Grünen-Chef bei "Lanz":Banaszak: Emotionale Kluft zur Bevölkerung abbauen
von Felix Rappsilber
Grünen-Chef Banaszak will die Bevölkerung zu "Partnern des Wandels" machen. Raoul Roßmann und Christoph Werner diskutieren die Brandmauer zur AfD in der Wirtschaft.
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04.12.2025 | 74:24 min"Gibt es vielleicht einen Weg, den ökologischen Anspruch im Programm hochzuhalten, aber die emotionale Kluft, die es zwischen uns und Teilen der Bevölkerung gibt, abzubauen und das mit einem sozialen Anspruch zu verbinden?" - Grünen-Chef Felix Banaszak kündigte am Donnerstagabend bei "Markus Lanz" die Neuausrichtung seiner Partei an.
Auf dem Bundesparteitag der Grünen hatte er gefordert:
Die Grünen sollen emotionale Heimat für Stahlkocher in Eisenhüttenstadt, für die Leute am Band beim Daimler, für Kassiererinnen bei Rossmann und für die Paketboten bei Amazon sein.
Felix Banaszak, Vorsitzender Bündnis 90/Die Grünen
"Das ist der Anspruch", bekräftigte Banaszak, "und der ist hart": "Aber was ist die Alternative? Sollen wir sagen, wir machen Politik für uns und unseren Freundeskreis?"
Die Grünen sind auf der Suche nach einem klaren Kurs. Beim Parteitag konzentrieren sie sich vor allem auf den Klimaschutz. Doch bei vielen anderen Themen herrscht noch Uneinigkeit.
29.11.2025 | 2:07 minBanaszak: Grüne als Gegenentwurf zur AfD
Der Grünen-Chef betonte: "Ich will, dass wir so schnell wie möglich aus der Kohle aussteigen. Ich will, dass wir so schnell wie möglich aus dem Gas aussteigen."
Und ich halte nichts davon, den Leuten zu erzählen: Verbrenner-Motoren können wir auch 2040 noch produzieren.
Felix Banaszak, Vorsitzender Bündnis 90/Die Grünen
Doch die Frage sei: "Formuliere ich das so, dass Leute glauben: Die Grünen mögen mich nicht? Formuliere ich das so, dass die Leute glauben: Die entwerten meinen Lebensstil, meine Arbeit, meine Identität?"
Damit könne man die Bevölkerung nicht zu "Partnern des Wandels" machen: "Dann fühlen die Leute sich von mir bedroht und wer sich bedroht fühlt, wer sich beschämt fühlt, der entwickelt daraus keine positive Energie, sondern Abwehr. Und diese Abwehr ist tödlich für uns."
Banaszak appellierte: "In einer Situation, in der sich Leute fragen, gibt es nur noch eine Alternative zu dieser antidemokratischen, gesichert rechtsextremen Partei, muss es unser Anspruch sein, einen Gegenentwurf dazu darzustellen."
Mit Neun-Euro-Ticket und Klimaschutz für alle wollen die Grünen aus dem Elf-Prozent-Tal. Doch der Vertrauensverlust nach dem Ampel-Aus wirkt nach und die großen Streitthemen packen sie nicht an.
01.12.2025 | 3:25 minRoßmann: Brandmauer "gut begründeter Warnhinweis"
Der Verband der Familienunternehmer hatte zu seinem Parlamentarischen Abend im Oktober erstmalig AfD-Vertreter eingeladen. Zuvor habe der Verband ein geltendes "Kontaktverbot" aufgehoben, weil die Brandmauer zur AfD "gescheitert" sei, wie Verbandspräsidentin Marie-Christine Ostermann zunächst erklärt hatte.
Nachdem zunehmend Kritik an dieser Entscheidung laut geworden war, gerieten die Mitgliedsunternehmen des Verbands in den medialen Fokus. So auch die Drogeriemarkt-Kette Rossmann. Geschäftsführer Raoul Roßmann begründete bei "Lanz", warum er am 25. November seinen Austritt aus dem Verband erklärt hatte:
"Klare Divise bei Rossmann: Wir sind nur noch in Verbänden Mitglied, in denen wir auch mitsprechen, uns engagieren und in Meinungsbildungsprozesse involviert sind. Das waren wir ganz offensichtlich nicht."
Aufgrund der neuen Haltung zur AfD dürften Rossmann und Vorwerk aus dem Verband Die Familienunternehmer austreten. "Weitere Austritte könnten folgen", so Valerie Haller.
26.11.2025 | 1:51 minWenn Raoul Roßmann im Verband gehört worden wäre, hätte er sich gegen die Einladung von AfD-Vertretern ausgesprochen, doch seine Entscheidung sei eine "rein formelle" gewesen. Gleichwohl habe ihn die inhaltliche Ausrichtung gestört:
'Die Brandmauer ist gescheitert' - das war für mich eine rote Linie, die überschritten worden ist, weil die Brandmauer für mich ein gut historisch begründeter Warnhinweis ist, warum man nicht mit extremistischen Parteien zusammenarbeiten sollte.
Raoul Roßmann, Geschäftsführer von Rossmann
Roßmann kritisierte:
Ich sehe einfach die Gefahr, dass wir uns zum Sparringspartner und Coach der AfD machen und ihre Wirtschaftsprogrammatik noch weiterentwickeln.
Raoul Roßmann, Geschäftsführer von Rossmann
Nach viel Kritik ändert der Verband der Familienunternehmer seinen Kurs: Es sei ein Fehler gewesen, AfD-Abgeordnete zu einem Parlamentarischen Abend einzuladen.
01.12.2025 | 0:25 minWerner: Freimütiger, wohlwollender und wahrheitsorientierter Diskurs
Christoph Werner, Geschäftsführer der Drogeriemarkt-Kette dm, sei bereits im Juli aus dem Verband der Familienunternehmer ausgetreten: "Wenn man in einem Verband dabei ist, ist es wichtig, sich einzubringen, um das mitzugestalten. Das konnte ich nicht leisten."
Die Entscheidung des Verbands sah Werner weniger kritisch: "Wenn man einen Parlamentarischen Abend machen möchte, dann sind Mitglieder des Bundestages eingeladen."
Daher sei die Einladung von AfD-Bundestagsabgeordneten "legitim":
Ich glaube, dass Entwicklung nur möglich ist, wenn wir einen Diskurs haben, wo drei Dinge wichtig sind (...), dass wir uns freimütig mitteilen, dass wir einander wohlwollend zuhören und dass wir wahrheitsorientiert sind.
Christoph Werner, Geschäftsführer von dm
Am Wochenende hatte die AfD ihre neue Jugendorganisation "Generation Deutschland" gegründet. Nun mehren sich erneut Stimmen, die ein Verbotsverfahren gegen die gesamte Partei fordern.
02.12.2025 | 0:35 minWenn mit gewissen Menschen nicht gesprochen werden dürfe, "auch wenn sie in Parlamenten sitzen", würden wir früher oder später auf ein großes Problem zulaufen, warnte Werner.
Am 30. November war Marie-Christine Ostermann zurückgerudert. Die Einladung von AfD-Abgeordneten sei ein "Fehler" gewesen: "Wir müssen andere Wege der Auseinandersetzung finden, wie wir der AfD kritisch begegnen und gleichzeitig deutlich machen können, wofür wir stehen."
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