Bedrohung aus Russland: Geheimdienste sehen verschärfte Lage

BND-Chef Jäger warnt:Bedrohung aus Russland - "Wir stehen schon jetzt im Feuer"

Jan Henrich
von Jan Henrich
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Bei einer Anhörung im Bundestag warnen die Spitzen der drei deutschen Geheimdienste vor einem zunehmend eskalierenden Verhalten Russlands. Die Lage habe sich erneut verschärft.

Der Bundesadler ist an der Fassade des Hauptsitzes des Bundesnachrichtendienstes BND zu sehen.

Auch vor der Hamas warnen die deutschen Geheimdienste.

13.10.2025 | 1:38 min

Versuchte Wahlmanipulation, Desinformation, Sabotage, Luftraumverletzungen und Auftragsmorde. Die Liste dessen, was der Bundesnachrichtendienst Russland vorwirft, ist lang. Nichts davon sei neu, sagte BND-Präsident Martin Jäger am Morgen im Bundestag, doch in der Häufung sei eine neue Qualität erreicht.

Bei der diesjährigen öffentlichen Anhörung des Parlamentarischen Kontrollgremiums zeichneten die Spitzen der drei deutschen Geheimdienste ein düsteres Bild der aktuellen Sicherheitslage. Die Zahl der Konflikte steige weltweit und mit Blick auf Russland könne die Situation jederzeit in eine "heiße Konfrontation" umschlagen.

Bundesnachrichtendienst sieht Risiko einer zeitnahen Eskalation

Das Handeln Russlands sei darauf angelegt, die Nato zu unterminieren, Europa zu destabilisieren und unsere Gesellschaft zu spalten, so die mahnenden Worte des BND-Chefs vor den Bundestagsabgeordneten. In Europa herrsche bestenfalls ein "eisiger Friede". Man dürfe sich nicht zurücklehnen in der Annahme, ein möglicher russischer Angriff käme erst 2029.

Wir stehen schon jetzt im Feuer.

Martin Jäger, Präsident des Bundesnachrichtendienstes

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01.10.2025 | 6:56 min

Die Einschätzung von Jäger, der das Amt an der Spitze des BND erst im September übernommen hatte, fällt damit schärfer aus, als noch die seiner Vorgänger. Im Bundestag forderte er eine aktivere Ausrichtung der deutschen Auslandsaufklärung und er forderte auch die dazugehörigen Mittel.

Extremismus-Abwehr bleibt zentrale Aufgabe des MAD

Mit Blick auf Russland warnte zudem Martina Rosenberg, Präsidentin des Militärischen Abwehrdienstes (MAD), vor Destabilisierungsversuchen. Besonders gefährdet sei die neu geschaffene Bundeswehr-Brigade in Litauen. Ziel solcher Kampagnen sei es, Zweifel an der Einheit der Nato zu säen und die Moral in der Truppe zu beeinträchtigen.

In Deutschland existieren mehrere voneinander unabhängige Geheimdienste:

Der Bundesnachrichtendienst (BND) sammelt Informationen mit Bezug zum Ausland.

Der Militärische Abschirmdienst (MAD) klärt verfassungsfeindliche oder sicherheitsgefährdende Aktivitäten gegen die Bundeswehr auf.

Zudem gibt es noch das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) sowie die Landesämter für Verfassungsschutz als Inlandsgeheimdienste.  


Zentral für die Arbeit des MAD bleibe aber auch die Abwehr extremistischer Bestrebungen innerhalb der Truppe. Es brauche eine Bundeswehr, die nicht nur wehrhaft, sondern auch wertebewusst ist, so Rosenberg. Trotz verstärkter Maßnahmen in den vergangenen Jahren sei die Zahl der extremistischen Vorfälle nicht zurückgegangen, aber auch nicht gestiegen. Vorfälle aus dem Bereich des Rechtsextremismus würden weiterhin den größten Anteil ausmachen.

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Der Inlandsgeheimdienst sieht darüber hinaus auch den internationalen Terrorismus weiterhin als eine der zentralen Bedrohungen. Selen warnte vor einer anhaltenden Gefahr durch die Hamas. Auch nach der heutigen Freilassung der Geiseln könne er keine Entwarnung geben. In Deutschland gebe es seit langem einen Rückzugs- und Infrastrukturraum für die Hamas.

Geheimdienste pochen auf Ausweitung der Befugnisse

Alle drei Geheimdienste pochten in der öffentlichen Anhörung auf eine Ausweitung ihrer Befugnisse. Nach Ansicht von BND-Chef Jäger müsse sein Dienst "operativer und wagemutiger" werden und dabei auch verstärkt Risiken eingehen können.

Das heißt nicht, dass wir jetzt Bonanza spielen oder zu James Bond werden.

Martin Jäger, Präsident des Bundesnachrichtendienstes

Auf konkrete Bereiche angesprochen sagte Jäger, dass es unter anderem mehr Befugnisse zugunsten von Kooperationen mit ausländischen Partnern bräuchte. Wie weit diese gehen sollte, das wurde aus der öffentlichen Anhörung nicht deutlich.

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In Deutschland gilt ein Trennungsgebot zwischen Polizei und Geheimdiensten, beispielsweise bei Zwangsmaßnahmen wie Festnahmen. Geheimdienste stehen zudem unter der Kontrolle mehrerer dafür eingerichteter Gremien zusätzlich zur Kontrolle durch Gerichte.

Die Befugnisse des MAD werden aktuell überarbeitet und sollen teilweise ausgeweitet werden. Der Bundestag hat dazu Anfang Oktober bereits einen Gesetzesentwurf in erster Lesung beraten.

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