Luftverteidigung im Aufbau:Was Europa jetzt für die Drohnen-Abwehr braucht
Immer wieder dringen unbekannte Drohnen in den dänischen Luftraum ein. Wie sich Europa vor Drohnenüberflügen schützen kann, erklärt Sicherheitsexpertin Amelie Theussen.
Das Gespräch mit Sicherheitsexpertin Amelie Theussen im Video.
27.09.2025 | 14:55 minErneut sind Drohnen in Dänemark gesichtet worden - diesmal über dem größten Militärstützpunkt des Landes, Karup. In den vergangenen Tagen hatte es bereits ähnliche Vorfälle gegeben. So musste in der Nacht zum Dienstag der Flughafen Kopenhagen seinen Flugbetrieb einstellen, weil mehrere Drohnen stundenlang über das Gebäude flogen.
Im Interview mit ZDFheute live erklärt die Sicherheits- und Verteidigungsexpertin Amelie Theussen, wie Europa seinen Luftraum verteidigen kann.
Sehen Sie das Interview im obigen Video in voller Länge oder lesen Sie es unten in Auszügen. Das sagt Sicherheitsexpertin Amelie Theussen zu der Frage, …
... wie Drohnen unbemerkt zu einem Militärstützpunkt fliegen können
Da Drohnen sehr niedrig flögen, sei es schwierig, sie beispielsweise mit Radarsystemen zu erfassen, erklärt Theussen. Auch ähnliche Systeme verfügten nicht über die notwendigen Fähigkeiten.
Da gibt es einfach (...) Nachholbedarf, auch was die Überwachung angeht.
Amelie Theussen, Sicherheitsexpertin
Bei der Überwachung des Luftraums würden derzeit vor allem Hinweise aus der Bevölkerung helfen. Die Menschen seien auf die Drohnen-Problematik aufmerksam geworden und meldeten entsprechende Vorfälle bei der Polizei. Das sei auch in den vergangenen Tagen der Fall gewesen.
"Und das hilft natürlich beim Entdecken, führt ja aber auch dazu, dass es viele Meldungen gibt, die dann eigentlich harmlos sind," so die Sicherheitsexpertin.
In Dänemark kam es wiederholt zur Sichtung von Drohnen. Vor der dänischen Küste wurde ein russisches Kriegsschiff gesichtet, berichtet ZDF-Korrespondent Henner Hebestreit.
26.09.2025 | 2:09 min... welche Möglichkeiten es bei Drohnen-Sichtungen gibt
Der Entscheidung, dass bislang keine Drohnen abgeschossen wurden, liege eine "individuelle Risikoeinschätzung" zugrunde, so Theussen. Denn Drohnen könnten vom Himmel fallen und beispielsweise Wohnhäuser und Brennstoffdepots treffen. Zudem sei zu beachten, dass der Abschuss nicht die einzige Möglichkeit im Umgang mit Drohnen darstelle.
Es gebe etwa sogenannte Signaljammer, die die Signale blockieren könnten. Diese sorgten dafür, dass die Drohne landet oder zurückfliegt, ohne sie abzuschießen. Außerdem gebe es auch Drohnen, "mit denen man auf Drohnenjagd gehen kann". Grundsätzlich gehe es immer darum, "welches Signal man senden möchte", so die Sicherheitsexpertin.
Entscheidend sei Technologieoffenheit. Auf den sogenannten Drohnenwall angesprochen, meint Theussen, dass dieser ein "ganzes Paket verschiedener Technologien" umfassen sollte, um Drohnen sowohl zu erkennen als auch zu neutralisieren.
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) will Drohnen auf verschiedene Arten abwehren - sie vom Kurs abbringen, abfangen oder "vom Himmel holen", also auch abschießen.
23.09.2025 | 0:36 minEinige dieser Technologien seien schnell zu entwickeln. Um jedoch "einen durchgängigen Schutz aufzubauen", brauche es Zeit und die Bereitschaft, die eigene Verteidigung mit "den neuesten Technologien" auszustatten. Auch ein "Drohnenwall ist kein hundertprozentiger Schutz", meint Theussen angesichts der vielen Möglichkeiten, Drohnen einzusetzen.
Nach mehreren russischen Luftraumverletzungen in osteuropäischen EU-Ländern und zahlreichen Vorfällen mit Drohnen in Dänemark treibt die EU den Aufbau eines Abwehrsystems gegen unbemannte Luftfahrzeuge voran. Ein sogenannter "Drohnenwall" habe "unmittelbare Priorität" beim Schutz der EU-Ostflanke, sagte EU-Verteidigungskommissar Andrius Kubilius kürzlich. Das Projekt beinhalte den Aufbau "fortschrittlicher Erkennungs-, Verfolgungs- und Abfangfunktionen", so Kubilius.
Aktuell fehle es an einem "wirksamen Erkennungssystem" für Drohnen. Die Schaffung eines solchen Systems sei daher "vorrangig", betonte er. Der "Drohnenwall" sei Teil eines größeren Projekts zur EU-Ostflankenüberwachung, das auch Bodenverteidigungssysteme, maritime Sicherheit für die Ostsee und das Schwarze Meer sowie satellitengestützte Lageerfassung beinhalte.
Quelle: AFP
... was Europa nun tun kann
Am Mittwoch richtet Dänemark im Rahmen des EU-Ratsvorsitzes einen informellen Gipfel der Mitgliedstaaten der Europäischen Union aus. Auch Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) wird teilnehmen. Thema des Treffens dürfte auch der Umgang mit Drohnen sein.
Als besonders wichtig erachtet Theussen hier den gegenseitigen Austausch. Insgesamt hätten die Europäer seit Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine "sehr viel Erfahrung gesammelt". Diesen Erfahrungsschatz gelte es nun auszunutzen: Wie können wir uns rüsten? Wie können wir, etwa bei hybriden Angriffen, reagieren?
100 Prozent vorbeugen wird man nicht können, also braucht man Kapazitäten, um darauf reagieren zu können.
Amelie Theussen
Wer ist überhaupt zuständig und was können und dürfen deutsche Sicherheitsbehörden? Was aktuell gilt, schildert Manuel Atug, Experte für Sicherheit von kritischer Infrastruktur.
25.09.2025 | 5:52 minDabei gehe es nicht direkt um technische Voraussetzungen, etwa mit welchem Gerät oder wie man Drohnen abschieße. Vielmehr gehe es darum, die roten Linien zu bestimmen und festzulegen, ab wann und unter welchen Voraussetzungen Drohnen abgeschossen werden können, so die Expertin.
Europa könne viel in der Zusammenarbeit diskutieren, voneinander lernen und letztendlich auch Einigkeit erreichen. Das Ziel dieser Drohnenangriffe sei auch, die Verbündeten zu spalten. Deswegen brauche es eine "gesammelte Front" über Landesgrenzen hinweg gegen die Bedrohung durch Drohnen.
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