der Vergangenheit gegen eine Komplett-Besatzung des Gazastreifens ausgesprochen. Die Beseitigung sämtlicher Hamas-Tunnel und -Bunker könne Jahre dauern, beschrieb die "Times of Israel" die Bedenken der Armeeführung. Auch könnten demnach Geiseln in Gefahr geraten und getötet werden.
ZDFheute Infografik
Für die Darstellung von ZDFheute Infografiken nutzen wir die Software von Datawrapper. Erst wenn Sie hier klicken, werden die Grafiken nachgeladen. Ihre IP-Adresse wird dabei an externe Server von Datawrapper übertragen. Über den Datenschutz von Datawrapper können Sie sich auf der Seite des Anbieters informieren. Um Ihre künftigen Besuche zu erleichtern, speichern wir Ihre Zustimmung in den Datenschutzeinstellungen. Ihre Zustimmung können Sie im Bereich „Meine News“ jederzeit widerrufen.
"Wir rechnen damit, dass er [Netanjahu] in einer Sitzung mit dem Sicherheitskabinett beschließen möchte, die Kämpfe auf alle Gebiete des Gazastreifens auszuweiten - auch entgegen der Empfehlung seines eigenen Armeechefs, der ja, wenn es nach Netanjahu geht, dann auch zurücktreten könne", berichtet ZDF-Reporterin Alica Jung.
Eine offizielle Bestätigung für Netanjahus Pläne lag zunächst nicht vor. Die Palästinensische Autonomiebehörde rief aber die internationale Staatengemeinschaft zum Eingreifen auf, um eine Umsetzung zu verhindern.
Die Bundeswehr beteiligt sich an einer Luftbrücke, bei der Hilfsgüter über dem Gazastreifen abgeworfen werden. Hilfsorganisationen fordern die Versorgung über den Landweg.
05.08.2025 | 1:45 minNetanjahu: Müssen Kriegsziele erreichen
Netanjahu hatte zuvor angekündigt, der Armee im Verlauf der Woche neue Befehle für den Krieg gegen die radikalislamische Hamas im Gazastreifen zu geben. "Ich werde in dieser Woche das Kabinett einberufen, um der israelischen Armee Anweisungen zu erteilen, wie sie unsere drei Kriegsziele erreichen soll", sagte der Ministerpräsident. "Wir müssen weiter vereint bleiben und gemeinsam kämpfen, um unsere Kriegsziele zu erreichen: den Feind zu besiegen, unsere Geiseln zu befreien und sicherzustellen, dass der Gazastreifen keine Bedrohung mehr für Israel darstellt."
Nach neuen Veröffentlichungen von Geisel-Videos der Hamas sind in Israel tausende Menschen auf die Straße gegangen, die die Befreiung der Geiseln und ein Ende des Krieges fordern.
04.08.2025 | 2:39 minNach Netanjahus Darstellung sei eine Ausweitung der Kämpfe nötig, um in das Gebiet vorzudringen, in dem sich die letzten verbliebenen Geiseln befinden, so ZDF-Reporterin Jung. Es seien allerdings nur acht israelische Geiseln durch Kämpfe befreit worden. "Der allergrößte Teil von diesen über 250 Geiseln" sei durch Abkommen freigekommen.
Hunderte israelische Ex-Sicherheitsbeamte wenden sich an Trump
Zuvor hatten Hunderte israelische Ex-Sicherheitsbeamte, darunter ehemalige Geheimdienstchefs, US-Präsident Donald Trump aufgerufen, den Druck auf Netanjahu für eine Beendigung des Gazakriegs zu erhöhen.
"Es ist unsere professionelle Beurteilung, dass die Hamas keine strategische Gefahr mehr für Israel darstellt", hieß es in dem Brief, der in der Nacht zum Montag veröffentlicht wurde. Die 550 Unterzeichner forderten Trump auf, Netanjahu zu einem Waffenstillstand zu bewegen. "Sie sagen ganz klar, dass die Hamas schon jetzt strategisch keine Gefahr mehr darstelle", berichtet ZDF-Reporterin Jung.
Zuletzt hatten von der Hamas verbreitete Propaganda-Videos mit zwei ausgehungerten israelischen Geiseln für Entsetzen und Empörung gesorgt. Die Hamas wolle damit "psychologischen Druck" auf die israelische Gesellschaft ausüben, sagte ZDF-Reporterin Jung.
Die Israelreise mit Außenminister Wadephul habe "möglich gemacht", dass "Druck" auf die israelische Regierung ausgeübt wurde, so Siemtje Möller, SPD, stellvertretende Fraktionsvorsitzende.
04.08.2025 | 6:01 minGroßangriff am 7. Oktober 2023
Der Krieg im Gazastreifen war durch den Großangriff der islamistischen Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 ausgelöst worden. Dabei wurden nach israelischen Angaben mehr als 1.210 Menschen getötet, 251 wurden als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.
Bei allen Bemühungen, den Menschen in Gaza zu helfen, heizt die Veröffentlichung von Videos von verschleppten Geiseln die Stimmung weiter auf. Israel will die Hamas besiegen.
04.08.2025 | 1:32 minAls Reaktion auf den Angriff geht Israel seither massiv militärisch in dem Küstenstreifen vor. Dabei wurden nach Angaben der Hamas-Behörden bislang mehr als 60.900 Menschen getötet, große Teile der Bevölkerung leiden unter Hunger. Die Zahlen lassen sich nicht unabhängig bestätigen, werden aber von den Vereinten Nationen als belastbar eingestuft.
Hilfsorganisationen mahnen immer wieder an, dass nicht genug Hilfe in den Gazastreifen gelangt. Nach wie vor könnten "nicht alle Menschen in allen Gebieten versorgt werden", berichtet ZDF-Reporterin Jung. Viele Straßen seien gefährlich oder kaum passierbar. "Man kann einfach schlecht in alle Gebiete vordringen."