Cortisol-Detox: Trend auf TikTok und Instagram birgt Gefahren

FAQ

Fragwürdiger Hormon-Hype im Netz:Was steckt hinter dem Trend "Cortisol-Detox"?

von Maurice Göbel
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Glaubt man TikTok und Instagram, soll "Cortisol-Detox" Wunder bewirken. Warum das körpereigene Hormon Cortisol nicht einfach entgiftet werden kann und der Trend Risiken birgt.

Reporter sitzt auf einer Treppe, neben ihm ist eine Grafik zu Cortisol eingeblendet

Im Netz wird das körpereigene Hormon Cortisol oft verteufelt. Doch was ist seine Funktion und wie effektiv ist es überhaupt, den Cortisolspiegel zu senken? Wie der TikTok-Trend "Cortisol-Detox" medizinisch einzuordnen ist.

16.09.2025 | 5:04 min

Besserer Schlaf, weniger Bauchfett, eine reinere Haut - das und mehr verspricht das sogenannte "Cortisol-Detox". Vor allem auf TikTok und Instagram finden sich Tipps wie bunte Cocktails, eiskalte Duschen oder spezielle Fastenkuren, die den Körper von dem Hormon Cortisol "entgiften" sollen. Doch Experten wie die Sprecherin der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE), Dr. Birgit Harbeck, warnen vor dem Trend:

Warum sollte man ein überlebenswichtiges Hormon entgiften? Das ergibt keinen Sinn.

PD Dr. Birgit Harbeck, Endokrinologin

Auf Social Media werde das Hormon zu Unrecht verteufelt, so die Endokrinologin. Was man über Cortisol wissen muss.

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Was ist Cortisol?

Cortisol ist ein körpereigenes Steroidhormon. Es wird in der Rinde der Nebennieren gebildet und ist fester Bestandteil des Hormonsystems, mit dem unser Körper auf Stress reagiert. Seine Ausschüttung wird über die sogenannte HPA-Achse gesteuert, bei der verschiedene Bereiche im Gehirn über Hormone die Nebenniere dazu anregen, Cortisol zu produzieren und ins Blut auszuschütten.

Cortisol ist ein tolles Hormon, das unseren Körper auf Stress reagieren und überleben lässt.

PD. Dr. Birgit Harbeck, Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie

An der Produktion von Cortisol sind neben den Nebennieren auch der Hypothalamus und die Hirnanhangdrüse, Hypophyse genannt, beteiligt. Gerät unser Körper in Stress, schüttet der Hypothalamus den Botenstoff CRH aus. Dieser wiederum regt die Hypophyse dazu an, das Hormon ACTH ins Blut freizusetzen. In der Nebenniere angekommen gibt ACTH dort dann das Signal, Cortisol zu produzieren. Besonders clever: Der ganze Prozess bremst sich selbst. Denn Cortisol hemmt die Produktion von CRH und ACTH, damit nicht ungehemmt Cortisol produziert wird.


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Wofür brauchen wir Cortisol?

Cortisol hat zahlreiche Funktionen im Körper. Es sorgt etwa dafür, dass Glukose aus den Energiespeichern freigesetzt wird, damit Gehirn und Muskeln arbeiten können. Gleichzeitig beeinflusst Cortisol den Fett- und Eiweißstoffwechsel, den Blutdruck und das Immunsystem. Außerdem dämpft es Entzündungen, was in der Medizin durch die Gabe der inaktiven Form von Cortisol, dem Cortison, gezielt genutzt wird.

Wann wird Cortisol ausgeschüttet?

Cortisol ist nicht das einzige Stresshormon, das unseren Körper auf Belastungen oder Gefahren reagieren lässt. Doch während beispielweise Adrenalin und Noradrenalin in akuten Flucht- oder Kampfsituationen wirken, wird Cortisol langsamer ausgeschüttet und wirkt länger. Vor allem andauernder Stress, etwa durch Belastungen auf der Arbeit, in der Beziehung oder Sorge um die Familie kann den Cortisolspiegel erhöhen. Aber es gibt auch natürliche Schwankungen. In den frühen Morgenstunden steigt die Cortisolmenge im Blut stark an, damit wir wach und aktiv werden.

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Welche Folgen hat zu viel Cortisol?

Ein dauerhaft erhöhter Cortisolspiegel kann negative Folgen für unsere Gesundheit haben. Dazu zählen:

Schlafstörungen
Gewichtszunahme
• ein geschwächtes Immunsystem
• Bluthochdruck
erhöhter Blutzucker
Konzentrationsprobleme oder depressive Symptome

Ist der Cortisolwert etwa durch Tumoren an der Nebenniere dauerhaft sehr stark erhöht, kann ein sogenanntes "Cushing-Syndrom" entstehen. Charakteristisch für die Erkrankung sind ein rundes Gesicht ("Mondgesicht"), Fettansammlungen im Nacken sowie der Abbau von Muskel- und Knochenmasse (Osteoporose). Chronisch niedrige Cortisolwerte, ausgelöst etwa durch eine Nebennierenrindeninsuffizienz wie den Morbus Addison, führen zu ständiger Müdigkeit, Gewichtsverlust, niedrigem Blutdruck oder Schwindel.

Der Cortisolspiegel lässt sich über Blut-, Urin- oder Speichelproben bestimmen. Bluttests gelten dabei als Standard der medizinischen Diagnostik, weil sie die zuverlässigsten Werte liefern. Vor allem Speicheltests für zu Hause sind laut Experten häufig zu ungenau, da die Cortisol-Konzentration im Speichel stark schwankt. Die Ergebnisse würden Patienten dann oft verunsichern.

Auch die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie rät deshalb von Cortisol-Selbsttests ab. Da der Cortisolwert im Tagesverlauf stark schwankt, werden beim Arzt auch Tagesprofile erstellt. Hierfür werden im Laufe des Tages mehrere Proben genommen. Wer anhaltende Symptome wie starke Müdigkeit, unerklärliche Gewichtszunahme oder Bluthochdruck bemerkt, sollte den Cortisolspiegel beim Arzt prüfen lassen, rät Endokrinologin Birgit Harbeck.


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Warum ergibt ein Cortisol-Detox keinen Sinn?

Von aktuellen Trends wie Cortisol-Detox oder Selbsttests für zu Hause hält Endokrinologin Birgit Harbeck nichts. Vor allem das Detox fuße auf der falschen Annahme, das lebenswichtige Hormon gezielt "entgiften" zu können. Der Körper reguliere die Ausschüttung des Hormons bei gesunden Menschen aber selbst.

Detox-Tipps wie ein Cortisol-Cocktail, bei dem Vitamin C und Magnesium die Cortisol-Produktion hemmen sollen, seien außerdem nicht wissenschaftlich belegt.

Es gibt kein Wundermittel gegen Cortisol. Statt Detox sollte eine gesunde Lebensweise das Ziel sein.

PD Dr. Birgit Harbeck, Sprecherin der DGE

Ausreichend Schlaf, eine ausgewogene Ernährung und vor allem Entspannungstechniken wie Yoga, Meditation oder Atemübungen können hingegen nachweislich helfen, Stress abzubauen und damit den Cortisolspiegel zu senken.

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Quelle: dpa

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